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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789.

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men, hinterlassen. Denn bey der allerersten
Sammlung der Gewächse ließen sie sich so, wie
von allen übrigen Naturkörpern, nach der Gewohn-
heit ihres Zeitalters vorher den Nutzen und Ge-
brauch davon zu entdecken am meisten angelegen
seyn, ehe sie die Dinge, von welchen die Rede
seyn sollte, hinreichend kannten. Diejenige kör-
perlich- organische Hauptnaturklasse, von denen im
eigentlichen Verstande, in Vergleichung mit den
Thieren, zwar sinnlosen, aber doch lebendigen Ge-
schöpfen, die wir Gewächse (vegetabilia) zu nennen
gewohnt sind, hat bey ihrer allerersten Bestimmung
ein allgemeines Gesetz, und ein ihnen eigenes ge-
setzmäßiges Vermögen ihrer Vermehrung und Fort-
pflanzungsart erhalten; nach diesem sollten die Ge-
wächse, einen jeder Art besonders eigenen frucht-
baren Saamen, dergleichen sie dem Stoffe nach
zu einen gewissen Zeitpunkte in und bey sich haben
und ausbilden können, nach Art der Thiere in sich selbst
hervorbringen, wie es denn auch geschiehet. Die-
ses
, von jenem allermerkwürdigsten Zeitpunkte an,
nun unveränderliche Naturgesetz, in welchem es,
wie sich der Ritter von Linne darüber ausdrückt,
arte divina zuerst gegründet wurde, gehet über all
und dergestalt in seine eigene Erfüllung, daß seit
dieser Zeit nicht nur alle ganz neue Erzeugung von
Gewächsarten überflüßig seyn muß, sondern auch
so zu sagen, allen wirklichen Ausartungen der Ge-
schlechter und ihren Gattungen unter den Gewäch-

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men, hinterlaſſen. Denn bey der allererſten
Sammlung der Gewaͤchſe ließen ſie ſich ſo, wie
von allen uͤbrigen Naturkoͤrpern, nach der Gewohn-
heit ihres Zeitalters vorher den Nutzen und Ge-
brauch davon zu entdecken am meiſten angelegen
ſeyn, ehe ſie die Dinge, von welchen die Rede
ſeyn ſollte, hinreichend kannten. Diejenige koͤr-
perlich- organiſche Hauptnaturklaſſe, von denen im
eigentlichen Verſtande, in Vergleichung mit den
Thieren, zwar ſinnloſen, aber doch lebendigen Ge-
ſchoͤpfen, die wir Gewaͤchſe (vegetabilia) zu nennen
gewohnt ſind, hat bey ihrer allererſten Beſtimmung
ein allgemeines Geſetz, und ein ihnen eigenes ge-
ſetzmaͤßiges Vermoͤgen ihrer Vermehrung und Fort-
pflanzungsart erhalten; nach dieſem ſollten die Ge-
waͤchſe, einen jeder Art beſonders eigenen frucht-
baren Saamen, dergleichen ſie dem Stoffe nach
zu einen gewiſſen Zeitpunkte in und bey ſich haben
und ausbilden koͤnnen, nach Art der Thiere in ſich ſelbſt
hervorbringen, wie es denn auch geſchiehet. Die-
ſes
, von jenem allermerkwuͤrdigſten Zeitpunkte an,
nun unveraͤnderliche Naturgeſetz, in welchem es,
wie ſich der Ritter von Linné daruͤber ausdruͤckt,
arte divina zuerſt gegruͤndet wurde, gehet uͤber all
und dergeſtalt in ſeine eigene Erfuͤllung, daß ſeit
dieſer Zeit nicht nur alle ganz neue Erzeugung von
Gewaͤchsarten uͤberfluͤßig ſeyn muß, ſondern auch
ſo zu ſagen, allen wirklichen Ausartungen der Ge-
ſchlechter und ihren Gattungen unter den Gewaͤch-

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[201/0213] men, hinterlaſſen. Denn bey der allererſten Sammlung der Gewaͤchſe ließen ſie ſich ſo, wie von allen uͤbrigen Naturkoͤrpern, nach der Gewohn- heit ihres Zeitalters vorher den Nutzen und Ge- brauch davon zu entdecken am meiſten angelegen ſeyn, ehe ſie die Dinge, von welchen die Rede ſeyn ſollte, hinreichend kannten. Diejenige koͤr- perlich- organiſche Hauptnaturklaſſe, von denen im eigentlichen Verſtande, in Vergleichung mit den Thieren, zwar ſinnloſen, aber doch lebendigen Ge- ſchoͤpfen, die wir Gewaͤchſe (vegetabilia) zu nennen gewohnt ſind, hat bey ihrer allererſten Beſtimmung ein allgemeines Geſetz, und ein ihnen eigenes ge- ſetzmaͤßiges Vermoͤgen ihrer Vermehrung und Fort- pflanzungsart erhalten; nach dieſem ſollten die Ge- waͤchſe, einen jeder Art beſonders eigenen frucht- baren Saamen, dergleichen ſie dem Stoffe nach zu einen gewiſſen Zeitpunkte in und bey ſich haben und ausbilden koͤnnen, nach Art der Thiere in ſich ſelbſt hervorbringen, wie es denn auch geſchiehet. Die- ſes, von jenem allermerkwuͤrdigſten Zeitpunkte an, nun unveraͤnderliche Naturgeſetz, in welchem es, wie ſich der Ritter von Linné daruͤber ausdruͤckt, arte divina zuerſt gegruͤndet wurde, gehet uͤber all und dergeſtalt in ſeine eigene Erfuͤllung, daß ſeit dieſer Zeit nicht nur alle ganz neue Erzeugung von Gewaͤchsarten uͤberfluͤßig ſeyn muß, ſondern auch ſo zu ſagen, allen wirklichen Ausartungen der Ge- ſchlechter und ihren Gattungen unter den Gewaͤch- ſen, N 5

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Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/213>, abgerufen am 26.04.2024.