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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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Zustande armirt oder gewafnet. Will man die Stärke der Anziehung durch angehangne Gewichte bestimmen, so wird an die hervorstehenden Füße, welche auch die künstlichen Pole heissen, ein eiserner Stab, der Anker, angebracht, der mit seiner platten Seite an die Füße anschließt, und unten mit einem Haken zum Anhängen der Gewichte versehen ist.

Durch diese Armatur wird die Kraft der Magnete ansehnlich verstärkt. Wolf (Nützliche Versuche, Th. III. Cap. 4. §. 35.) führt aus Mersenne und de Lanis Beyspiele an, daß armirte Magnete 16 bis 40, ja bis 320 mal mehr Gewicht trugen, als sie ohne Armatur halten konnten.

Das Vermögen der Magnete hängt gar nicht von ihrer Größe ab. Man findet deren, die nicht über 20 bis 30 Gran wiegen, und doch ein 40 bis 50 mal stärkeres Gewicht tragen. Cavallo sahe einen, der nicht mehr als 7 Gran wog, und doch 300 Gran aufzog. Große Magnete von 2 Pfund hingegen ziehen selten mehr, als ihr zehnsaches Gewicht. Oft zieht ein kleines Stück, aus einem großen natürlichen Magnet herausgeschnitten, mehr, als der ganze große Stein, welches von den heterogenen Theilen des letztern herrührt.

Die magnetische Anziehung wird nicht geschwächt, wenn man gleich zwischen den Magnet und den angezognen Körper ein Zwischenmittel bringt, wofern nur dasselbe nicht Eisen oder eisenhaltig ist. So wirkt der Magnet frey und ungeschwächt durch Holz, Glas, Messing u. dgl. auch durch den luftleeren Raum. Diese merkwürdige Eigenschaft macht den Magnet, weil man ihn so leicht verbergen kan, zu einer Menge von belustigenden Täuschungen und Taschenspielerkünsten geschickt. Nähnadeln auf einem Tische scheinen sich von selbst zu bewegen, wenn man einen in der Hand verborgnen Magnet unter dem Tischblatte herumführt; und wenn im Ende eines hölzernen Stabs ein Magnet versteckt ist, so kan man Körper, die auf dem Wasser schwimmen, damit nach Gefallen lenken, wenn sie nur etwas


Zuſtande armirt oder gewafnet. Will man die Staͤrke der Anziehung durch angehangne Gewichte beſtimmen, ſo wird an die hervorſtehenden Fuͤße, welche auch die kuͤnſtlichen Pole heiſſen, ein eiſerner Stab, der Anker, angebracht, der mit ſeiner platten Seite an die Fuͤße anſchließt, und unten mit einem Haken zum Anhaͤngen der Gewichte verſehen iſt.

Durch dieſe Armatur wird die Kraft der Magnete anſehnlich verſtaͤrkt. Wolf (Nuͤtzliche Verſuche, Th. III. Cap. 4. §. 35.) fuͤhrt aus Merſenne und de Lanis Beyſpiele an, daß armirte Magnete 16 bis 40, ja bis 320 mal mehr Gewicht trugen, als ſie ohne Armatur halten konnten.

Das Vermoͤgen der Magnete haͤngt gar nicht von ihrer Groͤße ab. Man findet deren, die nicht uͤber 20 bis 30 Gran wiegen, und doch ein 40 bis 50 mal ſtaͤrkeres Gewicht tragen. Cavallo ſahe einen, der nicht mehr als 7 Gran wog, und doch 300 Gran aufzog. Große Magnete von 2 Pfund hingegen ziehen ſelten mehr, als ihr zehnſaches Gewicht. Oft zieht ein kleines Stuͤck, aus einem großen natuͤrlichen Magnet herausgeſchnitten, mehr, als der ganze große Stein, welches von den heterogenen Theilen des letztern herruͤhrt.

Die magnetiſche Anziehung wird nicht geſchwaͤcht, wenn man gleich zwiſchen den Magnet und den angezognen Koͤrper ein Zwiſchenmittel bringt, wofern nur daſſelbe nicht Eiſen oder eiſenhaltig iſt. So wirkt der Magnet frey und ungeſchwaͤcht durch Holz, Glas, Meſſing u. dgl. auch durch den luftleeren Raum. Dieſe merkwuͤrdige Eigenſchaft macht den Magnet, weil man ihn ſo leicht verbergen kan, zu einer Menge von beluſtigenden Taͤuſchungen und Taſchenſpielerkuͤnſten geſchickt. Naͤhnadeln auf einem Tiſche ſcheinen ſich von ſelbſt zu bewegen, wenn man einen in der Hand verborgnen Magnet unter dem Tiſchblatte herumfuͤhrt; und wenn im Ende eines hoͤlzernen Stabs ein Magnet verſteckt iſt, ſo kan man Koͤrper, die auf dem Waſſer ſchwimmen, damit nach Gefallen lenken, wenn ſie nur etwas

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[97/0103] Zuſtande armirt oder gewafnet. Will man die Staͤrke der Anziehung durch angehangne Gewichte beſtimmen, ſo wird an die hervorſtehenden Fuͤße, welche auch die kuͤnſtlichen Pole heiſſen, ein eiſerner Stab, der Anker, angebracht, der mit ſeiner platten Seite an die Fuͤße anſchließt, und unten mit einem Haken zum Anhaͤngen der Gewichte verſehen iſt. Durch dieſe Armatur wird die Kraft der Magnete anſehnlich verſtaͤrkt. Wolf (Nuͤtzliche Verſuche, Th. III. Cap. 4. §. 35.) fuͤhrt aus Merſenne und de Lanis Beyſpiele an, daß armirte Magnete 16 bis 40, ja bis 320 mal mehr Gewicht trugen, als ſie ohne Armatur halten konnten. Das Vermoͤgen der Magnete haͤngt gar nicht von ihrer Groͤße ab. Man findet deren, die nicht uͤber 20 bis 30 Gran wiegen, und doch ein 40 bis 50 mal ſtaͤrkeres Gewicht tragen. Cavallo ſahe einen, der nicht mehr als 7 Gran wog, und doch 300 Gran aufzog. Große Magnete von 2 Pfund hingegen ziehen ſelten mehr, als ihr zehnſaches Gewicht. Oft zieht ein kleines Stuͤck, aus einem großen natuͤrlichen Magnet herausgeſchnitten, mehr, als der ganze große Stein, welches von den heterogenen Theilen des letztern herruͤhrt. Die magnetiſche Anziehung wird nicht geſchwaͤcht, wenn man gleich zwiſchen den Magnet und den angezognen Koͤrper ein Zwiſchenmittel bringt, wofern nur daſſelbe nicht Eiſen oder eiſenhaltig iſt. So wirkt der Magnet frey und ungeſchwaͤcht durch Holz, Glas, Meſſing u. dgl. auch durch den luftleeren Raum. Dieſe merkwuͤrdige Eigenſchaft macht den Magnet, weil man ihn ſo leicht verbergen kan, zu einer Menge von beluſtigenden Taͤuſchungen und Taſchenſpielerkuͤnſten geſchickt. Naͤhnadeln auf einem Tiſche ſcheinen ſich von ſelbſt zu bewegen, wenn man einen in der Hand verborgnen Magnet unter dem Tiſchblatte herumfuͤhrt; und wenn im Ende eines hoͤlzernen Stabs ein Magnet verſteckt iſt, ſo kan man Koͤrper, die auf dem Waſſer ſchwimmen, damit nach Gefallen lenken, wenn ſie nur etwas

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/103>, abgerufen am 28.04.2024.