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Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.

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zu verdrängen. Ich versuchte es oft, aber als es immer wiederkehrte, habe ich es heilig gehalten, und treu bewahret wie ein liebes Geschenk des Himmels, das mich still entzücken und nie wieder verlassen sollte!

Luise hatte den Kopf in großer Rührung an seine Brust gelehnt. Er drückte sie fester an sich, und sagte, über sie hingebeugt: hier wird es nun ewig leben! Wie es auch kommen möge, dies Bild nimmt mir keine Gewalt der Erde, denn es ist mein geworden durch einen friedlichen Bund mit mir selbst.

Was soll kommen? fragte Luise besorgt; was mein lieber, lieber Freund, soll uns trennen?

Ach, liebe Luise, erwiederte der Obrist, wer darf das wissen wollen? Die Bedingungen unsers Daseins wie unsers Glückes greifen in Vor- und kommende Zeit hinein, und dennoch ist unser Gesichtskreis so eng gezogen, wir verstehn die Zukunft nie aus der Vergangenheit. Da liegt alles dunkel und in sich verschlungen. Wir dürfen es nicht anrühren, wenn wir die flüchtige Gegenwart nicht verscheuchen wollen.

Luise blieb einen Augenblick nachdenkend. Wäre es möglich, sagte sie darauf, daß meine zu große Offenheit Sie beunruhigt hätte?

Behüte mich der Himmel vor solcher Schwäche,

zu verdrängen. Ich versuchte es oft, aber als es immer wiederkehrte, habe ich es heilig gehalten, und treu bewahret wie ein liebes Geschenk des Himmels, das mich still entzücken und nie wieder verlassen sollte!

Luise hatte den Kopf in großer Rührung an seine Brust gelehnt. Er drückte sie fester an sich, und sagte, über sie hingebeugt: hier wird es nun ewig leben! Wie es auch kommen möge, dies Bild nimmt mir keine Gewalt der Erde, denn es ist mein geworden durch einen friedlichen Bund mit mir selbst.

Was soll kommen? fragte Luise besorgt; was mein lieber, lieber Freund, soll uns trennen?

Ach, liebe Luise, erwiederte der Obrist, wer darf das wissen wollen? Die Bedingungen unsers Daseins wie unsers Glückes greifen in Vor- und kommende Zeit hinein, und dennoch ist unser Gesichtskreis so eng gezogen, wir verstehn die Zukunft nie aus der Vergangenheit. Da liegt alles dunkel und in sich verschlungen. Wir dürfen es nicht anrühren, wenn wir die flüchtige Gegenwart nicht verscheuchen wollen.

Luise blieb einen Augenblick nachdenkend. Wäre es möglich, sagte sie darauf, daß meine zu große Offenheit Sie beunruhigt hätte?

Behüte mich der Himmel vor solcher Schwäche,

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[120/0122] zu verdrängen. Ich versuchte es oft, aber als es immer wiederkehrte, habe ich es heilig gehalten, und treu bewahret wie ein liebes Geschenk des Himmels, das mich still entzücken und nie wieder verlassen sollte! Luise hatte den Kopf in großer Rührung an seine Brust gelehnt. Er drückte sie fester an sich, und sagte, über sie hingebeugt: hier wird es nun ewig leben! Wie es auch kommen möge, dies Bild nimmt mir keine Gewalt der Erde, denn es ist mein geworden durch einen friedlichen Bund mit mir selbst. Was soll kommen? fragte Luise besorgt; was mein lieber, lieber Freund, soll uns trennen? Ach, liebe Luise, erwiederte der Obrist, wer darf das wissen wollen? Die Bedingungen unsers Daseins wie unsers Glückes greifen in Vor- und kommende Zeit hinein, und dennoch ist unser Gesichtskreis so eng gezogen, wir verstehn die Zukunft nie aus der Vergangenheit. Da liegt alles dunkel und in sich verschlungen. Wir dürfen es nicht anrühren, wenn wir die flüchtige Gegenwart nicht verscheuchen wollen. Luise blieb einen Augenblick nachdenkend. Wäre es möglich, sagte sie darauf, daß meine zu große Offenheit Sie beunruhigt hätte? Behüte mich der Himmel vor solcher Schwäche,

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/122>, abgerufen am 29.04.2024.