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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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§. 31. Der Monarch.
aussetzung dafür, dass der neue Monarch die in seinem
Berufe liegenden Rechte auch persönlich ausübe, ist die,
dass er das Alter der Thronmündigkeit erreicht habe,
welches jetzt meistens auf die Vollendung des acht-
zehnten Lebensjahrs bestimmt ist.3

Die rechtliche Bedeutung der Thronfolge besteht
darin, dass das monarchische Organ des Staats nunmehr
einen neuen persönlichen Träger erhalten hat. Der
Staat selbst und sein Recht wird durch diesen Personen-
wechsel nicht berührt.4 Daher ist gar kein Grund vor-
handen, aus Anlass dieses Ereignisses die Frage auf-
zuwerfen, ob das, was bisher rechtmässig bestanden
hat, auch ferner als zu recht bestehend gelten müsse,
oder, wie man sich gewöhnlich ausdrückt, ob der
Regierungsnachfolger die Regierungshandlungen seines
Vorgängers anerkennen müsse. Schon die Erhebung
einer solchen Frage im heutigen Staatsrechte würde
einen Grundirrthum voraussetzen; nur im älteren deut-
schen Staatsrechte erschien sie möglich, weil man sich
die Stellung des Landesfürsten damals mehr als die
des Subjectes eines Vermögenskreises dachte, welche auf

siehe richtig Held, System des Verfassungsrechts II., S. 272.
Note 2. und S. 295. Note 1.
3 Siehe die Nachweise bei Zachariä a. a. O. S. 366 flg. und
Kraut, die Vormundschaft, 3. Bd. S. 156. Schon die goldene
Bulle VII. 4. hatte das 18. Jahr. Einzelne Verfassungsurkunden
haben das 21. Jahr. Fehlt es an einer Bestimmung, so wird der
allgemeine landesgesetzliche Volljährigkeitstermin auch für die
Regierungsmündigkeit gelten müssen.
4 Meine Schrift über öffentliche Rechte, S. 68., und meine
Abhandlung in Aegidi's Zeitschrift für deutsches Staatsrecht,
Bd. 1. S. 11 flg.

§. 31. Der Monarch.
aussetzung dafür, dass der neue Monarch die in seinem
Berufe liegenden Rechte auch persönlich ausübe, ist die,
dass er das Alter der Thronmündigkeit erreicht habe,
welches jetzt meistens auf die Vollendung des acht-
zehnten Lebensjahrs bestimmt ist.3

Die rechtliche Bedeutung der Thronfolge besteht
darin, dass das monarchische Organ des Staats nunmehr
einen neuen persönlichen Träger erhalten hat. Der
Staat selbst und sein Recht wird durch diesen Personen-
wechsel nicht berührt.4 Daher ist gar kein Grund vor-
handen, aus Anlass dieses Ereignisses die Frage auf-
zuwerfen, ob das, was bisher rechtmässig bestanden
hat, auch ferner als zu recht bestehend gelten müsse,
oder, wie man sich gewöhnlich ausdrückt, ob der
Regierungsnachfolger die Regierungshandlungen seines
Vorgängers anerkennen müsse. Schon die Erhebung
einer solchen Frage im heutigen Staatsrechte würde
einen Grundirrthum voraussetzen; nur im älteren deut-
schen Staatsrechte erschien sie möglich, weil man sich
die Stellung des Landesfürsten damals mehr als die
des Subjectes eines Vermögenskreises dachte, welche auf

siehe richtig Held, System des Verfassungsrechts II., S. 272.
Note 2. und S. 295. Note 1.
3 Siehe die Nachweise bei Zachariä a. a. O. S. 366 flg. und
Kraut, die Vormundschaft, 3. Bd. S. 156. Schon die goldene
Bulle VII. 4. hatte das 18. Jahr. Einzelne Verfassungsurkunden
haben das 21. Jahr. Fehlt es an einer Bestimmung, so wird der
allgemeine landesgesetzliche Volljährigkeitstermin auch für die
Regierungsmündigkeit gelten müssen.
4 Meine Schrift über öffentliche Rechte, S. 68., und meine
Abhandlung in Aegidi’s Zeitschrift für deutsches Staatsrecht,
Bd. 1. S. 11 flg.
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[91/0109] §. 31. Der Monarch. aussetzung dafür, dass der neue Monarch die in seinem Berufe liegenden Rechte auch persönlich ausübe, ist die, dass er das Alter der Thronmündigkeit erreicht habe, welches jetzt meistens auf die Vollendung des acht- zehnten Lebensjahrs bestimmt ist. 3 Die rechtliche Bedeutung der Thronfolge besteht darin, dass das monarchische Organ des Staats nunmehr einen neuen persönlichen Träger erhalten hat. Der Staat selbst und sein Recht wird durch diesen Personen- wechsel nicht berührt. 4 Daher ist gar kein Grund vor- handen, aus Anlass dieses Ereignisses die Frage auf- zuwerfen, ob das, was bisher rechtmässig bestanden hat, auch ferner als zu recht bestehend gelten müsse, oder, wie man sich gewöhnlich ausdrückt, ob der Regierungsnachfolger die Regierungshandlungen seines Vorgängers anerkennen müsse. Schon die Erhebung einer solchen Frage im heutigen Staatsrechte würde einen Grundirrthum voraussetzen; nur im älteren deut- schen Staatsrechte erschien sie möglich, weil man sich die Stellung des Landesfürsten damals mehr als die des Subjectes eines Vermögenskreises dachte, welche auf 2 3 Siehe die Nachweise bei Zachariä a. a. O. S. 366 flg. und Kraut, die Vormundschaft, 3. Bd. S. 156. Schon die goldene Bulle VII. 4. hatte das 18. Jahr. Einzelne Verfassungsurkunden haben das 21. Jahr. Fehlt es an einer Bestimmung, so wird der allgemeine landesgesetzliche Volljährigkeitstermin auch für die Regierungsmündigkeit gelten müssen. 4 Meine Schrift über öffentliche Rechte, S. 68., und meine Abhandlung in Aegidi’s Zeitschrift für deutsches Staatsrecht, Bd. 1. S. 11 flg. 2 siehe richtig Held, System des Verfassungsrechts II., S. 272. Note 2. und S. 295. Note 1.

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/109>, abgerufen am 30.04.2024.