seten dahin, obwohl Klara keinen Erfolg davon hoffte. Die Nachforschungen waren wieder ver- geblich. So ging der Winter, und der größte Theil des Frühlings vorüber. Meine arme Mutter rückte ihrer Entbindung immer näher, und versank immer tiefer in Gram. Jhre einzige Erholung war, auf dem Platze vor der Bastille auf und nieder zu gehn, und die düstern Mauern an zu blicken, die ihr Alles umschlossen. Jhr Bruder konnte sie zu keinem andern Spaziergange mehr bereden. Man kannte sie hier schon, und nannte sie nur die schöne Trauernde; Jedermann betrachtete sie mit Theil- nahme. Jhr Bruder traf jetzt nur auf lebhaft beschäftigte und bewegte Gemüther; die Span- nung zwischen den Notablen und dem Hofe stieg aufs höchste, und die Gährung war allgemein, in ihr ging alles Einzelne unter. Auch Victor, ob er gleich das Schicksal seines Freundes nie aus den Augen verlor, warf sich doch mit Feuer in die öffentlichen Angelegenheiten. Jhm war klar, daß eine große Umwälzung der Dinge unvermeidlich und nothwendig sey. Die Hoffnung für seinen Leo knüpfte er an das all-
ſeten dahin, obwohl Klara keinen Erfolg davon hoffte. Die Nachforſchungen waren wieder ver- geblich. So ging der Winter, und der groͤßte Theil des Fruͤhlings voruͤber. Meine arme Mutter ruͤckte ihrer Entbindung immer naͤher, und verſank immer tiefer in Gram. Jhre einzige Erholung war, auf dem Platze vor der Baſtille auf und nieder zu gehn, und die duͤſtern Mauern an zu blicken, die ihr Alles umſchloſſen. Jhr Bruder konnte ſie zu keinem andern Spaziergange mehr bereden. Man kannte ſie hier ſchon, und nannte ſie nur die ſchoͤne Trauernde; Jedermann betrachtete ſie mit Theil- nahme. Jhr Bruder traf jetzt nur auf lebhaft beſchaͤftigte und bewegte Gemuͤther; die Span- nung zwiſchen den Notablen und dem Hofe ſtieg aufs hoͤchſte, und die Gaͤhrung war allgemein, in ihr ging alles Einzelne unter. Auch Victor, ob er gleich das Schickſal ſeines Freundes nie aus den Augen verlor, warf ſich doch mit Feuer in die oͤffentlichen Angelegenheiten. Jhm war klar, daß eine große Umwaͤlzung der Dinge unvermeidlich und nothwendig ſey. Die Hoffnung fuͤr ſeinen Leo knuͤpfte er an das all-
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ſeten dahin, obwohl Klara keinen Erfolg davon
hoffte. Die Nachforſchungen waren wieder ver-
geblich. So ging der Winter, und der groͤßte
Theil des Fruͤhlings voruͤber. Meine arme
Mutter ruͤckte ihrer Entbindung immer naͤher,
und verſank immer tiefer in Gram. Jhre
einzige Erholung war, auf dem Platze vor
der Baſtille auf und nieder zu gehn, und
die duͤſtern Mauern an zu blicken, die ihr Alles
umſchloſſen. Jhr Bruder konnte ſie zu keinem
andern Spaziergange mehr bereden. Man kannte
ſie hier ſchon, und nannte ſie nur die ſchoͤne
Trauernde; Jedermann betrachtete ſie mit Theil-
nahme. Jhr Bruder traf jetzt nur auf lebhaft
beſchaͤftigte und bewegte Gemuͤther; die Span-
nung zwiſchen den Notablen und dem Hofe ſtieg
aufs hoͤchſte, und die Gaͤhrung war allgemein,
in ihr ging alles Einzelne unter. Auch Victor,
ob er gleich das Schickſal ſeines Freundes nie
aus den Augen verlor, warf ſich doch mit
Feuer in die oͤffentlichen Angelegenheiten. Jhm
war klar, daß eine große Umwaͤlzung der
Dinge unvermeidlich und nothwendig ſey. Die
Hoffnung fuͤr ſeinen Leo knuͤpfte er an das all-
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/49>, abgerufen am 27.07.2024.
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