Sie ist eine Zauberin, rief Bertalda, eine Hexe, die mit bösen Geistern Umgang hat! Sie bekennt es ja selbst.
Das thue ich nicht, sagte Undine, einen ganzen Himmel der Unschuld und Zuversicht in ihren Augen. Ich bin auch keine Hexe; seht mich nur darauf an.
So lügt sie, und prahlt, fiel Bertalda ein, und kann nicht behaupten, daß ich dieser niedern Leute Kind sei. Meine herzoglichen Aeltern, ich bitte Euch, führt mich aus dieser Gesellschaft fort, und aus dieser Stadt, wo man nur dar- auf ausgeht, mich zu schmähen.
Der alte, ehrsame Herzog aber blieb fest stehen, und seine Gemahlin sagte: wir müssen durchaus wissen, woran wir sind; Gott sei vor, daß ich eher nur einen Fuß aus diesem Saale setze. -- Da näherte sich die alte Fi- scherin, beugte sich tief vor der Herzogin, und sagte: Ihr schließt mir das Herz auf, hohe,
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Herzog in ſeinen Weg auf die gruͤne Wieſe legte.
Sie iſt eine Zauberin, rief Bertalda, eine Hexe, die mit boͤſen Geiſtern Umgang hat! Sie bekennt es ja ſelbſt.
Das thue ich nicht, ſagte Undine, einen ganzen Himmel der Unſchuld und Zuverſicht in ihren Augen. Ich bin auch keine Hexe; ſeht mich nur darauf an.
So luͤgt ſie, und prahlt, fiel Bertalda ein, und kann nicht behaupten, daß ich dieſer niedern Leute Kind ſei. Meine herzoglichen Aeltern, ich bitte Euch, fuͤhrt mich aus dieſer Geſellſchaft fort, und aus dieſer Stadt, wo man nur dar- auf ausgeht, mich zu ſchmaͤhen.
Der alte, ehrſame Herzog aber blieb feſt ſtehen, und ſeine Gemahlin ſagte: wir muͤſſen durchaus wiſſen, woran wir ſind; Gott ſei vor, daß ich eher nur einen Fuß aus dieſem Saale ſetze. — Da naͤherte ſich die alte Fi- ſcherin, beugte ſich tief vor der Herzogin, und ſagte: Ihr ſchließt mir das Herz auf, hohe,
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Herzog in ſeinen Weg auf die gruͤne Wieſe
legte.
Sie iſt eine Zauberin, rief Bertalda, eine
Hexe, die mit boͤſen Geiſtern Umgang hat!
Sie bekennt es ja ſelbſt.
Das thue ich nicht, ſagte Undine, einen
ganzen Himmel der Unſchuld und Zuverſicht in
ihren Augen. Ich bin auch keine Hexe; ſeht
mich nur darauf an.
So luͤgt ſie, und prahlt, fiel Bertalda ein,
und kann nicht behaupten, daß ich dieſer niedern
Leute Kind ſei. Meine herzoglichen Aeltern, ich
bitte Euch, fuͤhrt mich aus dieſer Geſellſchaft
fort, und aus dieſer Stadt, wo man nur dar-
auf ausgeht, mich zu ſchmaͤhen.
Der alte, ehrſame Herzog aber blieb feſt
ſtehen, und ſeine Gemahlin ſagte: wir muͤſſen
durchaus wiſſen, woran wir ſind; Gott ſei
vor, daß ich eher nur einen Fuß aus dieſem
Saale ſetze. — Da naͤherte ſich die alte Fi-
ſcherin, beugte ſich tief vor der Herzogin, und
ſagte: Ihr ſchließt mir das Herz auf, hohe,
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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/127>, abgerufen am 17.06.2024.
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