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Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.

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ein vorspringendes Spitzbogen-Portal (diesmal nicht blind), das einem der Haupteingänge von Linlithgow-Palace nachgebildet ist.

Wir befinden uns, gleich nach Passirung des Portals, zunächst in einem kleinen niedrigen Vorflur, dessen nüchterne Wände mit allerhand Abbildungen englischer Husaren bedeckt sind. Der älteste, jung verstorbene Sohn Sir Walter's war Offizier im 10. Husaren-Regiment, was die Anwesenheit dieser zahllosen "Husaren auf Vorposten", "Husaren im Bivouac" etc. erklären mag. Neben dem Vorflur gewahren wir, von der Größe eines mäßigen Wandschranks, eine Art Portierloge, in der ein alter Mann, ohne sich durch unser Erscheinen stören zu lassen, ruhig fortfährt sein Frühstück zu verzehren und immer neue Schinkenschnitten abzuschneiden. Auf meine allerbescheidenste Anfrage, ob wir die Zimmer Sir Walter's sehen können, antwortet er mit einem Knurrton, der keiner todten oder lebenden Sprache direkt angehörig, unverkennbar ausdrückt, "daß wir gefälligst warten möchten, bis er fertig sei." Dieser uncomplaisante alte Herr war zu Lebzeiten Sir Walter's eine Art Förster und Waldhüter, und was mehr sagen will, ein besonderer Liebling seines Herrn gewesen. An der Hand dieses Alten begannen wir nun unsere Wanderung.

Aus dem Vorflur mit seinen Husarenbildern traten wir in die große "Halle", deren Fußboden aus einer Art Steinparquet von schwarzem und weißem Hebridi-

ein vorspringendes Spitzbogen-Portal (diesmal nicht blind), das einem der Haupteingänge von Linlithgow-Palace nachgebildet ist.

Wir befinden uns, gleich nach Passirung des Portals, zunächst in einem kleinen niedrigen Vorflur, dessen nüchterne Wände mit allerhand Abbildungen englischer Husaren bedeckt sind. Der älteste, jung verstorbene Sohn Sir Walter’s war Offizier im 10. Husaren-Regiment, was die Anwesenheit dieser zahllosen „Husaren auf Vorposten“, „Husaren im Bivouac“ etc. erklären mag. Neben dem Vorflur gewahren wir, von der Größe eines mäßigen Wandschranks, eine Art Portierloge, in der ein alter Mann, ohne sich durch unser Erscheinen stören zu lassen, ruhig fortfährt sein Frühstück zu verzehren und immer neue Schinkenschnitten abzuschneiden. Auf meine allerbescheidenste Anfrage, ob wir die Zimmer Sir Walter’s sehen können, antwortet er mit einem Knurrton, der keiner todten oder lebenden Sprache direkt angehörig, unverkennbar ausdrückt, „daß wir gefälligst warten möchten, bis er fertig sei.“ Dieser uncomplaisante alte Herr war zu Lebzeiten Sir Walter’s eine Art Förster und Waldhüter, und was mehr sagen will, ein besonderer Liebling seines Herrn gewesen. An der Hand dieses Alten begannen wir nun unsere Wanderung.

Aus dem Vorflur mit seinen Husarenbildern traten wir in die große „Halle“, deren Fußboden aus einer Art Steinparquet von schwarzem und weißem Hebridi-

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[338/0355] ein vorspringendes Spitzbogen-Portal (diesmal nicht blind), das einem der Haupteingänge von Linlithgow-Palace nachgebildet ist. Wir befinden uns, gleich nach Passirung des Portals, zunächst in einem kleinen niedrigen Vorflur, dessen nüchterne Wände mit allerhand Abbildungen englischer Husaren bedeckt sind. Der älteste, jung verstorbene Sohn Sir Walter’s war Offizier im 10. Husaren-Regiment, was die Anwesenheit dieser zahllosen „Husaren auf Vorposten“, „Husaren im Bivouac“ etc. erklären mag. Neben dem Vorflur gewahren wir, von der Größe eines mäßigen Wandschranks, eine Art Portierloge, in der ein alter Mann, ohne sich durch unser Erscheinen stören zu lassen, ruhig fortfährt sein Frühstück zu verzehren und immer neue Schinkenschnitten abzuschneiden. Auf meine allerbescheidenste Anfrage, ob wir die Zimmer Sir Walter’s sehen können, antwortet er mit einem Knurrton, der keiner todten oder lebenden Sprache direkt angehörig, unverkennbar ausdrückt, „daß wir gefälligst warten möchten, bis er fertig sei.“ Dieser uncomplaisante alte Herr war zu Lebzeiten Sir Walter’s eine Art Förster und Waldhüter, und was mehr sagen will, ein besonderer Liebling seines Herrn gewesen. An der Hand dieses Alten begannen wir nun unsere Wanderung. Aus dem Vorflur mit seinen Husarenbildern traten wir in die große „Halle“, deren Fußboden aus einer Art Steinparquet von schwarzem und weißem Hebridi-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T15:22:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T15:22:45Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/355>, abgerufen am 28.04.2024.