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Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.

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Potsdamer Platz vor, weil da das meiste Leben ist. Und Leben ist nun 'mal das beste, was eine große Stadt hat. Das fehlt uns in Adamsdorf. Jch bin also wieder im ,Fürstenhof' abgestiegen, bin da schon bekannt und wahrhaftig, es sieht beinahe so aus, als freuten sich alle, wenn ich komme."

"Wird auch wohl so sein."

"Und wenn ich mich da morgens ins Fenster lege, links und rechts ein Sofakissen unterm Arm und die frische Winterluft kommt so vom Hall'schen Thor her - was ich mir wohl gönnen kann, weil ich dran gewöhnt bin, denn von unsrer alten Koppe herunter pustet es noch ganz anders - und ich habe dann so Cafe Bellevue und Josty vor mir, Josty mit dem Glasvorbau, wo sie schon von früh an sitzen und Zeitungen lesen, und die Pferdebahnen und Omnibusse kommen von allen Seiten heran und es sieht aus, als ob sie jeden Augenblick ineinander fahren wollten, und Blumenmädchen dazwischen (aber es sind eigentlich Stelzfüße), und in all dem Lärm und Wirrwarr werden dann mit einemmale Extrablätter ausgerufen, so wie Feuerruf in alten Zeiten und mit einer Unkenstimme, als wäre wenigstens die Welt untergegangen, - ja, Kinder, wenn ich das so vor mir habe, da wird mir wohl, da weiß ich, daß ich 'mal wieder unter Menschen bin, und darauf mag ich nicht gern verzichten."

Potsdamer Platz vor, weil da das meiste Leben ist. Und Leben ist nun ’mal das beste, was eine große Stadt hat. Das fehlt uns in Adamsdorf. Jch bin also wieder im ‚Fürstenhof‘ abgestiegen, bin da schon bekannt und wahrhaftig, es sieht beinahe so aus, als freuten sich alle, wenn ich komme.“

„Wird auch wohl so sein.“

„Und wenn ich mich da morgens ins Fenster lege, links und rechts ein Sofakissen unterm Arm und die frische Winterluft kommt so vom Hall’schen Thor her – was ich mir wohl gönnen kann, weil ich dran gewöhnt bin, denn von unsrer alten Koppe herunter pustet es noch ganz anders – und ich habe dann so Café Bellevue und Josty vor mir, Josty mit dem Glasvorbau, wo sie schon von früh an sitzen und Zeitungen lesen, und die Pferdebahnen und Omnibusse kommen von allen Seiten heran und es sieht aus, als ob sie jeden Augenblick ineinander fahren wollten, und Blumenmädchen dazwischen (aber es sind eigentlich Stelzfüße), und in all dem Lärm und Wirrwarr werden dann mit einemmale Extrablätter ausgerufen, so wie Feuerruf in alten Zeiten und mit einer Unkenstimme, als wäre wenigstens die Welt untergegangen, – ja, Kinder, wenn ich das so vor mir habe, da wird mir wohl, da weiß ich, daß ich ’mal wieder unter Menschen bin, und darauf mag ich nicht gern verzichten.“

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[60/0067] Potsdamer Platz vor, weil da das meiste Leben ist. Und Leben ist nun ’mal das beste, was eine große Stadt hat. Das fehlt uns in Adamsdorf. Jch bin also wieder im ‚Fürstenhof‘ abgestiegen, bin da schon bekannt und wahrhaftig, es sieht beinahe so aus, als freuten sich alle, wenn ich komme.“ „Wird auch wohl so sein.“ „Und wenn ich mich da morgens ins Fenster lege, links und rechts ein Sofakissen unterm Arm und die frische Winterluft kommt so vom Hall’schen Thor her – was ich mir wohl gönnen kann, weil ich dran gewöhnt bin, denn von unsrer alten Koppe herunter pustet es noch ganz anders – und ich habe dann so Café Bellevue und Josty vor mir, Josty mit dem Glasvorbau, wo sie schon von früh an sitzen und Zeitungen lesen, und die Pferdebahnen und Omnibusse kommen von allen Seiten heran und es sieht aus, als ob sie jeden Augenblick ineinander fahren wollten, und Blumenmädchen dazwischen (aber es sind eigentlich Stelzfüße), und in all dem Lärm und Wirrwarr werden dann mit einemmale Extrablätter ausgerufen, so wie Feuerruf in alten Zeiten und mit einer Unkenstimme, als wäre wenigstens die Welt untergegangen, – ja, Kinder, wenn ich das so vor mir habe, da wird mir wohl, da weiß ich, daß ich ’mal wieder unter Menschen bin, und darauf mag ich nicht gern verzichten.“

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T11:03:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T11:03:16Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet;
  • Druckfehler: stillschweigend korrigiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet;
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897/67>, abgerufen am 16.05.2024.