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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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Bewegungen in widerstehenden Mitteln. In der Vorrebe seines Werks unterscheidet er die höhere Mechanik (Mechanicam rationalem s. scientiam motuum et virium) ausdrücklich von der gemeinen oder der Maschinenlehre (Mechanica practica s. scientia potentiarum ad artes manuales spectantium), und man hat seitdem diesen Unterschied genau zu beobachten fortgefahren.

Von dieser Zeit an ward die höhere Mechanik mit Hülfe der Rechnung des Unendlichen immer ansehnlicher erweitert. Man pflegte sich damals Aufgaben vorzulegen, an deren Auflösung die Mathematiker ihre Geschicklichkeit zeigen, und die Stärke ihrer Methoden prüfen konnten. Dahin gehören die mechanischen Probleme von den isochronischen Curven, der Kettenlinie, der elastischen Curve, der Linie des kürzesten Falles, der Figur des kleinsten Widerftandes u. a., woran Huygens, Leibnitz, Jacob und Johann Bernoulli, de l'Hopital, Fatio de Duillier, Saurin u. a. ihre Kräfte geübt, und dabey manche nützliche Methoden und Lehrsätze gefunden haben.

Hermann (Phoronomia s. de viribus et motibus solidorum et fluidorum libri II. Amst. 1716. 4.) trägt die Lehren der höhern Mechanik synthetisch, Euler hingegen (Mechanica, s. motus scientia analytice pertractata. Petrop. 1736. II. To. 4. maj. und Theoria motus corporum solidorum s. rigidorum. Rostoch. et Gryphisw. 1765.4.) analytisch vor. D'Alembert (Traite de Dynamique. a Paris, 1743.4.) stellt eine sehr scharfe Prüfung der Gründe an, auf welchen das ganze Gebäude der Mechanik beruht, und sucht dieselben mehr aufzuklären und schärfer zu erweisen. Einen ähnlichen Versuch hat auch Lambert gemacht (Gedanken über die Grundlehren des Gleichgewichts und der Bewegung, in den Beyträgen zum Gebrauch der Mathematik, II. Theil, Berlin, 1770. 8. Num. 11.). Kürzere Einleitungen in diese Wissenschaft haben die Herren Kästner (Anfangsgründe der höhern Mechanik. Götting. 1766. 8.) vorzüglich aus Eulers und Joh. Bernoullis Werken, und Rarsten (Lehrbegrif der gesammten Mathematik, im 3ten und 4ten Theile) mit schönen Anwendungen auf das Maschinenwesen


Bewegungen in widerſtehenden Mitteln. In der Vorrebe ſeines Werks unterſcheidet er die hoͤhere Mechanik (Mechanicam rationalem ſ. ſcientiam motuum et virium) ausdruͤcklich von der gemeinen oder der Maſchinenlehre (Mechanica practica ſ. ſcientia potentiarum ad artes manuales ſpectantium), und man hat ſeitdem dieſen Unterſchied genau zu beobachten fortgefahren.

Von dieſer Zeit an ward die hoͤhere Mechanik mit Huͤlfe der Rechnung des Unendlichen immer anſehnlicher erweitert. Man pflegte ſich damals Aufgaben vorzulegen, an deren Aufloͤſung die Mathematiker ihre Geſchicklichkeit zeigen, und die Staͤrke ihrer Methoden pruͤfen konnten. Dahin gehoͤren die mechaniſchen Probleme von den iſochroniſchen Curven, der Kettenlinie, der elaſtiſchen Curve, der Linie des kuͤrzeſten Falles, der Figur des kleinſten Widerftandes u. a., woran Huygens, Leibnitz, Jacob und Johann Bernoulli, de l'Hopital, Fatio de Duillier, Saurin u. a. ihre Kraͤfte geuͤbt, und dabey manche nuͤtzliche Methoden und Lehrſaͤtze gefunden haben.

Hermann (Phoronomia ſ. de viribus et motibus ſolidorum et fluidorum libri II. Amſt. 1716. 4.) traͤgt die Lehren der hoͤhern Mechanik ſynthetiſch, Euler hingegen (Mechanica, ſ. motus ſcientia analytice pertractata. Petrop. 1736. II. To. 4. maj. und Theoria motus corporum ſolidorum ſ. rigidorum. Roſtoch. et Gryphisw. 1765.4.) analytiſch vor. D'Alembert (Traité de Dynamique. à Paris, 1743.4.) ſtellt eine ſehr ſcharfe Pruͤfung der Gruͤnde an, auf welchen das ganze Gebaͤude der Mechanik beruht, und ſucht dieſelben mehr aufzuklaͤren und ſchaͤrfer zu erweiſen. Einen aͤhnlichen Verſuch hat auch Lambert gemacht (Gedanken uͤber die Grundlehren des Gleichgewichts und der Bewegung, in den Beytraͤgen zum Gebrauch der Mathematik, II. Theil, Berlin, 1770. 8. Num. 11.). Kuͤrzere Einleitungen in dieſe Wiſſenſchaft haben die Herren Kaͤſtner (Anfangsgruͤnde der hoͤhern Mechanik. Goͤtting. 1766. 8.) vorzuͤglich aus Eulers und Joh. Bernoullis Werken, und Rarſten (Lehrbegrif der geſammten Mathematik, im 3ten und 4ten Theile) mit ſchoͤnen Anwendungen auf das Maſchinenweſen

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[172/0178] Bewegungen in widerſtehenden Mitteln. In der Vorrebe ſeines Werks unterſcheidet er die hoͤhere Mechanik (Mechanicam rationalem ſ. ſcientiam motuum et virium) ausdruͤcklich von der gemeinen oder der Maſchinenlehre (Mechanica practica ſ. ſcientia potentiarum ad artes manuales ſpectantium), und man hat ſeitdem dieſen Unterſchied genau zu beobachten fortgefahren. Von dieſer Zeit an ward die hoͤhere Mechanik mit Huͤlfe der Rechnung des Unendlichen immer anſehnlicher erweitert. Man pflegte ſich damals Aufgaben vorzulegen, an deren Aufloͤſung die Mathematiker ihre Geſchicklichkeit zeigen, und die Staͤrke ihrer Methoden pruͤfen konnten. Dahin gehoͤren die mechaniſchen Probleme von den iſochroniſchen Curven, der Kettenlinie, der elaſtiſchen Curve, der Linie des kuͤrzeſten Falles, der Figur des kleinſten Widerftandes u. a., woran Huygens, Leibnitz, Jacob und Johann Bernoulli, de l'Hopital, Fatio de Duillier, Saurin u. a. ihre Kraͤfte geuͤbt, und dabey manche nuͤtzliche Methoden und Lehrſaͤtze gefunden haben. Hermann (Phoronomia ſ. de viribus et motibus ſolidorum et fluidorum libri II. Amſt. 1716. 4.) traͤgt die Lehren der hoͤhern Mechanik ſynthetiſch, Euler hingegen (Mechanica, ſ. motus ſcientia analytice pertractata. Petrop. 1736. II. To. 4. maj. und Theoria motus corporum ſolidorum ſ. rigidorum. Roſtoch. et Gryphisw. 1765.4.) analytiſch vor. D'Alembert (Traité de Dynamique. à Paris, 1743.4.) ſtellt eine ſehr ſcharfe Pruͤfung der Gruͤnde an, auf welchen das ganze Gebaͤude der Mechanik beruht, und ſucht dieſelben mehr aufzuklaͤren und ſchaͤrfer zu erweiſen. Einen aͤhnlichen Verſuch hat auch Lambert gemacht (Gedanken uͤber die Grundlehren des Gleichgewichts und der Bewegung, in den Beytraͤgen zum Gebrauch der Mathematik, II. Theil, Berlin, 1770. 8. Num. 11.). Kuͤrzere Einleitungen in dieſe Wiſſenſchaft haben die Herren Kaͤſtner (Anfangsgruͤnde der hoͤhern Mechanik. Goͤtting. 1766. 8.) vorzuͤglich aus Eulers und Joh. Bernoullis Werken, und Rarſten (Lehrbegrif der geſammten Mathematik, im 3ten und 4ten Theile) mit ſchoͤnen Anwendungen auf das Maſchinenweſen

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/178>, abgerufen am 28.04.2024.