Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


ganz kleine Zeit zwischen der Aussendung zweyer in eben demselben Strale sich folgender Lichttheilchen annehmen, z. B. (1/150) einer Secunde, welches zur ununterbrochnen Empfindung des Lichts im Auge überflüßig hinreichend ist, so sind die nächsten Theilchen bey ihrer großen Geschwindigkeit viele tausend Meilen hinter einander, und lassen Platz genug für Millionen andere, welche zwischen ihnen hindurch gehen können.

"Endlich könnten materielle Stralen die durchsichti"gen Körper nicht anders, als in geradlinigten Gängen "durchdringen. Denkt man sich aber solche Gänge in ei"nem Körper an allen Orten und nach allen Richtungen, "so bleibt kein Ort übrig, in welchen man die undurchdring"liche Materie desselben stellen kan. Ein solcher Bau wür"de den durchsichtigen Körpern alle Materie, oder wenig"stens allen Zusammenhang benehmen." Diesen sehr starken Einwurf gegen das Emissionssystem kan ich durch keine befriedigende Antwort heben. Newton erklärt freylich die Durchsichtigkeit nicht aus der geradlinigten Anordnung der Zwischenräume, sondern aus der gleichförmigen Dichtigkeit und Anziehung der Theile, s. Durchsiwtigkeit. Es bleibt doch aber immer wahr, daß materielles Licht nicht durch die undurchdringliche Matere selbst gehen kan.

Vielleicht ist das einzige, was sich hierauf antworten läßt, dieses, daß nicht überall da Continuität ist, wo wir dergleichen zu sehen glauben, s. Stetigkeit. Uns scheint freylich ein Glaswürfel rc. in allen Punkten und nach allen Richtungen durchsichtig; vielleicht aber mag er es nur in sehr vielen seyn. Stellen, an denen er kein Licht durchläßt, bemerken wir zwar nicht; sie können aber eben sowohl vorhanden seyn, als die Zwischenräume, die die Wärme durchlassen, und die wir eben so wenig bemerken. Auch lassen durchsichtige Körper nie alles Licht durch, sie schwächen dasselbe vielmehr beträchtlich, wie schon bey dem Worte: Duchsichtigkeit, angeführt worden ist. Wie Bos-


ganz kleine Zeit zwiſchen der Ausſendung zweyer in eben demſelben Strale ſich folgender Lichttheilchen annehmen, z. B. (1/150) einer Secunde, welches zur ununterbrochnen Empfindung des Lichts im Auge uͤberfluͤßig hinreichend iſt, ſo ſind die naͤchſten Theilchen bey ihrer großen Geſchwindigkeit viele tauſend Meilen hinter einander, und laſſen Platz genug fuͤr Millionen andere, welche zwiſchen ihnen hindurch gehen koͤnnen.

”Endlich koͤnnten materielle Stralen die durchſichti”gen Koͤrper nicht anders, als in geradlinigten Gaͤngen ”durchdringen. Denkt man ſich aber ſolche Gaͤnge in ei”nem Koͤrper an allen Orten und nach allen Richtungen, ”ſo bleibt kein Ort uͤbrig, in welchen man die undurchdring”liche Materie deſſelben ſtellen kan. Ein ſolcher Bau wuͤr”de den durchſichtigen Koͤrpern alle Materie, oder wenig”ſtens allen Zuſammenhang benehmen.“ Dieſen ſehr ſtarken Einwurf gegen das Emiſſionsſyſtem kan ich durch keine befriedigende Antwort heben. Newton erklaͤrt freylich die Durchſichtigkeit nicht aus der geradlinigten Anordnung der Zwiſchenraͤume, ſondern aus der gleichfoͤrmigen Dichtigkeit und Anziehung der Theile, ſ. Durchſiwtigkeit. Es bleibt doch aber immer wahr, daß materielles Licht nicht durch die undurchdringliche Matere ſelbſt gehen kan.

Vielleicht iſt das einzige, was ſich hierauf antworten laͤßt, dieſes, daß nicht uͤberall da Continuitaͤt iſt, wo wir dergleichen zu ſehen glauben, ſ. Stetigkeit. Uns ſcheint freylich ein Glaswuͤrfel rc. in allen Punkten und nach allen Richtungen durchſichtig; vielleicht aber mag er es nur in ſehr vielen ſeyn. Stellen, an denen er kein Licht durchlaͤßt, bemerken wir zwar nicht; ſie koͤnnen aber eben ſowohl vorhanden ſeyn, als die Zwiſchenraͤume, die die Waͤrme durchlaſſen, und die wir eben ſo wenig bemerken. Auch laſſen durchſichtige Koͤrper nie alles Licht durch, ſie ſchwaͤchen daſſelbe vielmehr betraͤchtlich, wie ſchon bey dem Worte: Duchſichtigkeit, angefuͤhrt worden iſt. Wie Boſ-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0902" xml:id="P.2.896" n="896"/><lb/>
ganz kleine Zeit zwi&#x017F;chen der Aus&#x017F;endung zweyer in eben dem&#x017F;elben Strale &#x017F;ich folgender Lichttheilchen annehmen, z. B. (1/150) einer Secunde, welches zur ununterbrochnen Empfindung des Lichts im Auge u&#x0364;berflu&#x0364;ßig hinreichend i&#x017F;t, &#x017F;o &#x017F;ind die na&#x0364;ch&#x017F;ten Theilchen bey ihrer großen Ge&#x017F;chwindigkeit viele tau&#x017F;end Meilen hinter einander, und la&#x017F;&#x017F;en Platz genug fu&#x0364;r Millionen andere, welche zwi&#x017F;chen ihnen hindurch gehen ko&#x0364;nnen.</p>
            <p>&#x201D;Endlich ko&#x0364;nnten materielle Stralen die <hi rendition="#b">durch&#x017F;ichti&#x201D;gen Ko&#x0364;rper</hi> nicht anders, als in geradlinigten Ga&#x0364;ngen &#x201D;durchdringen. Denkt man &#x017F;ich aber &#x017F;olche Ga&#x0364;nge in ei&#x201D;nem Ko&#x0364;rper an allen Orten und nach allen Richtungen, &#x201D;&#x017F;o bleibt kein Ort u&#x0364;brig, in welchen man die undurchdring&#x201D;liche Materie de&#x017F;&#x017F;elben &#x017F;tellen kan. Ein &#x017F;olcher Bau wu&#x0364;r&#x201D;de den durch&#x017F;ichtigen Ko&#x0364;rpern alle Materie, oder wenig&#x201D;&#x017F;tens allen Zu&#x017F;ammenhang benehmen.&#x201C; Die&#x017F;en &#x017F;ehr &#x017F;tarken Einwurf gegen das Emi&#x017F;&#x017F;ions&#x017F;y&#x017F;tem kan ich durch keine befriedigende Antwort heben. <hi rendition="#b">Newton</hi> erkla&#x0364;rt freylich die Durch&#x017F;ichtigkeit nicht aus der geradlinigten Anordnung der Zwi&#x017F;chenra&#x0364;ume, &#x017F;ondern aus der gleichfo&#x0364;rmigen Dichtigkeit und Anziehung der Theile, <hi rendition="#b">&#x017F;. Durch&#x017F;iwtigkeit.</hi> Es bleibt doch aber immer wahr, daß materielles Licht nicht durch die undurchdringliche Matere &#x017F;elb&#x017F;t gehen kan.</p>
            <p>Vielleicht i&#x017F;t das einzige, was &#x017F;ich hierauf antworten la&#x0364;ßt, die&#x017F;es, daß nicht u&#x0364;berall da Continuita&#x0364;t i&#x017F;t, wo wir dergleichen zu &#x017F;ehen glauben, <hi rendition="#b">&#x017F;. Stetigkeit.</hi> Uns &#x017F;cheint freylich ein Glaswu&#x0364;rfel rc. in <hi rendition="#b">allen</hi> Punkten und nach <hi rendition="#b">allen</hi> Richtungen durch&#x017F;ichtig; vielleicht aber mag er es nur in <hi rendition="#b">&#x017F;ehr vielen</hi> &#x017F;eyn. Stellen, an denen er kein Licht durchla&#x0364;ßt, bemerken wir zwar nicht; &#x017F;ie ko&#x0364;nnen aber eben &#x017F;owohl vorhanden &#x017F;eyn, als die Zwi&#x017F;chenra&#x0364;ume, die die Wa&#x0364;rme durchla&#x017F;&#x017F;en, und die wir eben &#x017F;o wenig bemerken. Auch la&#x017F;&#x017F;en durch&#x017F;ichtige Ko&#x0364;rper nie alles Licht durch, &#x017F;ie &#x017F;chwa&#x0364;chen da&#x017F;&#x017F;elbe vielmehr betra&#x0364;chtlich, wie &#x017F;chon bey dem Worte: <hi rendition="#b">Duch&#x017F;ichtigkeit,</hi> angefu&#x0364;hrt worden i&#x017F;t. Wie <hi rendition="#b">Bo&#x017F;-<lb/></hi></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[896/0902] ganz kleine Zeit zwiſchen der Ausſendung zweyer in eben demſelben Strale ſich folgender Lichttheilchen annehmen, z. B. (1/150) einer Secunde, welches zur ununterbrochnen Empfindung des Lichts im Auge uͤberfluͤßig hinreichend iſt, ſo ſind die naͤchſten Theilchen bey ihrer großen Geſchwindigkeit viele tauſend Meilen hinter einander, und laſſen Platz genug fuͤr Millionen andere, welche zwiſchen ihnen hindurch gehen koͤnnen. ”Endlich koͤnnten materielle Stralen die durchſichti”gen Koͤrper nicht anders, als in geradlinigten Gaͤngen ”durchdringen. Denkt man ſich aber ſolche Gaͤnge in ei”nem Koͤrper an allen Orten und nach allen Richtungen, ”ſo bleibt kein Ort uͤbrig, in welchen man die undurchdring”liche Materie deſſelben ſtellen kan. Ein ſolcher Bau wuͤr”de den durchſichtigen Koͤrpern alle Materie, oder wenig”ſtens allen Zuſammenhang benehmen.“ Dieſen ſehr ſtarken Einwurf gegen das Emiſſionsſyſtem kan ich durch keine befriedigende Antwort heben. Newton erklaͤrt freylich die Durchſichtigkeit nicht aus der geradlinigten Anordnung der Zwiſchenraͤume, ſondern aus der gleichfoͤrmigen Dichtigkeit und Anziehung der Theile, ſ. Durchſiwtigkeit. Es bleibt doch aber immer wahr, daß materielles Licht nicht durch die undurchdringliche Matere ſelbſt gehen kan. Vielleicht iſt das einzige, was ſich hierauf antworten laͤßt, dieſes, daß nicht uͤberall da Continuitaͤt iſt, wo wir dergleichen zu ſehen glauben, ſ. Stetigkeit. Uns ſcheint freylich ein Glaswuͤrfel rc. in allen Punkten und nach allen Richtungen durchſichtig; vielleicht aber mag er es nur in ſehr vielen ſeyn. Stellen, an denen er kein Licht durchlaͤßt, bemerken wir zwar nicht; ſie koͤnnen aber eben ſowohl vorhanden ſeyn, als die Zwiſchenraͤume, die die Waͤrme durchlaſſen, und die wir eben ſo wenig bemerken. Auch laſſen durchſichtige Koͤrper nie alles Licht durch, ſie ſchwaͤchen daſſelbe vielmehr betraͤchtlich, wie ſchon bey dem Worte: Duchſichtigkeit, angefuͤhrt worden iſt. Wie Boſ-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/902
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 896. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/902>, abgerufen am 30.04.2024.