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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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er hoffte, sein Mädchen werde sogleich zurückkehren,
-- es dünkte ihn noch gar nicht an der Zeit, ihr
Liebesgeplauder abzubrechen. Er dachte nicht daran,
jetzt zu horchen, aber die helle Stimme des Fräuleins
drang ohne Mühe durch die klare Sonnenluft an
sein Ohr.

"Sehen Sie, Monika, da schickt der Schmied
noch einmal seine Rechnung, -- warum haben Sie
mir die Quittung nicht gebracht, nachdem Sie bezahlt
haben?"

Monika sprach leise, die verstand er nicht, wohl
aber die Antwort des Fräuleins: "So, Sie haben
die Quittung in der Tasche? Nun, da geben Sie
nur, da kann die Köchin gleich vorgehen, -- es ist
aber eine Nachlässigkeit, Monika. Sie müssen so
etwas gleich abgeben, damit es ordentlich aufgehoben
wird." Damit schien die Dame sich zu entfernen;
Monika blickte ihr eine Sekunde lang nach; dann
kam sie wieder auf ihre Salatbeete zugegangen und
griff mit einer fast wüthenden Eile nach dem Spaten.
Michel sah deutlich die Spuren des Verdrusses in
ihrem Gesicht, und das that ihm leid. "Aber sie ist
auch gar empfindlich," murmelte er, "das Fräulein
hat sie net emol ordentlich verschimpft, und e bisle
nachlässig ischt se doch g'wese." Kaum getraute er
sich, sie anzureden. Als er's zuletzt doch that, blickte

er hoffte, ſein Mädchen werde ſogleich zurückkehren,
— es dünkte ihn noch gar nicht an der Zeit, ihr
Liebesgeplauder abzubrechen. Er dachte nicht daran,
jetzt zu horchen, aber die helle Stimme des Fräuleins
drang ohne Mühe durch die klare Sonnenluft an
ſein Ohr.

„Sehen Sie, Monika, da ſchickt der Schmied
noch einmal ſeine Rechnung, — warum haben Sie
mir die Quittung nicht gebracht, nachdem Sie bezahlt
haben?“

Monika ſprach leiſe, die verſtand er nicht, wohl
aber die Antwort des Fräuleins: „So, Sie haben
die Quittung in der Taſche? Nun, da geben Sie
nur, da kann die Köchin gleich vorgehen, — es iſt
aber eine Nachläſſigkeit, Monika. Sie müſſen ſo
etwas gleich abgeben, damit es ordentlich aufgehoben
wird.“ Damit ſchien die Dame ſich zu entfernen;
Monika blickte ihr eine Sekunde lang nach; dann
kam ſie wieder auf ihre Salatbeete zugegangen und
griff mit einer faſt wüthenden Eile nach dem Spaten.
Michel ſah deutlich die Spuren des Verdruſſes in
ihrem Geſicht, und das that ihm leid. „Aber ſie iſt
auch gar empfindlich,“ murmelte er, „das Fräulein
hat ſie net emol ordentlich verſchimpft, und e bisle
nachläſſig iſcht ſe doch g'weſe.“ Kaum getraute er
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[156/0172] er hoffte, ſein Mädchen werde ſogleich zurückkehren, — es dünkte ihn noch gar nicht an der Zeit, ihr Liebesgeplauder abzubrechen. Er dachte nicht daran, jetzt zu horchen, aber die helle Stimme des Fräuleins drang ohne Mühe durch die klare Sonnenluft an ſein Ohr. „Sehen Sie, Monika, da ſchickt der Schmied noch einmal ſeine Rechnung, — warum haben Sie mir die Quittung nicht gebracht, nachdem Sie bezahlt haben?“ Monika ſprach leiſe, die verſtand er nicht, wohl aber die Antwort des Fräuleins: „So, Sie haben die Quittung in der Taſche? Nun, da geben Sie nur, da kann die Köchin gleich vorgehen, — es iſt aber eine Nachläſſigkeit, Monika. Sie müſſen ſo etwas gleich abgeben, damit es ordentlich aufgehoben wird.“ Damit ſchien die Dame ſich zu entfernen; Monika blickte ihr eine Sekunde lang nach; dann kam ſie wieder auf ihre Salatbeete zugegangen und griff mit einer faſt wüthenden Eile nach dem Spaten. Michel ſah deutlich die Spuren des Verdruſſes in ihrem Geſicht, und das that ihm leid. „Aber ſie iſt auch gar empfindlich,“ murmelte er, „das Fräulein hat ſie net emol ordentlich verſchimpft, und e bisle nachläſſig iſcht ſe doch g'weſe.“ Kaum getraute er ſich, ſie anzureden. Als er's zuletzt doch that, blickte

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/172>, abgerufen am 15.05.2024.