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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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nach dem Essen sich die Hände spülte, darüber, als
Draperie, die selbstgesponnene, blitzblanke Quehle, --
Kinder, seht sie mit Ehren an, die alten Stücke in
Reckenburgs neuem Thurm: es waren gute Menschen,
welche sich zwischen ihnen glücklich fühlten!

Und nun das Kleinzeug der Haushaltung: das
braune Kaffeegeschirr und das Tafelservice von Zinn;
die Messingleuchter mit der tiefschnuppigen Unschlitt¬
kerze, die kupferne Feuerkieke, welche Ehren-Purzel
seiner gnädigen Frau Sonntags auf dem Kirchgange
nachtrug; -- Euch, Menschen von heute, dünken diese
Geräthschaften wohl wie Rudera aus einem Hünen¬
grabe; aber fragt einen ergrauten Junggesellen, eine
einsame, alte Jungfer, die für kein Tändelwerk in
einer Kinderstube zu sorgen, fragt sie, wie es thut,
wenn solch rücklaufendes Fädchen aus dem Netze ihrer
Gewohnheiten gerissen wird?

Was würden jedoch diese einfachen Umgebungen
bedeuten, ohne die gelassene Grandezza, mit welcher
die Bewohner sich in denselben bewegten? Nichts für
ungut, meine jungen Freunde, aber das Bewußtsein
reinen Bluts verlieh einen sicheren Ductus, welchen die
Matadore der Comtoirs und Büreaux größtentheils
noch erlernen müssen und welchen die der zweiunddreißig

nach dem Eſſen ſich die Hände ſpülte, darüber, als
Draperie, die ſelbſtgeſponnene, blitzblanke Quehle, —
Kinder, ſeht ſie mit Ehren an, die alten Stücke in
Reckenburgs neuem Thurm: es waren gute Menſchen,
welche ſich zwiſchen ihnen glücklich fühlten!

Und nun das Kleinzeug der Haushaltung: das
braune Kaffeegeſchirr und das Tafelſervice von Zinn;
die Meſſingleuchter mit der tiefſchnuppigen Unſchlitt¬
kerze, die kupferne Feuerkieke, welche Ehren-Purzel
ſeiner gnädigen Frau Sonntags auf dem Kirchgange
nachtrug; — Euch, Menſchen von heute, dünken dieſe
Geräthſchaften wohl wie Rudera aus einem Hünen¬
grabe; aber fragt einen ergrauten Junggeſellen, eine
einſame, alte Jungfer, die für kein Tändelwerk in
einer Kinderſtube zu ſorgen, fragt ſie, wie es thut,
wenn ſolch rücklaufendes Fädchen aus dem Netze ihrer
Gewohnheiten geriſſen wird?

Was würden jedoch dieſe einfachen Umgebungen
bedeuten, ohne die gelaſſene Grandezza, mit welcher
die Bewohner ſich in denſelben bewegten? Nichts für
ungut, meine jungen Freunde, aber das Bewußtſein
reinen Bluts verlieh einen ſicheren Ductus, welchen die
Matadore der Comtoirs und Büreaux größtentheils
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[90/0097] nach dem Eſſen ſich die Hände ſpülte, darüber, als Draperie, die ſelbſtgeſponnene, blitzblanke Quehle, — Kinder, ſeht ſie mit Ehren an, die alten Stücke in Reckenburgs neuem Thurm: es waren gute Menſchen, welche ſich zwiſchen ihnen glücklich fühlten! Und nun das Kleinzeug der Haushaltung: das braune Kaffeegeſchirr und das Tafelſervice von Zinn; die Meſſingleuchter mit der tiefſchnuppigen Unſchlitt¬ kerze, die kupferne Feuerkieke, welche Ehren-Purzel ſeiner gnädigen Frau Sonntags auf dem Kirchgange nachtrug; — Euch, Menſchen von heute, dünken dieſe Geräthſchaften wohl wie Rudera aus einem Hünen¬ grabe; aber fragt einen ergrauten Junggeſellen, eine einſame, alte Jungfer, die für kein Tändelwerk in einer Kinderſtube zu ſorgen, fragt ſie, wie es thut, wenn ſolch rücklaufendes Fädchen aus dem Netze ihrer Gewohnheiten geriſſen wird? Was würden jedoch dieſe einfachen Umgebungen bedeuten, ohne die gelaſſene Grandezza, mit welcher die Bewohner ſich in denſelben bewegten? Nichts für ungut, meine jungen Freunde, aber das Bewußtſein reinen Bluts verlieh einen ſicheren Ductus, welchen die Matadore der Comtoirs und Büreaux größtentheils noch erlernen müſſen und welchen die der zweiunddreißig

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/97>, abgerufen am 30.04.2024.