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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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der Pater Heilmann weile noch immer hier in
der Gegend; er habe ihn Gestern zu Nacht im
Forste getroffen, unter einer Hütte, die er sich
von Bäumästen zusammengebogen habe und mit
Moos und Reisig belegt. Auf die Frage; was
er denn hier mache? denn einseegnen wolle er
ja doch nicht! sei die Antwort gewesen: es giebt
noch andre Einseegnungen, als die am Traual-
tar, und ich bin nicht zur Hochzeit gekommen, so
kann es ja doch zu einer ander Feier gewesen
sein. Man muß Alles abwarten. Zudem ist
ja Trauen und Trauern gar nicht so weit aus-
einander, und wer sich nicht muthwillig ver-
blendet, sieht es wohl ein.

Der Ritter machte sich allerhand wunder-
liche Gedanken über diese Worte und über sei-
nen Traum. Aber es hält sehr schwer, ein Ding
zu hintertreiben, was sich der Mensch einmal
als gewiß in den Kopf gesetzt hat, und so blieb
denn auch Alles beim Alten.



der Pater Heilmann weile noch immer hier in
der Gegend; er habe ihn Geſtern zu Nacht im
Forſte getroffen, unter einer Huͤtte, die er ſich
von Baͤumaͤſten zuſammengebogen habe und mit
Moos und Reiſig belegt. Auf die Frage; was
er denn hier mache? denn einſeegnen wolle er
ja doch nicht! ſei die Antwort geweſen: es giebt
noch andre Einſeegnungen, als die am Traual-
tar, und ich bin nicht zur Hochzeit gekommen, ſo
kann es ja doch zu einer ander Feier geweſen
ſein. Man muß Alles abwarten. Zudem iſt
ja Trauen und Trauern gar nicht ſo weit aus-
einander, und wer ſich nicht muthwillig ver-
blendet, ſieht es wohl ein.

Der Ritter machte ſich allerhand wunder-
liche Gedanken uͤber dieſe Worte und uͤber ſei-
nen Traum. Aber es haͤlt ſehr ſchwer, ein Ding
zu hintertreiben, was ſich der Menſch einmal
als gewiß in den Kopf geſetzt hat, und ſo blieb
denn auch Alles beim Alten.



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[175/0189] der Pater Heilmann weile noch immer hier in der Gegend; er habe ihn Geſtern zu Nacht im Forſte getroffen, unter einer Huͤtte, die er ſich von Baͤumaͤſten zuſammengebogen habe und mit Moos und Reiſig belegt. Auf die Frage; was er denn hier mache? denn einſeegnen wolle er ja doch nicht! ſei die Antwort geweſen: es giebt noch andre Einſeegnungen, als die am Traual- tar, und ich bin nicht zur Hochzeit gekommen, ſo kann es ja doch zu einer ander Feier geweſen ſein. Man muß Alles abwarten. Zudem iſt ja Trauen und Trauern gar nicht ſo weit aus- einander, und wer ſich nicht muthwillig ver- blendet, ſieht es wohl ein. Der Ritter machte ſich allerhand wunder- liche Gedanken uͤber dieſe Worte und uͤber ſei- nen Traum. Aber es haͤlt ſehr ſchwer, ein Ding zu hintertreiben, was ſich der Menſch einmal als gewiß in den Kopf geſetzt hat, und ſo blieb denn auch Alles beim Alten.

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/189>, abgerufen am 07.05.2024.