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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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und Priestley diesen Einwurf heben, werde ich am Ende dieses Artikels anzeigen.

Dagegen lassen sich für das Emanationssystem die einfachen und ungezwungnen Erklärungen anführen, die man in demselben von der Brechung, Farbenverbreitung, Zurückwerfung und Beugung des Lichts geben kan, und welche sämtlich auf der Anziehung beruhen, die sich anders nicht, als bey vorausgesetzter Materialität des Lichts, gedenken läßt. Man findet diese Erklärungen unter den Artikeln, welche den oben genannten Erscheinungen des Lichts gewidmet sind.

Inzwischen hat sich Herr Euler (Nova theoria lucis et colorum in Opusc. varii argum. Berol. 1746. 4. p. 169. seq.) durch die erzählten Schwierigkeiten bewogen gefunden, die von Huygens vorgetragne Hypothese, welche das Licht dem Schalle ähnlich macht (und im Grunde schon ein Gedanke des Aristoteles ist), mit einigen Verbesserungen zu erneuern, und besonders auf die durch Newton sehr erweiterte Lehre von den Farben anzuwenden. Er hat dies mit vielem Scharfsinne und mit Anwendung seiner großen Stärke in mathematischen Berechnungen so glücklich ausgeführt, daß man es noch zur Zeit nicht wagen kan, zwischen seiner Theorie und dem Emanationssystem völlig zu entscheiden.

Euler nimmt eine höchst feine, flüßige und elastische Materie durch den ganzen Weltraum verbreitet, an, der er mit Huygens den Namen Aether giebt. Dieser Aether wird durch das Zittern der leuchtenden Körper eben so bewegt, wie die Luft durch die Schwingung der schallenden. Es entstehen dadurch Schläge (pulsus) auf den Aether, die sich, wie Wellen im Wasser, nach allen Seiten verbreiten, so daß die Richtungen des Fortgangs den leuchtenden Punkt, wie die Halbmesser der Kugel ihren Mittelpunkt, umgeben. Dieser Schläge folgen mehrere auf einander mit einer gewissen Geschwindigkeit, und ihre Succession in eben derselben geraden Linie macht einen Lichtstral aus. Einfache Lichtstralen sind, in denen alle Pulsus mit gleichen Zwischenzeiten auf einander folgen;


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und Prieſtley dieſen Einwurf heben, werde ich am Ende dieſes Artikels anzeigen.

Dagegen laſſen ſich fuͤr das Emanationsſyſtem die einfachen und ungezwungnen Erklaͤrungen anfuͤhren, die man in demſelben von der Brechung, Farbenverbreitung, Zuruͤckwerfung und Beugung des Lichts geben kan, und welche ſaͤmtlich auf der Anziehung beruhen, die ſich anders nicht, als bey vorausgeſetzter Materialitaͤt des Lichts, gedenken laͤßt. Man findet dieſe Erklaͤrungen unter den Artikeln, welche den oben genannten Erſcheinungen des Lichts gewidmet ſind.

Inzwiſchen hat ſich Herr Euler (Nova theoria lucis et colorum in Opuſc. varii argum. Berol. 1746. 4. p. 169. ſeq.) durch die erzaͤhlten Schwierigkeiten bewogen gefunden, die von Huygens vorgetragne Hypotheſe, welche das Licht dem Schalle aͤhnlich macht (und im Grunde ſchon ein Gedanke des Ariſtoteles iſt), mit einigen Verbeſſerungen zu erneuern, und beſonders auf die durch Newton ſehr erweiterte Lehre von den Farben anzuwenden. Er hat dies mit vielem Scharfſinne und mit Anwendung ſeiner großen Staͤrke in mathematiſchen Berechnungen ſo gluͤcklich ausgefuͤhrt, daß man es noch zur Zeit nicht wagen kan, zwiſchen ſeiner Theorie und dem Emanationsſyſtem voͤllig zu entſcheiden.

Euler nimmt eine hoͤchſt feine, fluͤßige und elaſtiſche Materie durch den ganzen Weltraum verbreitet, an, der er mit Huygens den Namen Aether giebt. Dieſer Aether wird durch das Zittern der leuchtenden Koͤrper eben ſo bewegt, wie die Luft durch die Schwingung der ſchallenden. Es entſtehen dadurch Schlaͤge (pulſus) auf den Aether, die ſich, wie Wellen im Waſſer, nach allen Seiten verbreiten, ſo daß die Richtungen des Fortgangs den leuchtenden Punkt, wie die Halbmeſſer der Kugel ihren Mittelpunkt, umgeben. Dieſer Schlaͤge folgen mehrere auf einander mit einer gewiſſen Geſchwindigkeit, und ihre Succeſſion in eben derſelben geraden Linie macht einen Lichtſtral aus. Einfache Lichtſtralen ſind, in denen alle Pulſus mit gleichen Zwiſchenzeiten auf einander folgen;

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[897/0903] cowich und Prieſtley dieſen Einwurf heben, werde ich am Ende dieſes Artikels anzeigen. Dagegen laſſen ſich fuͤr das Emanationsſyſtem die einfachen und ungezwungnen Erklaͤrungen anfuͤhren, die man in demſelben von der Brechung, Farbenverbreitung, Zuruͤckwerfung und Beugung des Lichts geben kan, und welche ſaͤmtlich auf der Anziehung beruhen, die ſich anders nicht, als bey vorausgeſetzter Materialitaͤt des Lichts, gedenken laͤßt. Man findet dieſe Erklaͤrungen unter den Artikeln, welche den oben genannten Erſcheinungen des Lichts gewidmet ſind. Inzwiſchen hat ſich Herr Euler (Nova theoria lucis et colorum in Opuſc. varii argum. Berol. 1746. 4. p. 169. ſeq.) durch die erzaͤhlten Schwierigkeiten bewogen gefunden, die von Huygens vorgetragne Hypotheſe, welche das Licht dem Schalle aͤhnlich macht (und im Grunde ſchon ein Gedanke des Ariſtoteles iſt), mit einigen Verbeſſerungen zu erneuern, und beſonders auf die durch Newton ſehr erweiterte Lehre von den Farben anzuwenden. Er hat dies mit vielem Scharfſinne und mit Anwendung ſeiner großen Staͤrke in mathematiſchen Berechnungen ſo gluͤcklich ausgefuͤhrt, daß man es noch zur Zeit nicht wagen kan, zwiſchen ſeiner Theorie und dem Emanationsſyſtem voͤllig zu entſcheiden. Euler nimmt eine hoͤchſt feine, fluͤßige und elaſtiſche Materie durch den ganzen Weltraum verbreitet, an, der er mit Huygens den Namen Aether giebt. Dieſer Aether wird durch das Zittern der leuchtenden Koͤrper eben ſo bewegt, wie die Luft durch die Schwingung der ſchallenden. Es entſtehen dadurch Schlaͤge (pulſus) auf den Aether, die ſich, wie Wellen im Waſſer, nach allen Seiten verbreiten, ſo daß die Richtungen des Fortgangs den leuchtenden Punkt, wie die Halbmeſſer der Kugel ihren Mittelpunkt, umgeben. Dieſer Schlaͤge folgen mehrere auf einander mit einer gewiſſen Geſchwindigkeit, und ihre Succeſſion in eben derſelben geraden Linie macht einen Lichtſtral aus. Einfache Lichtſtralen ſind, in denen alle Pulſus mit gleichen Zwiſchenzeiten auf einander folgen;

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 897. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/903>, abgerufen am 30.04.2024.