und im Kerker, noch für ein Gut achten können, so lange bedaure ich den Richter, der vielleicht nicht weiss, welch ein schreck¬ liches Geschenk er dem unglücklichen Ver¬ brecher mit der Verlängerung eines elenden Lebens macht; aber verdenken kann ich es ihm nicht, dass er sich von dem Geiste seines Zeitalters hinreissen lässt. --
Unter den Merkwürdigkeiten des Ehren¬ breitsteins zeigte man uns auch das unge¬ nähte Kleid des Heilands. Der ungezie¬ mende Scherz, den ein unvorsichtiger Zu¬ schauer sich darüber erlaubte, erregte bei einem unserer Führer solchen Abscheu, dass er seine heftigen Aeusserungen nicht ohne ein krampfhaftes Zucken unterdrücken konn¬ te. War es ächte Frömmigkeit? war es der verzeihliche Aberglaube des Pöbels, was diese Wirkung hervorbrachte? Ich vermu¬ the, diesmal keines von beiden. Es giebt
und im Kerker, noch für ein Gut achten können, so lange bedaure ich den Richter, der vielleicht nicht weiſs, welch ein schreck¬ liches Geschenk er dem unglücklichen Ver¬ brecher mit der Verlängerung eines elenden Lebens macht; aber verdenken kann ich es ihm nicht, daſs er sich von dem Geiste seines Zeitalters hinreiſsen läſst. —
Unter den Merkwürdigkeiten des Ehren¬ breitsteins zeigte man uns auch das unge¬ nähte Kleid des Heilands. Der ungezie¬ mende Scherz, den ein unvorsichtiger Zu¬ schauer sich darüber erlaubte, erregte bei einem unserer Führer solchen Abscheu, daſs er seine heftigen Aeuſserungen nicht ohne ein krampfhaftes Zucken unterdrücken konn¬ te. War es ächte Frömmigkeit? war es der verzeihliche Aberglaube des Pöbels, was diese Wirkung hervorbrachte? Ich vermu¬ the, diesmal keines von beiden. Es giebt
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und im Kerker, noch für ein Gut achten
können, so lange bedaure ich den Richter,
der vielleicht nicht weiſs, welch ein schreck¬
liches Geschenk er dem unglücklichen Ver¬
brecher mit der Verlängerung eines elenden
Lebens macht; aber verdenken kann ich es
ihm nicht, daſs er sich von dem Geiste
seines Zeitalters hinreiſsen läſst. —
Unter den Merkwürdigkeiten des Ehren¬
breitsteins zeigte man uns auch das unge¬
nähte Kleid des Heilands. Der ungezie¬
mende Scherz, den ein unvorsichtiger Zu¬
schauer sich darüber erlaubte, erregte bei
einem unserer Führer solchen Abscheu, daſs
er seine heftigen Aeuſserungen nicht ohne
ein krampfhaftes Zucken unterdrücken konn¬
te. War es ächte Frömmigkeit? war es
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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/38>, abgerufen am 26.04.2024.
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