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Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.

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Regimentsnamen brachte sie nicht recht zu stande - ganz rot geworden war, legte das Blatt aus der Hand, während der Alte mit breitem Behagen sagte: "Na, so was von Poggen; ich hör' es ordentlich quaken," - ein Witz, der von dem johlenden Beifall seiner beiden Jungens (echter Nebelungs) sofort begleitet wurde. Die Tochter aber, die sich von ihrem dramatischen Vortrag eine ganz andere Wirkung versprochen hatte, stand auf und sagte, während sie hinausging, zu der etwas seitab sitzenden Mutter: "Jch weiß nicht, Vater ist heute wieder so ordinär," - eine Bemerkung, die die kränkliche, immer verärgerte Frau durch mehrmaliges Kopfnicken bestätigte. Nebelung selbst aber rief der in der Thür eben verschwindenden Tochter nach: "Sei nich so frech, Kröte; - noch bist du nich dabei."



Jn gewissem Sinne hatte Agnes ihrem Vater unrecht gethan. Jn der Tiefe seiner Seele fühlte sich Nebelung gar nicht so unberührt von dem allen, er hatte sich vielmehr, als echter Berliner, nur den durch die glänzende Namensaufzählung empfangenen Eindruck wegschwadronieren wollen. Andrerseits freilich war er aufrichtig unwirsch, daß ihm das "pauvre Volk da oben" mit einmal als etwas

Regimentsnamen brachte sie nicht recht zu stande – ganz rot geworden war, legte das Blatt aus der Hand, während der Alte mit breitem Behagen sagte: „Na, so was von Poggen; ich hör’ es ordentlich quaken,“ – ein Witz, der von dem johlenden Beifall seiner beiden Jungens (echter Nebelungs) sofort begleitet wurde. Die Tochter aber, die sich von ihrem dramatischen Vortrag eine ganz andere Wirkung versprochen hatte, stand auf und sagte, während sie hinausging, zu der etwas seitab sitzenden Mutter: „Jch weiß nicht, Vater ist heute wieder so ordinär,“ – eine Bemerkung, die die kränkliche, immer verärgerte Frau durch mehrmaliges Kopfnicken bestätigte. Nebelung selbst aber rief der in der Thür eben verschwindenden Tochter nach: „Sei nich so frech, Kröte; – noch bist du nich dabei.“



Jn gewissem Sinne hatte Agnes ihrem Vater unrecht gethan. Jn der Tiefe seiner Seele fühlte sich Nebelung gar nicht so unberührt von dem allen, er hatte sich vielmehr, als echter Berliner, nur den durch die glänzende Namensaufzählung empfangenen Eindruck wegschwadronieren wollen. Andrerseits freilich war er aufrichtig unwirsch, daß ihm das „pauvre Volk da oben“ mit einmal als etwas

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[167/0174] Regimentsnamen brachte sie nicht recht zu stande – ganz rot geworden war, legte das Blatt aus der Hand, während der Alte mit breitem Behagen sagte: „Na, so was von Poggen; ich hör’ es ordentlich quaken,“ – ein Witz, der von dem johlenden Beifall seiner beiden Jungens (echter Nebelungs) sofort begleitet wurde. Die Tochter aber, die sich von ihrem dramatischen Vortrag eine ganz andere Wirkung versprochen hatte, stand auf und sagte, während sie hinausging, zu der etwas seitab sitzenden Mutter: „Jch weiß nicht, Vater ist heute wieder so ordinär,“ – eine Bemerkung, die die kränkliche, immer verärgerte Frau durch mehrmaliges Kopfnicken bestätigte. Nebelung selbst aber rief der in der Thür eben verschwindenden Tochter nach: „Sei nich so frech, Kröte; – noch bist du nich dabei.“ Jn gewissem Sinne hatte Agnes ihrem Vater unrecht gethan. Jn der Tiefe seiner Seele fühlte sich Nebelung gar nicht so unberührt von dem allen, er hatte sich vielmehr, als echter Berliner, nur den durch die glänzende Namensaufzählung empfangenen Eindruck wegschwadronieren wollen. Andrerseits freilich war er aufrichtig unwirsch, daß ihm das „pauvre Volk da oben“ mit einmal als etwas

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T11:03:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T11:03:16Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet;
  • Druckfehler: stillschweigend korrigiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
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  • Silbentrennung: aufgelöst;
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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897/174>, abgerufen am 26.04.2024.