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Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.

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hatte es sich längst des Streitens mit ihr begeben. Sie schwieg, und begnügte sich, wie herabsetzend auch jene Worte klangen, sich nur fester und vertrauender an Sophie anzuschließen, deren zarter Sinn und treue Anhänglichkeit für das einmal Erwählte sie, trotz des sichtlichen Mißgriffs ihrer Wahl, höchst liebenswürdig machte. Luise übersah oder schob auf die allgemeine Verwirrung menschlicher Gefühle und Verhältnisse, was sie nicht billigen konnte, und neigte sich ohne Rückhalt zu einem Herzen, das im Mißverstehn selbst noch so groß und tief empfand.

Mehrere Zeit hatte es Luise vermieden, in das Schauspiel zu gehn, aus geheimer Furcht, in dem Unbekannten Fernando wiederum anzutreffen. Endlich mußte sie indeß den wiederholten Bitten ihrer Bekannten nachgeben, und so ließ sie sich wirklich von Auguste in ihre Loge führen. Das erste Störende, was sie von hier aus erblickte, war Werner, der, sie erkennend, ohne Zeichen der mindesten Verlegenheit zu ihnen eilte, und sie ganz in seinem gewohnten Ton begrüßte. Diese Ruhe drückte die ganze Vergangenheit in die dunkelste Tiefe. Luisen war, als sei eine lange Reihe von Jahren verflossen, seit sie Werner sah, und die damals gehemmte Ordnung längst wieder im alten Geleis. Nicht lange darauf trat auch Baron Roll zu ihnen

hatte es sich längst des Streitens mit ihr begeben. Sie schwieg, und begnügte sich, wie herabsetzend auch jene Worte klangen, sich nur fester und vertrauender an Sophie anzuschließen, deren zarter Sinn und treue Anhänglichkeit für das einmal Erwählte sie, trotz des sichtlichen Mißgriffs ihrer Wahl, höchst liebenswürdig machte. Luise übersah oder schob auf die allgemeine Verwirrung menschlicher Gefühle und Verhältnisse, was sie nicht billigen konnte, und neigte sich ohne Rückhalt zu einem Herzen, das im Mißverstehn selbst noch so groß und tief empfand.

Mehrere Zeit hatte es Luise vermieden, in das Schauspiel zu gehn, aus geheimer Furcht, in dem Unbekannten Fernando wiederum anzutreffen. Endlich mußte sie indeß den wiederholten Bitten ihrer Bekannten nachgeben, und so ließ sie sich wirklich von Auguste in ihre Loge führen. Das erste Störende, was sie von hier aus erblickte, war Werner, der, sie erkennend, ohne Zeichen der mindesten Verlegenheit zu ihnen eilte, und sie ganz in seinem gewohnten Ton begrüßte. Diese Ruhe drückte die ganze Vergangenheit in die dunkelste Tiefe. Luisen war, als sei eine lange Reihe von Jahren verflossen, seit sie Werner sah, und die damals gehemmte Ordnung längst wieder im alten Geleis. Nicht lange darauf trat auch Baron Roll zu ihnen

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[100/0102] hatte es sich längst des Streitens mit ihr begeben. Sie schwieg, und begnügte sich, wie herabsetzend auch jene Worte klangen, sich nur fester und vertrauender an Sophie anzuschließen, deren zarter Sinn und treue Anhänglichkeit für das einmal Erwählte sie, trotz des sichtlichen Mißgriffs ihrer Wahl, höchst liebenswürdig machte. Luise übersah oder schob auf die allgemeine Verwirrung menschlicher Gefühle und Verhältnisse, was sie nicht billigen konnte, und neigte sich ohne Rückhalt zu einem Herzen, das im Mißverstehn selbst noch so groß und tief empfand. Mehrere Zeit hatte es Luise vermieden, in das Schauspiel zu gehn, aus geheimer Furcht, in dem Unbekannten Fernando wiederum anzutreffen. Endlich mußte sie indeß den wiederholten Bitten ihrer Bekannten nachgeben, und so ließ sie sich wirklich von Auguste in ihre Loge führen. Das erste Störende, was sie von hier aus erblickte, war Werner, der, sie erkennend, ohne Zeichen der mindesten Verlegenheit zu ihnen eilte, und sie ganz in seinem gewohnten Ton begrüßte. Diese Ruhe drückte die ganze Vergangenheit in die dunkelste Tiefe. Luisen war, als sei eine lange Reihe von Jahren verflossen, seit sie Werner sah, und die damals gehemmte Ordnung längst wieder im alten Geleis. Nicht lange darauf trat auch Baron Roll zu ihnen

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/102>, abgerufen am 29.04.2024.