Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


die Fläche der Figur fällt, indem die Knotenlinie in dieser Fläche selbst liegt. Wenn also zu der Zeit, da der Mond nach r kömmt, die Knotenlinie nicht weit von der Lage Cm abweicht, d. h. wenn ein Knoten des Monds in oder nahe bey m fällt, so wird der Mond der Ebne der Ekliptik nahe kommen, und also den Erdschatten treffen können; ist er aber zu eben der Zeit von seinem Knoten entfernt, so geht er, nach der Lage der Figur zu reden, über oder unter dem Schatten vorbey, und leidet keine Verfinsterung, welches der Fall bey den meisten Vollmonden ist. Da der größte scheinbare Halbmesser des Erdschattens 47 Min. und der des Monds 17 Min. beträgt, so kann keine partielle Finsterniß mehr statt finden, wenn die Breite des Monds (d. i. der Abstand seines Mittelpunkts von der Ekliptik) im Augenblicke des Vollmonds 64 Min. (47+17), und keine totale, wenn sie 30 Min. (47--17) übersteigt; wovon das erste erfordert, daß der Mond über 12--13 Grad, das letztere, daß er über 6 Grad vom nächsten Knoten entfernt sey. Dies erläutert Taf. IX. Fig. 28., wo [Abbildung] den Knoten des Monds, EL [Abbildung] die Ekliptik, C [Abbildung] die Mondbahn darstellet. Steht im Augenblicke des Vollmonds der Erdschatten in E, 13 Grad von [Abbildung] entfernt, daß EC 47+17=64 Min. beträgt, so streicht der Mond C nur gerade am Rande des Schattens hin, ohne verfinstert zu werden; bey L aber, 6 Grad von [Abbildung] , ist die größte Entfernung, in der sich der Mond ganz in den Erdschatten einsenken kan.

Es giebt daher bisweilen ganze Jahre, in welchen keine Mondfinsterniß vorfällt, weil alle Vollmonde derselben zu weit von den Knoten der Mondbahn entfernt sind, wie z. B. die Jahre 1781 und 1788: gemeiniglich aber ereignen sich zwey Mondfinsternisse in jedem Jahre, die letztere 6 Monate nach der ersten.

In der Gegend der Mondbahn ist der Schattenkegel der Erde noch fast dreymal breiter, als der Mond, so daß letzterer nicht allein völlig verfinstert werden, sondern sich auch eine Zeit lang im völligen Schatten verweilen kan. Eine solche Finsterniß heißt eine totale mit Dauer (totalis


die Flaͤche der Figur faͤllt, indem die Knotenlinie in dieſer Flaͤche ſelbſt liegt. Wenn alſo zu der Zeit, da der Mond nach r koͤmmt, die Knotenlinie nicht weit von der Lage Cm abweicht, d. h. wenn ein Knoten des Monds in oder nahe bey m faͤllt, ſo wird der Mond der Ebne der Ekliptik nahe kommen, und alſo den Erdſchatten treffen koͤnnen; iſt er aber zu eben der Zeit von ſeinem Knoten entfernt, ſo geht er, nach der Lage der Figur zu reden, uͤber oder unter dem Schatten vorbey, und leidet keine Verfinſterung, welches der Fall bey den meiſten Vollmonden iſt. Da der groͤßte ſcheinbare Halbmeſſer des Erdſchattens 47 Min. und der des Monds 17 Min. betraͤgt, ſo kann keine partielle Finſterniß mehr ſtatt finden, wenn die Breite des Monds (d. i. der Abſtand ſeines Mittelpunkts von der Ekliptik) im Augenblicke des Vollmonds 64 Min. (47+17), und keine totale, wenn ſie 30 Min. (47—17) uͤberſteigt; wovon das erſte erfordert, daß der Mond uͤber 12—13 Grad, das letztere, daß er uͤber 6 Grad vom naͤchſten Knoten entfernt ſey. Dies erlaͤutert Taf. IX. Fig. 28., wo [Abbildung] den Knoten des Monds, EL [Abbildung] die Ekliptik, C [Abbildung] die Mondbahn darſtellet. Steht im Augenblicke des Vollmonds der Erdſchatten in E, 13 Grad von [Abbildung] entfernt, daß EC 47+17=64 Min. betraͤgt, ſo ſtreicht der Mond C nur gerade am Rande des Schattens hin, ohne verfinſtert zu werden; bey L aber, 6 Grad von [Abbildung] , iſt die groͤßte Entfernung, in der ſich der Mond ganz in den Erdſchatten einſenken kan.

Es giebt daher bisweilen ganze Jahre, in welchen keine Mondfinſterniß vorfaͤllt, weil alle Vollmonde derſelben zu weit von den Knoten der Mondbahn entfernt ſind, wie z. B. die Jahre 1781 und 1788: gemeiniglich aber ereignen ſich zwey Mondfinſterniſſe in jedem Jahre, die letztere 6 Monate nach der erſten.

In der Gegend der Mondbahn iſt der Schattenkegel der Erde noch faſt dreymal breiter, als der Mond, ſo daß letzterer nicht allein voͤllig verfinſtert werden, ſondern ſich auch eine Zeit lang im voͤlligen Schatten verweilen kan. Eine ſolche Finſterniß heißt eine totale mit Dauer (totalis

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0250" xml:id="P.2.244" n="244"/><lb/>
die Fla&#x0364;che der Figur fa&#x0364;llt, indem die Knotenlinie in die&#x017F;er Fla&#x0364;che &#x017F;elb&#x017F;t liegt. Wenn al&#x017F;o zu der Zeit, da der Mond nach <hi rendition="#aq">r</hi> ko&#x0364;mmt, die Knotenlinie nicht weit von der Lage <hi rendition="#aq">Cm</hi> abweicht, d. h. wenn ein Knoten des Monds in oder nahe bey <hi rendition="#aq">m</hi> fa&#x0364;llt, &#x017F;o wird der Mond der Ebne der Ekliptik nahe kommen, und al&#x017F;o den Erd&#x017F;chatten treffen ko&#x0364;nnen; i&#x017F;t er aber zu eben der Zeit von &#x017F;einem Knoten entfernt, &#x017F;o geht er, nach der Lage der Figur zu reden, u&#x0364;ber oder unter dem Schatten vorbey, und leidet keine Verfin&#x017F;terung, welches der Fall bey den mei&#x017F;ten Vollmonden i&#x017F;t. Da der gro&#x0364;ßte &#x017F;cheinbare Halbme&#x017F;&#x017F;er des Erd&#x017F;chattens 47 Min. und der des Monds 17 Min. betra&#x0364;gt, &#x017F;o kann keine <hi rendition="#b">partielle</hi> Fin&#x017F;terniß mehr &#x017F;tatt finden, wenn die Breite des Monds (d. i. der Ab&#x017F;tand &#x017F;eines Mittelpunkts von der Ekliptik) im Augenblicke des Vollmonds 64 Min. (47+17), und keine <hi rendition="#b">totale,</hi> wenn &#x017F;ie 30 Min. (47&#x2014;17) u&#x0364;ber&#x017F;teigt; wovon das er&#x017F;te erfordert, daß der Mond u&#x0364;ber 12&#x2014;13 Grad, das letztere, daß er u&#x0364;ber 6 Grad vom na&#x0364;ch&#x017F;ten Knoten entfernt &#x017F;ey. Dies erla&#x0364;utert Taf. <hi rendition="#aq">IX.</hi> Fig. 28., wo <figure/> den Knoten des Monds, <hi rendition="#aq">EL</hi> <figure/> die Ekliptik, <hi rendition="#aq">C</hi> <figure/> die Mondbahn dar&#x017F;tellet. Steht im Augenblicke des Vollmonds der Erd&#x017F;chatten in <hi rendition="#aq">E, 13</hi> Grad von <figure/> entfernt, daß <hi rendition="#aq">EC 47+17=64</hi> Min. betra&#x0364;gt, &#x017F;o &#x017F;treicht der Mond <hi rendition="#aq">C</hi> nur gerade am Rande des Schattens hin, ohne verfin&#x017F;tert zu werden; bey <hi rendition="#aq">L</hi> aber, 6 Grad von <figure/>, i&#x017F;t die gro&#x0364;ßte Entfernung, in der &#x017F;ich der Mond ganz in den Erd&#x017F;chatten ein&#x017F;enken kan.</p>
            <p>Es giebt daher bisweilen ganze Jahre, in welchen keine Mondfin&#x017F;terniß vorfa&#x0364;llt, weil alle Vollmonde der&#x017F;elben zu weit von den Knoten der Mondbahn entfernt &#x017F;ind, wie z. B. die Jahre 1781 und 1788: gemeiniglich aber ereignen &#x017F;ich zwey Mondfin&#x017F;terni&#x017F;&#x017F;e in jedem Jahre, die letztere 6 Monate nach der er&#x017F;ten.</p>
            <p>In der Gegend der Mondbahn i&#x017F;t der Schattenkegel der Erde noch fa&#x017F;t dreymal breiter, als der Mond, &#x017F;o daß letzterer nicht allein vo&#x0364;llig verfin&#x017F;tert werden, &#x017F;ondern &#x017F;ich auch eine Zeit lang im vo&#x0364;lligen Schatten verweilen kan. Eine &#x017F;olche Fin&#x017F;terniß heißt eine <hi rendition="#b">totale mit Dauer</hi> <hi rendition="#aq">(totalis<lb/></hi></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[244/0250] die Flaͤche der Figur faͤllt, indem die Knotenlinie in dieſer Flaͤche ſelbſt liegt. Wenn alſo zu der Zeit, da der Mond nach r koͤmmt, die Knotenlinie nicht weit von der Lage Cm abweicht, d. h. wenn ein Knoten des Monds in oder nahe bey m faͤllt, ſo wird der Mond der Ebne der Ekliptik nahe kommen, und alſo den Erdſchatten treffen koͤnnen; iſt er aber zu eben der Zeit von ſeinem Knoten entfernt, ſo geht er, nach der Lage der Figur zu reden, uͤber oder unter dem Schatten vorbey, und leidet keine Verfinſterung, welches der Fall bey den meiſten Vollmonden iſt. Da der groͤßte ſcheinbare Halbmeſſer des Erdſchattens 47 Min. und der des Monds 17 Min. betraͤgt, ſo kann keine partielle Finſterniß mehr ſtatt finden, wenn die Breite des Monds (d. i. der Abſtand ſeines Mittelpunkts von der Ekliptik) im Augenblicke des Vollmonds 64 Min. (47+17), und keine totale, wenn ſie 30 Min. (47—17) uͤberſteigt; wovon das erſte erfordert, daß der Mond uͤber 12—13 Grad, das letztere, daß er uͤber 6 Grad vom naͤchſten Knoten entfernt ſey. Dies erlaͤutert Taf. IX. Fig. 28., wo [Abbildung] den Knoten des Monds, EL [Abbildung] die Ekliptik, C [Abbildung] die Mondbahn darſtellet. Steht im Augenblicke des Vollmonds der Erdſchatten in E, 13 Grad von [Abbildung] entfernt, daß EC 47+17=64 Min. betraͤgt, ſo ſtreicht der Mond C nur gerade am Rande des Schattens hin, ohne verfinſtert zu werden; bey L aber, 6 Grad von [Abbildung] , iſt die groͤßte Entfernung, in der ſich der Mond ganz in den Erdſchatten einſenken kan. Es giebt daher bisweilen ganze Jahre, in welchen keine Mondfinſterniß vorfaͤllt, weil alle Vollmonde derſelben zu weit von den Knoten der Mondbahn entfernt ſind, wie z. B. die Jahre 1781 und 1788: gemeiniglich aber ereignen ſich zwey Mondfinſterniſſe in jedem Jahre, die letztere 6 Monate nach der erſten. In der Gegend der Mondbahn iſt der Schattenkegel der Erde noch faſt dreymal breiter, als der Mond, ſo daß letzterer nicht allein voͤllig verfinſtert werden, ſondern ſich auch eine Zeit lang im voͤlligen Schatten verweilen kan. Eine ſolche Finſterniß heißt eine totale mit Dauer (totalis

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/250
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/250>, abgerufen am 05.05.2024.