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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Sonne ganz genau entgegengesetzt ist, an welchen also zu dieser Zeit der Schatten der Erdkugel hinfallen muß. Es läßt sich daher nicht zweifeln, daß der auf die Mondscheibe fallende Erdschatten die Ursache der Mondfinsternisse, und die schwarze Scheibe, welche dabey vor den Mond zu rücken scheint, der kreisförmige Durchschnitt des kegelförmigen Erdschattens in der Gegend der Mondbahn sey. Dies wird dadurch völlig gewiß, daß man nach dieser Voraussetzung die Mondfinsternisse vorhersagen, und mit allen dabey vorkommenden Umständen im voraus auf das genaueste berechnen kan.

Die Mondfinsterniß ist also nichts anders, als ein Durchgang des Monds durch den Schatten der Erde, wobey der im Erdschatten befindliche Theil, bisweilen auch die ganze Mondscheibe, ihr von der Sonne entlehntes Licht verliert.

Es sey Taf. IX. Fig. 27. in S die Sonne, in C die Erde, so ist EHF der Erdschatten, welcher nach optischen Grundsätzen eine kegelförmige Gestalt haben, und sich bis H, etwa 217 Erdhalbmesser weit von ECF erstrecken muß, s. Schatten. Dieser Erdschatten wird von den äußersten Stralen der Sonne AH und BH begrenzt, und heißt der wahre Schatten, weil den Orten, die sich in ihm befinden, wegen der im Wege stehenden Erde, kein Punkt der Sonne sichtbar seyn kan. Ist nun ML ein Theil der Mondbahn, so kan der Mond, der nur etwa 60 Erdhalbmesser von C entfernt ist, bey r, wo er von der Erde aus der Sonne gegenüber oder als Vollmond gesehen wird, in diesen Schatten treten, bey m gänzlich verfinstert seyn, und bey t wieder aus dem Schatten hervorkommen.

Es folgt aber nicht, daß dies bey allen Vollmonden geschehen müsse. Wenn in der Figur die Fläche des Papiers die Ebne der Ekliptik vorstellt, so liegt die Mondbahn, wovon ML ein Theil ist, nicht in eben derselben Fläche, sondern macht mit ihr einen Winkel von etwa 5 Graden, schneidet sich mit ihr in einer geraden Linie, welche die Knotenlinie heißt, und wird von dieser Linie in zween Theile getheilt, wovon der eine über, der andere unter


Sonne ganz genau entgegengeſetzt iſt, an welchen alſo zu dieſer Zeit der Schatten der Erdkugel hinfallen muß. Es laͤßt ſich daher nicht zweifeln, daß der auf die Mondſcheibe fallende Erdſchatten die Urſache der Mondfinſterniſſe, und die ſchwarze Scheibe, welche dabey vor den Mond zu ruͤcken ſcheint, der kreisfoͤrmige Durchſchnitt des kegelfoͤrmigen Erdſchattens in der Gegend der Mondbahn ſey. Dies wird dadurch voͤllig gewiß, daß man nach dieſer Vorausſetzung die Mondfinſterniſſe vorherſagen, und mit allen dabey vorkommenden Umſtaͤnden im voraus auf das genaueſte berechnen kan.

Die Mondfinſterniß iſt alſo nichts anders, als ein Durchgang des Monds durch den Schatten der Erde, wobey der im Erdſchatten befindliche Theil, bisweilen auch die ganze Mondſcheibe, ihr von der Sonne entlehntes Licht verliert.

Es ſey Taf. IX. Fig. 27. in S die Sonne, in C die Erde, ſo iſt EHF der Erdſchatten, welcher nach optiſchen Grundſaͤtzen eine kegelfoͤrmige Geſtalt haben, und ſich bis H, etwa 217 Erdhalbmeſſer weit von ECF erſtrecken muß, ſ. Schatten. Dieſer Erdſchatten wird von den aͤußerſten Stralen der Sonne AH und BH begrenzt, und heißt der wahre Schatten, weil den Orten, die ſich in ihm befinden, wegen der im Wege ſtehenden Erde, kein Punkt der Sonne ſichtbar ſeyn kan. Iſt nun ML ein Theil der Mondbahn, ſo kan der Mond, der nur etwa 60 Erdhalbmeſſer von C entfernt iſt, bey r, wo er von der Erde aus der Sonne gegenuͤber oder als Vollmond geſehen wird, in dieſen Schatten treten, bey m gaͤnzlich verfinſtert ſeyn, und bey t wieder aus dem Schatten hervorkommen.

Es folgt aber nicht, daß dies bey allen Vollmonden geſchehen muͤſſe. Wenn in der Figur die Flaͤche des Papiers die Ebne der Ekliptik vorſtellt, ſo liegt die Mondbahn, wovon ML ein Theil iſt, nicht in eben derſelben Flaͤche, ſondern macht mit ihr einen Winkel von etwa 5 Graden, ſchneidet ſich mit ihr in einer geraden Linie, welche die Knotenlinie heißt, und wird von dieſer Linie in zween Theile getheilt, wovon der eine uͤber, der andere unter

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[243/0249] Sonne ganz genau entgegengeſetzt iſt, an welchen alſo zu dieſer Zeit der Schatten der Erdkugel hinfallen muß. Es laͤßt ſich daher nicht zweifeln, daß der auf die Mondſcheibe fallende Erdſchatten die Urſache der Mondfinſterniſſe, und die ſchwarze Scheibe, welche dabey vor den Mond zu ruͤcken ſcheint, der kreisfoͤrmige Durchſchnitt des kegelfoͤrmigen Erdſchattens in der Gegend der Mondbahn ſey. Dies wird dadurch voͤllig gewiß, daß man nach dieſer Vorausſetzung die Mondfinſterniſſe vorherſagen, und mit allen dabey vorkommenden Umſtaͤnden im voraus auf das genaueſte berechnen kan. Die Mondfinſterniß iſt alſo nichts anders, als ein Durchgang des Monds durch den Schatten der Erde, wobey der im Erdſchatten befindliche Theil, bisweilen auch die ganze Mondſcheibe, ihr von der Sonne entlehntes Licht verliert. Es ſey Taf. IX. Fig. 27. in S die Sonne, in C die Erde, ſo iſt EHF der Erdſchatten, welcher nach optiſchen Grundſaͤtzen eine kegelfoͤrmige Geſtalt haben, und ſich bis H, etwa 217 Erdhalbmeſſer weit von ECF erſtrecken muß, ſ. Schatten. Dieſer Erdſchatten wird von den aͤußerſten Stralen der Sonne AH und BH begrenzt, und heißt der wahre Schatten, weil den Orten, die ſich in ihm befinden, wegen der im Wege ſtehenden Erde, kein Punkt der Sonne ſichtbar ſeyn kan. Iſt nun ML ein Theil der Mondbahn, ſo kan der Mond, der nur etwa 60 Erdhalbmeſſer von C entfernt iſt, bey r, wo er von der Erde aus der Sonne gegenuͤber oder als Vollmond geſehen wird, in dieſen Schatten treten, bey m gaͤnzlich verfinſtert ſeyn, und bey t wieder aus dem Schatten hervorkommen. Es folgt aber nicht, daß dies bey allen Vollmonden geſchehen muͤſſe. Wenn in der Figur die Flaͤche des Papiers die Ebne der Ekliptik vorſtellt, ſo liegt die Mondbahn, wovon ML ein Theil iſt, nicht in eben derſelben Flaͤche, ſondern macht mit ihr einen Winkel von etwa 5 Graden, ſchneidet ſich mit ihr in einer geraden Linie, welche die Knotenlinie heißt, und wird von dieſer Linie in zween Theile getheilt, wovon der eine uͤber, der andere unter

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/249>, abgerufen am 06.05.2024.