Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

ten, aus welchem Grunde denn der darinnen be-
findliche unzeitige Saamenstoff von ihnen schon
vesiculae colliquamenti s. inchoamenta seminum genen-
net worden war. Hingegen hat man von der wah-
ren Erzeugung und Befruchtung dieses in seinen
Behältnissen verborgenen Saamens selbst noch fast
lauter dunkle und verwirrte Begriffe behalten. Da-
her es auch nicht zu bewundern ist, wenn diese so
wichtige Wahrheit weder ganz in Zweifel gezogen
worden, noch den erwünschten Beyfall erhal-
ten hat.

12. Der obere und mittlere Theil des Grif-
fels
(Stigma et Stylus) schienen sonst von jeher nicht
eben bey allen eine gleiche oder auch die erforderliche
Aufmerksamkeit nach sich zu ziehen, indem diese
Theile, als bloße Fortsätze des Vteri und Ovarii flo-
ralis
betrachtet, vielleicht nur die Perspiration des-
selben befördern, vielleicht aber den Blumen über-
haupt zur Zierde dienen sollten; solche Gedanken
hatten sehr viele davon. Die aus der Befruch-
tung entstehende Nothwendigkeit ihres Daseyns hin-
gegen, war noch wenig oder gar nicht bekannt. Die
neuen Naturforscher haben endlich auch diesen
Hauptpunkt durch ihre mit den Vergrößerungsglä-
sern angestellte Beobachtungen nach und nach besser
entdeckt, und gar viele Zweifel entschieden.

13. Diese bemerkten zum Theil, daß kurz
vor oder nach dem natürlichen Aufbrechen der
Blumen
der obere auch wohl der mittlere Theil des

Grif-
D

ten, aus welchem Grunde denn der darinnen be-
findliche unzeitige Saamenſtoff von ihnen ſchon
veſiculae colliquamenti ſ. inchoamenta ſeminum genen-
net worden war. Hingegen hat man von der wah-
ren Erzeugung und Befruchtung dieſes in ſeinen
Behaͤltniſſen verborgenen Saamens ſelbſt noch faſt
lauter dunkle und verwirrte Begriffe behalten. Da-
her es auch nicht zu bewundern iſt, wenn dieſe ſo
wichtige Wahrheit weder ganz in Zweifel gezogen
worden, noch den erwuͤnſchten Beyfall erhal-
ten hat.

12. Der obere und mittlere Theil des Grif-
fels
(Stigma et Stylus) ſchienen ſonſt von jeher nicht
eben bey allen eine gleiche oder auch die erforderliche
Aufmerkſamkeit nach ſich zu ziehen, indem dieſe
Theile, als bloße Fortſaͤtze des Vteri und Ovarii flo-
ralis
betrachtet, vielleicht nur die Perſpiration deſ-
ſelben befoͤrdern, vielleicht aber den Blumen uͤber-
haupt zur Zierde dienen ſollten; ſolche Gedanken
hatten ſehr viele davon. Die aus der Befruch-
tung entſtehende Nothwendigkeit ihres Daſeyns hin-
gegen, war noch wenig oder gar nicht bekannt. Die
neuen Naturforſcher haben endlich auch dieſen
Hauptpunkt durch ihre mit den Vergroͤßerungsglaͤ-
ſern angeſtellte Beobachtungen nach und nach beſſer
entdeckt, und gar viele Zweifel entſchieden.

13. Dieſe bemerkten zum Theil, daß kurz
vor oder nach dem natuͤrlichen Aufbrechen der
Blumen
der obere auch wohl der mittlere Theil des

Grif-
D
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0061" n="49"/>
ten, aus welchem Grunde denn der darinnen be-<lb/>
findliche <hi rendition="#fr">unzeitige Saamen&#x017F;toff</hi> von ihnen &#x017F;chon<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ve&#x017F;iculae colliquamenti</hi> &#x017F;. <hi rendition="#i">inchoamenta &#x017F;eminum</hi></hi> genen-<lb/>
net worden war. Hingegen hat man von der wah-<lb/>
ren Erzeugung und Befruchtung die&#x017F;es in &#x017F;einen<lb/>
Beha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en verborgenen Saamens &#x017F;elb&#x017F;t noch fa&#x017F;t<lb/>
lauter dunkle und verwirrte Begriffe behalten. Da-<lb/>
her es auch nicht zu bewundern i&#x017F;t, wenn die&#x017F;e &#x017F;o<lb/>
wichtige Wahrheit weder ganz in Zweifel gezogen<lb/>
worden, noch den erwu&#x0364;n&#x017F;chten Beyfall erhal-<lb/>
ten hat.</p><lb/>
          <p>12. Der <hi rendition="#fr">obere</hi> und <hi rendition="#fr">mittlere</hi> Theil des <hi rendition="#fr">Grif-<lb/>
fels</hi> (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Stigma</hi> et <hi rendition="#i">Stylus</hi></hi>) &#x017F;chienen &#x017F;on&#x017F;t von jeher nicht<lb/>
eben bey allen eine gleiche oder auch die erforderliche<lb/>
Aufmerk&#x017F;amkeit nach &#x017F;ich zu ziehen, indem die&#x017F;e<lb/>
Theile, als bloße <hi rendition="#fr">Fort&#x017F;a&#x0364;tze des</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Vteri</hi></hi> <hi rendition="#fr">und</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ovarii flo-<lb/>
ralis</hi></hi> betrachtet, vielleicht nur die <hi rendition="#fr">Per&#x017F;piration</hi> de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elben befo&#x0364;rdern, vielleicht aber den Blumen u&#x0364;ber-<lb/>
haupt zur Zierde dienen &#x017F;ollten; &#x017F;olche Gedanken<lb/>
hatten &#x017F;ehr viele davon. Die aus der Befruch-<lb/>
tung ent&#x017F;tehende Nothwendigkeit ihres Da&#x017F;eyns hin-<lb/>
gegen, war noch wenig oder gar nicht bekannt. Die<lb/>
neuen Naturfor&#x017F;cher haben endlich auch die&#x017F;en<lb/>
Hauptpunkt durch ihre mit den Vergro&#x0364;ßerungsgla&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ern ange&#x017F;tellte Beobachtungen nach und nach be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
entdeckt, und gar viele Zweifel ent&#x017F;chieden.</p><lb/>
          <p>13. Die&#x017F;e bemerkten zum Theil, daß kurz<lb/>
vor oder nach dem <hi rendition="#fr">natu&#x0364;rlichen Aufbrechen der<lb/>
Blumen</hi> der obere auch wohl der mittlere Theil des<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D</fw><fw place="bottom" type="catch">Grif-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0061] ten, aus welchem Grunde denn der darinnen be- findliche unzeitige Saamenſtoff von ihnen ſchon veſiculae colliquamenti ſ. inchoamenta ſeminum genen- net worden war. Hingegen hat man von der wah- ren Erzeugung und Befruchtung dieſes in ſeinen Behaͤltniſſen verborgenen Saamens ſelbſt noch faſt lauter dunkle und verwirrte Begriffe behalten. Da- her es auch nicht zu bewundern iſt, wenn dieſe ſo wichtige Wahrheit weder ganz in Zweifel gezogen worden, noch den erwuͤnſchten Beyfall erhal- ten hat. 12. Der obere und mittlere Theil des Grif- fels (Stigma et Stylus) ſchienen ſonſt von jeher nicht eben bey allen eine gleiche oder auch die erforderliche Aufmerkſamkeit nach ſich zu ziehen, indem dieſe Theile, als bloße Fortſaͤtze des Vteri und Ovarii flo- ralis betrachtet, vielleicht nur die Perſpiration deſ- ſelben befoͤrdern, vielleicht aber den Blumen uͤber- haupt zur Zierde dienen ſollten; ſolche Gedanken hatten ſehr viele davon. Die aus der Befruch- tung entſtehende Nothwendigkeit ihres Daſeyns hin- gegen, war noch wenig oder gar nicht bekannt. Die neuen Naturforſcher haben endlich auch dieſen Hauptpunkt durch ihre mit den Vergroͤßerungsglaͤ- ſern angeſtellte Beobachtungen nach und nach beſſer entdeckt, und gar viele Zweifel entſchieden. 13. Dieſe bemerkten zum Theil, daß kurz vor oder nach dem natuͤrlichen Aufbrechen der Blumen der obere auch wohl der mittlere Theil des Grif- D

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/61
Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/61>, abgerufen am 27.04.2024.