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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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dung über die in das chirurgische Gebiet einschlägig¬
sten Lehren gepflogen.

(Notabene: Jungfer Grundtext, welche die Stamm¬
tafel der sächsischen Fürsten am Schnürchen herzusa¬
gen wußte, von einem "Geistesfürsten" aber noch nie
eine Sylbe gehört hatte, zerbrach sich vergeblich den
Kopf über Natur und Namen des Erwähnten.)

Nach in Bälde bevorstehendem Rückmarsch hoffe
er, wieder durch Verwendung jenes außerordentlichen
Herrn, einen längeren Urlaub zu erhalten, und den¬
selben in der Universitätsstadt Göttingen, als in der
Nähe seines im Harz garnisonirenden Regiments, zu
verbringen. Bis das Zeitwesen sich unvermeidlich
wieder kriegerisch gestaltet haben werde, erfreue Schrei¬
ber sich sonach der fördersamsten Thätigkeit.

"Hast Du Herrn Faber geantwortet?" fragte ich
am Tage vor meiner Abreise Dorothee, die erröthend
das Köpfchen schüttelte.

"So thu' es heute noch," mahnte ich.

"Wenn ich nur wüßte, was!" sagte sie kläglich,
setzte sich aber gehorsam nieder und begann ziemlich
flink mit dem Dank für die wunderschönen Ohrge¬
hänge. Nun jedoch stockte der Fluß. Sie kaute an
der Feder, seufzte und rieb sich die Stirn, auf wel¬

dung über die in das chirurgiſche Gebiet einſchlägig¬
ſten Lehren gepflogen.

(Notabene: Jungfer Grundtext, welche die Stamm¬
tafel der ſächſiſchen Fürſten am Schnürchen herzuſa¬
gen wußte, von einem „Geiſtesfürſten“ aber noch nie
eine Sylbe gehört hatte, zerbrach ſich vergeblich den
Kopf über Natur und Namen des Erwähnten.)

Nach in Bälde bevorſtehendem Rückmarſch hoffe
er, wieder durch Verwendung jenes außerordentlichen
Herrn, einen längeren Urlaub zu erhalten, und den¬
ſelben in der Univerſitätsſtadt Göttingen, als in der
Nähe ſeines im Harz garniſonirenden Regiments, zu
verbringen. Bis das Zeitweſen ſich unvermeidlich
wieder kriegeriſch geſtaltet haben werde, erfreue Schrei¬
ber ſich ſonach der förderſamſten Thätigkeit.

„Haſt Du Herrn Faber geantwortet?“ fragte ich
am Tage vor meiner Abreiſe Dorothee, die erröthend
das Köpfchen ſchüttelte.

„So thu' es heute noch,“ mahnte ich.

„Wenn ich nur wüßte, was!“ ſagte ſie kläglich,
ſetzte ſich aber gehorſam nieder und begann ziemlich
flink mit dem Dank für die wunderſchönen Ohrge¬
hänge. Nun jedoch ſtockte der Fluß. Sie kaute an
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[154/0161] dung über die in das chirurgiſche Gebiet einſchlägig¬ ſten Lehren gepflogen. (Notabene: Jungfer Grundtext, welche die Stamm¬ tafel der ſächſiſchen Fürſten am Schnürchen herzuſa¬ gen wußte, von einem „Geiſtesfürſten“ aber noch nie eine Sylbe gehört hatte, zerbrach ſich vergeblich den Kopf über Natur und Namen des Erwähnten.) Nach in Bälde bevorſtehendem Rückmarſch hoffe er, wieder durch Verwendung jenes außerordentlichen Herrn, einen längeren Urlaub zu erhalten, und den¬ ſelben in der Univerſitätsſtadt Göttingen, als in der Nähe ſeines im Harz garniſonirenden Regiments, zu verbringen. Bis das Zeitweſen ſich unvermeidlich wieder kriegeriſch geſtaltet haben werde, erfreue Schrei¬ ber ſich ſonach der förderſamſten Thätigkeit. „Haſt Du Herrn Faber geantwortet?“ fragte ich am Tage vor meiner Abreiſe Dorothee, die erröthend das Köpfchen ſchüttelte. „So thu' es heute noch,“ mahnte ich. „Wenn ich nur wüßte, was!“ ſagte ſie kläglich, ſetzte ſich aber gehorſam nieder und begann ziemlich flink mit dem Dank für die wunderſchönen Ohrge¬ hänge. Nun jedoch ſtockte der Fluß. Sie kaute an der Feder, ſeufzte und rieb ſich die Stirn, auf wel¬

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/161>, abgerufen am 30.04.2024.