Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.

Bild:
<< vorherige Seite

und der Curiositätenkram, der etwa wie Tulaer Arbeit äußerlich in sie eingelassen ist, schimmre von innen durch die Glaswand hindurch. Man hat eine Empfindung wie in Häusern, wo Corridore, Waschkammern und Gesinde-Stuben mit altmodischen Kupferstichen überfüllt sind, weil die Liebhaberei des Besitzers zu einer Fülle führte, die er schließlich nicht bewältigen konnte, und die er doch wiederum zu hoch hielt, um sich ihrer ohne Weiteres zu entäußern. Wie in den Wohnungen jener Landpastoren, die eine Eiersammlung und einen Glasschrank voll ausgestopfter Vögel haben, der Hausflur gemeinhin dazu benutzt wird, um einen Steinadler, einen Alligator oder eine Wallfischrippe aufzustellen, so hat Sir Walter Scott alles das an die Außenwände seiner romantischen Burg verwiesen, was zu groß, zu massig, zu ungeschlacht gewesen wäre, um unter dem Nipp der Zimmer-Ausschmückung zu erscheinen. Unter diesen Ornamenten im Riesenspielzeug-Charakter befindet sich unter andern der Thorflügel des Tolbooth-Gefängnisses in Edinburg, das im Jahre 1817 niedergerissen wurde. Dies alte, eisenbeschlagene Stück Holz ist wie ein Reliefbild, und zwar in Mittelhöhe der Wand, in die Mauer eingelassen, und zeigt dadurch, daß es eine Art eingerahmtes Bildwerk und keine Thür sein will. An einer andern Stelle der Mauer befindet sich ein Spitzbogen-Portal (ebenfalls blind), das aus denselben Steinen gebaut worden ist, die bis zum Jahre 1817 das wirkliche Portal des Tolbooth-Gefängnisses bildeten. Inschriften befinden sich zahlreich

und der Curiositätenkram, der etwa wie Tulaer Arbeit äußerlich in sie eingelassen ist, schimmre von innen durch die Glaswand hindurch. Man hat eine Empfindung wie in Häusern, wo Corridore, Waschkammern und Gesinde-Stuben mit altmodischen Kupferstichen überfüllt sind, weil die Liebhaberei des Besitzers zu einer Fülle führte, die er schließlich nicht bewältigen konnte, und die er doch wiederum zu hoch hielt, um sich ihrer ohne Weiteres zu entäußern. Wie in den Wohnungen jener Landpastoren, die eine Eiersammlung und einen Glasschrank voll ausgestopfter Vögel haben, der Hausflur gemeinhin dazu benutzt wird, um einen Steinadler, einen Alligator oder eine Wallfischrippe aufzustellen, so hat Sir Walter Scott alles das an die Außenwände seiner romantischen Burg verwiesen, was zu groß, zu massig, zu ungeschlacht gewesen wäre, um unter dem Nipp der Zimmer-Ausschmückung zu erscheinen. Unter diesen Ornamenten im Riesenspielzeug-Charakter befindet sich unter andern der Thorflügel des Tolbooth-Gefängnisses in Edinburg, das im Jahre 1817 niedergerissen wurde. Dies alte, eisenbeschlagene Stück Holz ist wie ein Reliefbild, und zwar in Mittelhöhe der Wand, in die Mauer eingelassen, und zeigt dadurch, daß es eine Art eingerahmtes Bildwerk und keine Thür sein will. An einer andern Stelle der Mauer befindet sich ein Spitzbogen-Portal (ebenfalls blind), das aus denselben Steinen gebaut worden ist, die bis zum Jahre 1817 das wirkliche Portal des Tolbooth-Gefängnisses bildeten. Inschriften befinden sich zahlreich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <p><pb facs="#f0352" n="335"/>
und der Curiositätenkram, der etwa wie Tulaer Arbeit <hi rendition="#g">äußerlich</hi> in sie eingelassen ist, schimmre von innen durch die Glaswand hindurch. Man hat eine Empfindung wie in Häusern, wo Corridore, Waschkammern und Gesinde-Stuben mit altmodischen Kupferstichen überfüllt sind, weil die Liebhaberei des Besitzers zu einer <hi rendition="#g">Fülle</hi> führte, die er schließlich nicht bewältigen konnte, und die er doch wiederum zu hoch hielt, um sich ihrer ohne Weiteres zu entäußern. Wie in den Wohnungen jener Landpastoren, die eine Eiersammlung und einen Glasschrank voll ausgestopfter Vögel haben, der Hausflur gemeinhin dazu benutzt wird, um einen Steinadler, einen Alligator oder eine Wallfischrippe aufzustellen, so hat Sir Walter Scott alles <hi rendition="#g">das</hi> an die Außenwände seiner romantischen Burg verwiesen, was zu groß, zu massig, zu ungeschlacht gewesen wäre, um unter dem Nipp der Zimmer-Ausschmückung zu erscheinen. Unter diesen Ornamenten im Riesenspielzeug-Charakter befindet sich unter andern der <hi rendition="#g">Thorflügel</hi> des Tolbooth-Gefängnisses in Edinburg, das im Jahre 1817              niedergerissen wurde. Dies alte, eisenbeschlagene Stück Holz ist wie ein Reliefbild, und              zwar in Mittelhöhe der Wand, in die Mauer eingelassen, und zeigt dadurch, daß es eine              Art eingerahmtes Bildwerk und keine Thür sein will. An einer andern Stelle der Mauer              befindet sich ein Spitzbogen-<hi rendition="#g">Portal</hi> (ebenfalls blind), das aus denselben Steinen gebaut worden ist, die bis zum Jahre 1817 das wirkliche Portal des Tolbooth-Gefängnisses bildeten. Inschriften befinden sich zahlreich<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[335/0352] und der Curiositätenkram, der etwa wie Tulaer Arbeit äußerlich in sie eingelassen ist, schimmre von innen durch die Glaswand hindurch. Man hat eine Empfindung wie in Häusern, wo Corridore, Waschkammern und Gesinde-Stuben mit altmodischen Kupferstichen überfüllt sind, weil die Liebhaberei des Besitzers zu einer Fülle führte, die er schließlich nicht bewältigen konnte, und die er doch wiederum zu hoch hielt, um sich ihrer ohne Weiteres zu entäußern. Wie in den Wohnungen jener Landpastoren, die eine Eiersammlung und einen Glasschrank voll ausgestopfter Vögel haben, der Hausflur gemeinhin dazu benutzt wird, um einen Steinadler, einen Alligator oder eine Wallfischrippe aufzustellen, so hat Sir Walter Scott alles das an die Außenwände seiner romantischen Burg verwiesen, was zu groß, zu massig, zu ungeschlacht gewesen wäre, um unter dem Nipp der Zimmer-Ausschmückung zu erscheinen. Unter diesen Ornamenten im Riesenspielzeug-Charakter befindet sich unter andern der Thorflügel des Tolbooth-Gefängnisses in Edinburg, das im Jahre 1817 niedergerissen wurde. Dies alte, eisenbeschlagene Stück Holz ist wie ein Reliefbild, und zwar in Mittelhöhe der Wand, in die Mauer eingelassen, und zeigt dadurch, daß es eine Art eingerahmtes Bildwerk und keine Thür sein will. An einer andern Stelle der Mauer befindet sich ein Spitzbogen-Portal (ebenfalls blind), das aus denselben Steinen gebaut worden ist, die bis zum Jahre 1817 das wirkliche Portal des Tolbooth-Gefängnisses bildeten. Inschriften befinden sich zahlreich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T15:22:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T15:22:45Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • i/j in Fraktur: keine Angabe;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht übernommen;
  • Kustoden: keine Angabe;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: keine;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • u/v bzw. U/V: keine Angabe;
  • Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/352
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/352>, abgerufen am 28.04.2024.