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Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898.

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11. Kapitel. Aktive Abwehrmittel.
zu folgen, sicher abzukommen. Wahrlich hüben wie drüben sind
erforderlich Männer aus Stahl, eiserne Disziplin, kaltes Blut, lange
und gewissenhafte Uebung. -- Bei stillem Wetter und guter Be-
leuchtung hat man mit den Schnellladegeschützen große Erfolge erzielt.
Am geeignetsten zur Abwehr von Torpedobooten sind Kaliber von
5 bis 10 cm. Zwar hat man neuerdings die Leistungen auch kleinerer
Kaliber derart gesteigert, daß ihre Geschosse den Booten verderblich
werden; in der Hauptsache aber sind die Maschinengewehre wohl
mehr gegen die Besatzungen und die Torpedorohre wie gegen die
Bootskörper gerichtet.

8 cm-Geschosse durchschlagen die dünnen Decks, die Wände und
die Kohlenbunker der Boote. Mit Maschinengewehren gelingt es nicht,
ein Boot während seines Anlaufes zu vernichten. Dagegen ist es
wohl möglich, daß die Besatzung dem Feuer zum Opfer fällt und
der Angriff dadurch zum Stehen gebracht wird.

Moderne Schiffe sind mit Schnellladekanonen förmlich gespickt,
indessen sind nur die kleineren Kaliber zur Abwehr von Torpedo-
booten bestimmt, und es ist ein glühender Hagel, den Torpedoboote
zu erwarten haben, wenn sie ihren Angriff nicht unter für sie
günstigen Umständen fehlerfrei ansetzen.

Ein weiteres, oft zweischneidig genanntes Abwehrmittel bilden
die Scheinwerfer.

Bekanntlich sind dieses Leuchtapparate, welche mit Hülfe elek-
trischen Bogenlichtes und gewaltiger Parabolspiegel einen Lichtkegel
bis zur Stärke von 60 Millionen Normalkerzen zu erzeugen ver-
mögen. Die Apparate sind pivotirt und liegen in Schildzapfen, so daß
sie beliebig gerichtet werden können.

Es giebt zwei Methoden des Gebrauches. Entweder hält man
die nächste Umgebung der Schiffe dauernd unter Licht, oder man setzt
die Scheinwerfer erst dann in Thätigkeit, wenn die Abwehr, d. h. das
Schießen, beginnen soll.

Erstere Art birgt den Nachtheil, daß sie den Booten ohne
Weiteres den Ort und die Lage der Schiffe verräth, letztere bedingt
große Geschicklichkeit in der Handhabung, denn es ist schwerer, wie
es den Anschein hat, ein Boot unter Licht zu halten.

Ein Vortheil des ersteren Verfahrens ist es, daß die Boote
gesehen werden, sobald sie in den Lichtkreis, den sie passiren müssen,

11. Kapitel. Aktive Abwehrmittel.
zu folgen, ſicher abzukommen. Wahrlich hüben wie drüben ſind
erforderlich Männer aus Stahl, eiſerne Disziplin, kaltes Blut, lange
und gewiſſenhafte Uebung. — Bei ſtillem Wetter und guter Be-
leuchtung hat man mit den Schnellladegeſchützen große Erfolge erzielt.
Am geeignetſten zur Abwehr von Torpedobooten ſind Kaliber von
5 bis 10 cm. Zwar hat man neuerdings die Leiſtungen auch kleinerer
Kaliber derart geſteigert, daß ihre Geſchoſſe den Booten verderblich
werden; in der Hauptſache aber ſind die Maſchinengewehre wohl
mehr gegen die Beſatzungen und die Torpedorohre wie gegen die
Bootskörper gerichtet.

8 cm-Geſchoſſe durchſchlagen die dünnen Decks, die Wände und
die Kohlenbunker der Boote. Mit Maſchinengewehren gelingt es nicht,
ein Boot während ſeines Anlaufes zu vernichten. Dagegen iſt es
wohl möglich, daß die Beſatzung dem Feuer zum Opfer fällt und
der Angriff dadurch zum Stehen gebracht wird.

Moderne Schiffe ſind mit Schnellladekanonen förmlich geſpickt,
indeſſen ſind nur die kleineren Kaliber zur Abwehr von Torpedo-
booten beſtimmt, und es iſt ein glühender Hagel, den Torpedoboote
zu erwarten haben, wenn ſie ihren Angriff nicht unter für ſie
günſtigen Umſtänden fehlerfrei anſetzen.

Ein weiteres, oft zweiſchneidig genanntes Abwehrmittel bilden
die Scheinwerfer.

Bekanntlich ſind dieſes Leuchtapparate, welche mit Hülfe elek-
triſchen Bogenlichtes und gewaltiger Parabolſpiegel einen Lichtkegel
bis zur Stärke von 60 Millionen Normalkerzen zu erzeugen ver-
mögen. Die Apparate ſind pivotirt und liegen in Schildzapfen, ſo daß
ſie beliebig gerichtet werden können.

Es giebt zwei Methoden des Gebrauches. Entweder hält man
die nächſte Umgebung der Schiffe dauernd unter Licht, oder man ſetzt
die Scheinwerfer erſt dann in Thätigkeit, wenn die Abwehr, d. h. das
Schießen, beginnen ſoll.

Erſtere Art birgt den Nachtheil, daß ſie den Booten ohne
Weiteres den Ort und die Lage der Schiffe verräth, letztere bedingt
große Geſchicklichkeit in der Handhabung, denn es iſt ſchwerer, wie
es den Anſchein hat, ein Boot unter Licht zu halten.

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[87/0107] 11. Kapitel. Aktive Abwehrmittel. zu folgen, ſicher abzukommen. Wahrlich hüben wie drüben ſind erforderlich Männer aus Stahl, eiſerne Disziplin, kaltes Blut, lange und gewiſſenhafte Uebung. — Bei ſtillem Wetter und guter Be- leuchtung hat man mit den Schnellladegeſchützen große Erfolge erzielt. Am geeignetſten zur Abwehr von Torpedobooten ſind Kaliber von 5 bis 10 cm. Zwar hat man neuerdings die Leiſtungen auch kleinerer Kaliber derart geſteigert, daß ihre Geſchoſſe den Booten verderblich werden; in der Hauptſache aber ſind die Maſchinengewehre wohl mehr gegen die Beſatzungen und die Torpedorohre wie gegen die Bootskörper gerichtet. 8 cm-Geſchoſſe durchſchlagen die dünnen Decks, die Wände und die Kohlenbunker der Boote. Mit Maſchinengewehren gelingt es nicht, ein Boot während ſeines Anlaufes zu vernichten. Dagegen iſt es wohl möglich, daß die Beſatzung dem Feuer zum Opfer fällt und der Angriff dadurch zum Stehen gebracht wird. Moderne Schiffe ſind mit Schnellladekanonen förmlich geſpickt, indeſſen ſind nur die kleineren Kaliber zur Abwehr von Torpedo- booten beſtimmt, und es iſt ein glühender Hagel, den Torpedoboote zu erwarten haben, wenn ſie ihren Angriff nicht unter für ſie günſtigen Umſtänden fehlerfrei anſetzen. Ein weiteres, oft zweiſchneidig genanntes Abwehrmittel bilden die Scheinwerfer. Bekanntlich ſind dieſes Leuchtapparate, welche mit Hülfe elek- triſchen Bogenlichtes und gewaltiger Parabolſpiegel einen Lichtkegel bis zur Stärke von 60 Millionen Normalkerzen zu erzeugen ver- mögen. Die Apparate ſind pivotirt und liegen in Schildzapfen, ſo daß ſie beliebig gerichtet werden können. Es giebt zwei Methoden des Gebrauches. Entweder hält man die nächſte Umgebung der Schiffe dauernd unter Licht, oder man ſetzt die Scheinwerfer erſt dann in Thätigkeit, wenn die Abwehr, d. h. das Schießen, beginnen ſoll. Erſtere Art birgt den Nachtheil, daß ſie den Booten ohne Weiteres den Ort und die Lage der Schiffe verräth, letztere bedingt große Geſchicklichkeit in der Handhabung, denn es iſt ſchwerer, wie es den Anſchein hat, ein Boot unter Licht zu halten. Ein Vortheil des erſteren Verfahrens iſt es, daß die Boote geſehen werden, ſobald ſie in den Lichtkreis, den ſie paſſiren müſſen,

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Zitationshilfe: Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gercke_torpedowaffe_1898/107>, abgerufen am 29.04.2024.