Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.I. N. D. Ausführ- und gründliche Erzählung dessen / was sich vor würklicher Belagerung der Käiserlichen Haupt- und Residenz-Stadt Wienn in Oesterreich/ Im Jahr Christi M. DC. LXXXIII. zugetragen. SO bald in dem Käiserlichen Läger vor Neuhäusel sichere Kundschafft eingelauffen/ daß der Türkische Groß-Vezier/ Mustapha Bassa/ mit seiner völligen/ in hundert und sechzig tausend streitbarer und bewehrter Mannschafft bestehenden Armee/ von Ofen/ mit schleunigem Anzug sich immer weiter heraufwärts näherte; sind Ihro Hoch-Fürstl. Durchl. der Herr Herzog von Lothringen/ nach aufgehobener Neuhäußler Belagerung/ demselben die Spitze zu bieten/ mit der Käiserlichen Macht/ ihme eilend entgegen gezogen: Verstärkten zuvorderst die Besatzungen zu Comorra und Raab/ damit solche/ auf den Fall einer vermuthlichen Belagerung des Erbfeinds/ zu tapferm Widerstand möchten gewachsen seyn; und bedeckten einer Seits mit der Käiserlichen Armee die Vestung Raab/ nach bästem Vermögen. Konten aber dannoch/ aus Mangel genugsamer Mannschaft/ nicht verwehren/ daß nicht die Türken/ welche sich nunmehr mit grosser Heeres-Kraft jenseits des Wassers Raab gesetzt / und mit dem Säbel in der Hand ein und andere avancirte Posten zu erobern versuchten/ über solchen Fluß einige Brücken geschlagen hätten/ darüber die meisten Bassen mit fliegenden Fahnen den freyen Paß in die Insel (in welcher sie mit Feuer und Schwerdt grausam gewütet) gefunden. In dem nun beede gegeneinander ligende Armeen/ nicht weniger feindselige/ als wachtsame Augen auf einander hatten/ detachirte der Feind endlich ein Corpo von etlich tausend Mord-brennenden Tartarn/ welches gegen Oesterreich avancirend/ zu St. Gothard über die zu ihrem grossen Vortheil unabgeworffene Brücke gegangen/ hernach durch die in etwas seichtere Raabnitz geschwommen/ zwischen Stein am Anger/ Güns und Oedenburg fortgeschlichen/ letzlich aber auf den Neusiedler See plötzlich zugestürmet und eingefallen/ alle umligende Flecken / I. N. D. Ausführ- und gründliche Erzählung dessen / was sich vor würklicher Belagerung der Käiserlichen Haupt- und Residenz-Stadt Wienn in Oesterreich/ Im Jahr Christi M. DC. LXXXIII. zugetragen. SO bald in dem Käiserlichen Läger vor Neuhäusel sichere Kundschafft eingelauffen/ daß der Türkische Groß-Vezier/ Mustapha Bassa/ mit seiner völligen/ in hundert und sechzig tausend streitbarer und bewehrter Mannschafft bestehenden Armee/ von Ofen/ mit schleunigem Anzug sich immer weiter heraufwärts näherte; sind Ihro Hoch-Fürstl. Durchl. der Herr Herzog von Lothringen/ nach aufgehobener Neuhäußler Belagerung/ demselben die Spitze zu bieten/ mit der Käiserlichen Macht/ ihme eilend entgegen gezogen: Verstärkten zuvorderst die Besatzungen zu Comorra und Raab/ damit solche/ auf den Fall einer vermuthlichen Belagerung des Erbfeinds/ zu tapferm Widerstand möchten gewachsen seyn; und bedeckten einer Seits mit der Käiserlichen Armee die Vestung Raab/ nach bästem Vermögen. Konten aber dannoch/ aus Mangel genugsamer Mannschaft/ nicht verwehren/ daß nicht die Türken/ welche sich nunmehr mit grosser Heeres-Kraft jenseits des Wassers Raab gesetzt / und mit dem Säbel in der Hand ein und andere avancirte Posten zu erobern versuchten/ über solchen Fluß einige Brücken geschlagen hätten/ darüber die meisten Bassen mit fliegenden Fahnen den freyen Paß in die Insel (in welcher sie mit Feuer und Schwerdt grausam gewütet) gefunden. In dem nun beede gegeneinander ligende Armeen/ nicht weniger feindselige/ als wachtsame Augen auf einander hatten/ detachirte der Feind endlich ein Corpo von etlich tausend Mord-brennenden Tartarn/ welches gegen Oesterreich avancirend/ zu St. Gothard über die zu ihrem grossen Vortheil unabgeworffene Brücke gegangen/ hernach durch die in etwas seichtere Raabnitz geschwommen/ zwischen Stein am Anger/ Güns und Oedenburg fortgeschlichen/ letzlich aber auf den Neusiedler See plötzlich zugestürmet und eingefallen/ alle umligende Flecken / <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0213" n="1"/> <p>I. N. D.</p> </div> <div> <head>Ausführ- und gründliche Erzählung</head> <p>dessen /</p> <p>was sich vor würklicher Belagerung der Käiserlichen Haupt- und Residenz-Stadt Wienn in Oesterreich/ Im Jahr Christi M. DC. 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Konten aber dannoch/ aus Mangel genugsamer Mannschaft/ nicht verwehren/ daß nicht die Türken/ welche sich nunmehr mit grosser Heeres-Kraft jenseits des Wassers Raab gesetzt / und mit dem Säbel in der Hand ein und andere avancirte Posten zu erobern versuchten/ über solchen Fluß einige Brücken geschlagen hätten/ darüber die meisten Bassen mit fliegenden Fahnen den freyen Paß in die Insel (in welcher sie mit Feuer und Schwerdt grausam gewütet) gefunden.</p> <p>In dem nun beede gegeneinander ligende Armeen/ nicht weniger feindselige/ als wachtsame Augen auf einander hatten/ detachirte der Feind endlich ein Corpo von etlich tausend Mord-brennenden Tartarn/ welches gegen Oesterreich avancirend/ zu St. Gothard über die zu ihrem grossen Vortheil unabgeworffene Brücke gegangen/ hernach durch die in etwas seichtere Raabnitz geschwommen/ zwischen Stein am Anger/ Güns und Oedenburg fortgeschlichen/ letzlich aber auf den Neusiedler See plötzlich zugestürmet und eingefallen/ alle umligende Flecken / </p> </div> </body> </text> </TEI> [1/0213]
I. N. D.
Ausführ- und gründliche Erzählung dessen /
was sich vor würklicher Belagerung der Käiserlichen Haupt- und Residenz-Stadt Wienn in Oesterreich/ Im Jahr Christi M. DC. LXXXIII. zugetragen.
SO bald in dem Käiserlichen Läger vor Neuhäusel sichere Kundschafft eingelauffen/ daß der Türkische Groß-Vezier/ Mustapha Bassa/ mit seiner völligen/ in hundert und sechzig tausend streitbarer und bewehrter Mannschafft bestehenden Armee/ von Ofen/ mit schleunigem Anzug sich immer weiter heraufwärts näherte; sind Ihro Hoch-Fürstl. Durchl. der Herr Herzog von Lothringen/ nach aufgehobener Neuhäußler Belagerung/ demselben die Spitze zu bieten/ mit der Käiserlichen Macht/ ihme eilend entgegen gezogen: Verstärkten zuvorderst die Besatzungen zu Comorra und Raab/ damit solche/ auf den Fall einer vermuthlichen Belagerung des Erbfeinds/ zu tapferm Widerstand möchten gewachsen seyn; und bedeckten einer Seits mit der Käiserlichen Armee die Vestung Raab/ nach bästem Vermögen. Konten aber dannoch/ aus Mangel genugsamer Mannschaft/ nicht verwehren/ daß nicht die Türken/ welche sich nunmehr mit grosser Heeres-Kraft jenseits des Wassers Raab gesetzt / und mit dem Säbel in der Hand ein und andere avancirte Posten zu erobern versuchten/ über solchen Fluß einige Brücken geschlagen hätten/ darüber die meisten Bassen mit fliegenden Fahnen den freyen Paß in die Insel (in welcher sie mit Feuer und Schwerdt grausam gewütet) gefunden.
In dem nun beede gegeneinander ligende Armeen/ nicht weniger feindselige/ als wachtsame Augen auf einander hatten/ detachirte der Feind endlich ein Corpo von etlich tausend Mord-brennenden Tartarn/ welches gegen Oesterreich avancirend/ zu St. Gothard über die zu ihrem grossen Vortheil unabgeworffene Brücke gegangen/ hernach durch die in etwas seichtere Raabnitz geschwommen/ zwischen Stein am Anger/ Güns und Oedenburg fortgeschlichen/ letzlich aber auf den Neusiedler See plötzlich zugestürmet und eingefallen/ alle umligende Flecken /
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Zitationshilfe: | Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 1. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/213>, abgerufen am 30.11.2023. |