Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweimal war er schon an dem staatsmäßig hohen
und großen Hause vorübergegangen und hatte
sich nicht hineingetraut. Wie ein Schloß lag es da,
hinter dem reichen Eisengitter, halb verdeckt von dem
hochansteigenden Garten mit den unregelmäßigen, von
blühenden Schlingpflanzen und Farn überwucherten
Staffeln, mit der breiten Freitreppe, die zwischen den
dichtbeblätterten Aesten des mächtigen Birnbaums her¬
vorschimmerte, mit den spiegelblanken Küchenfenstern,
die zu den Seiten der Freitreppe wie zwei dunkle,
lockende Augen herüberglänzten.

Er war noch nie weiter, als bis zur Hausthür
gekommen, wo er jetzt stand und Betrachtungen an¬
stellte. Oder vielmehr nicht gerade an dem Hausthor,
sondern ein Stückchen weiter hinauf, unterhalb des
eisernen Gitters, in dem tiefen, trockenen, grünen
Graben voller Brombeergestrüpp, der sich die ganze
gartenreiche Straße entlang zog.

Hätte er nur gewußt, ob die Monika daheim
sei und in ihrer Küche hinter den blitzenden Scheiben!

10*

Zweimal war er ſchon an dem ſtaatsmäßig hohen
und großen Hauſe vorübergegangen und hatte
ſich nicht hineingetraut. Wie ein Schloß lag es da,
hinter dem reichen Eiſengitter, halb verdeckt von dem
hochanſteigenden Garten mit den unregelmäßigen, von
blühenden Schlingpflanzen und Farn überwucherten
Staffeln, mit der breiten Freitreppe, die zwiſchen den
dichtbeblätterten Aeſten des mächtigen Birnbaums her¬
vorſchimmerte, mit den ſpiegelblanken Küchenfenſtern,
die zu den Seiten der Freitreppe wie zwei dunkle,
lockende Augen herüberglänzten.

Er war noch nie weiter, als bis zur Hausthür
gekommen, wo er jetzt ſtand und Betrachtungen an¬
ſtellte. Oder vielmehr nicht gerade an dem Hausthor,
ſondern ein Stückchen weiter hinauf, unterhalb des
eiſernen Gitters, in dem tiefen, trockenen, grünen
Graben voller Brombeergeſtrüpp, der ſich die ganze
gartenreiche Straße entlang zog.

Hätte er nur gewußt, ob die Monika daheim
ſei und in ihrer Küche hinter den blitzenden Scheiben!

10*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0163"/>
        <p><hi rendition="#in">Z</hi>weimal war er &#x017F;chon an dem &#x017F;taatsmäßig hohen<lb/>
und großen Hau&#x017F;e vorübergegangen und hatte<lb/>
&#x017F;ich nicht hineingetraut. Wie ein Schloß lag es da,<lb/>
hinter dem reichen Ei&#x017F;engitter, halb verdeckt von dem<lb/>
hochan&#x017F;teigenden Garten mit den unregelmäßigen, von<lb/>
blühenden Schlingpflanzen und Farn überwucherten<lb/>
Staffeln, mit der breiten Freitreppe, die zwi&#x017F;chen den<lb/>
dichtbeblätterten Ae&#x017F;ten des mächtigen Birnbaums her¬<lb/>
vor&#x017F;chimmerte, mit den &#x017F;piegelblanken Küchenfen&#x017F;tern,<lb/>
die zu den Seiten der Freitreppe wie zwei dunkle,<lb/>
lockende Augen herüberglänzten.</p><lb/>
        <p>Er war noch nie weiter, als bis zur Hausthür<lb/>
gekommen, wo er jetzt &#x017F;tand und Betrachtungen an¬<lb/>
&#x017F;tellte. Oder vielmehr nicht gerade an dem Hausthor,<lb/>
&#x017F;ondern ein Stückchen weiter hinauf, unterhalb des<lb/>
ei&#x017F;ernen Gitters, in dem tiefen, trockenen, grünen<lb/>
Graben voller Brombeerge&#x017F;trüpp, der &#x017F;ich die ganze<lb/>
gartenreiche Straße entlang zog.</p><lb/>
        <p>Hätte er nur gewußt, ob die Monika daheim<lb/>
&#x017F;ei und in ihrer Küche hinter den blitzenden Scheiben!<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">10*<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0163] Zweimal war er ſchon an dem ſtaatsmäßig hohen und großen Hauſe vorübergegangen und hatte ſich nicht hineingetraut. Wie ein Schloß lag es da, hinter dem reichen Eiſengitter, halb verdeckt von dem hochanſteigenden Garten mit den unregelmäßigen, von blühenden Schlingpflanzen und Farn überwucherten Staffeln, mit der breiten Freitreppe, die zwiſchen den dichtbeblätterten Aeſten des mächtigen Birnbaums her¬ vorſchimmerte, mit den ſpiegelblanken Küchenfenſtern, die zu den Seiten der Freitreppe wie zwei dunkle, lockende Augen herüberglänzten. Er war noch nie weiter, als bis zur Hausthür gekommen, wo er jetzt ſtand und Betrachtungen an¬ ſtellte. Oder vielmehr nicht gerade an dem Hausthor, ſondern ein Stückchen weiter hinauf, unterhalb des eiſernen Gitters, in dem tiefen, trockenen, grünen Graben voller Brombeergeſtrüpp, der ſich die ganze gartenreiche Straße entlang zog. Hätte er nur gewußt, ob die Monika daheim ſei und in ihrer Küche hinter den blitzenden Scheiben! 10*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/163
Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/163>, abgerufen am 06.05.2024.