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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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1. Buch. 3. Tit.
ten. Bey solchen Statuten, die eine gesetzliche Auctori-
tät erlangt haben, ist es freylich anders. Denn durch
diese werden nicht blos die Mitglieder der Gemeinde selbst,
sondern auch andere, welche in dem Bezirke, worin der
Gemeinheit die gesetzgebende Gewalt zustehet, sich aufhal-
ten, verbindlich gemacht. Stadtgesetze (statuta legalia)
verbinden daher nicht nur diejenigen, welche wirklich Bür-
ger sind, sondern auch die, welche in der Stadt ihren
Wohnsitz haben, und die Vorstädter 90). Da die Befug-
niß gewisse Statuten zu machen, eine Gemeinheit noth-
wendig auch berechtiget, darüber zu halten, und gewisse
äussere Motive zu bestimmen, welche die Mitglieder zur
Beobachtung derselben antreiben können; So kann ferner

4) einer Gemeinheit das Recht, mit der Uebertre-
tung ihrer Statuten gewisse Strafen zu verknüpfen, um
so weniger versagt werden, je bekannter es ist, daß auch
Paciscenten sich zu einer conventional Strafe verpflichten
können, wenn wider den Vertrag, welchen sie geschlossen
haben, gehandelt werden sollte. Nur müssen diese Con-
ventional-Strafen
freylich so beschaffen seyn, daß
sie mit dem Endzwecke und der Beschaffenheit der Gesell-
schaft übereinkommen, und hierdurch kein Eingriff in die
Majestätsrechte geschehe. Und dieses Recht, gewisse ge-
sellschaftliche Strafen zu bestimmen, ziehet auch

5) die Gewalt nach sich, solche denen Uebertretern
aufzulegen, und die in dem Endzweck der Gesellschaft ein-
schlagende Handlungen nach der festgesetzten Regel der

Statu-
90) S. Christ. Heinr. breuning quaest. iur. controv. an iura
urbium statutaria obligent incolas municipiorum. Lipsiae 1773.
Paul. Wilh. schmidt Diss. de statutis civitatum, quatenus
incolas suburbiorum obligent. Ienae
1755.

1. Buch. 3. Tit.
ten. Bey ſolchen Statuten, die eine geſetzliche Auctori-
taͤt erlangt haben, iſt es freylich anders. Denn durch
dieſe werden nicht blos die Mitglieder der Gemeinde ſelbſt,
ſondern auch andere, welche in dem Bezirke, worin der
Gemeinheit die geſetzgebende Gewalt zuſtehet, ſich aufhal-
ten, verbindlich gemacht. Stadtgeſetze (ſtatuta legalia)
verbinden daher nicht nur diejenigen, welche wirklich Buͤr-
ger ſind, ſondern auch die, welche in der Stadt ihren
Wohnſitz haben, und die Vorſtaͤdter 90). Da die Befug-
niß gewiſſe Statuten zu machen, eine Gemeinheit noth-
wendig auch berechtiget, daruͤber zu halten, und gewiſſe
aͤuſſere Motive zu beſtimmen, welche die Mitglieder zur
Beobachtung derſelben antreiben koͤnnen; So kann ferner

4) einer Gemeinheit das Recht, mit der Uebertre-
tung ihrer Statuten gewiſſe Strafen zu verknuͤpfen, um
ſo weniger verſagt werden, je bekannter es iſt, daß auch
Paciscenten ſich zu einer conventional Strafe verpflichten
koͤnnen, wenn wider den Vertrag, welchen ſie geſchloſſen
haben, gehandelt werden ſollte. Nur muͤſſen dieſe Con-
ventional-Strafen
freylich ſo beſchaffen ſeyn, daß
ſie mit dem Endzwecke und der Beſchaffenheit der Geſell-
ſchaft uͤbereinkommen, und hierdurch kein Eingriff in die
Majeſtaͤtsrechte geſchehe. Und dieſes Recht, gewiſſe ge-
ſellſchaftliche Strafen zu beſtimmen, ziehet auch

5) die Gewalt nach ſich, ſolche denen Uebertretern
aufzulegen, und die in dem Endzweck der Geſellſchaft ein-
ſchlagende Handlungen nach der feſtgeſetzten Regel der

Statu-
90) S. Chriſt. Heinr. breuning quaeſt. iur. controv. an iura
urbium ſtatutaria obligent incolas municipiorum. Lipſiae 1773.
Paul. Wilh. schmidt Diſſ. de ſtatutis civitatum, quatenus
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1755.
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[490/0510] 1. Buch. 3. Tit. ten. Bey ſolchen Statuten, die eine geſetzliche Auctori- taͤt erlangt haben, iſt es freylich anders. Denn durch dieſe werden nicht blos die Mitglieder der Gemeinde ſelbſt, ſondern auch andere, welche in dem Bezirke, worin der Gemeinheit die geſetzgebende Gewalt zuſtehet, ſich aufhal- ten, verbindlich gemacht. Stadtgeſetze (ſtatuta legalia) verbinden daher nicht nur diejenigen, welche wirklich Buͤr- ger ſind, ſondern auch die, welche in der Stadt ihren Wohnſitz haben, und die Vorſtaͤdter 90). Da die Befug- niß gewiſſe Statuten zu machen, eine Gemeinheit noth- wendig auch berechtiget, daruͤber zu halten, und gewiſſe aͤuſſere Motive zu beſtimmen, welche die Mitglieder zur Beobachtung derſelben antreiben koͤnnen; So kann ferner 4) einer Gemeinheit das Recht, mit der Uebertre- tung ihrer Statuten gewiſſe Strafen zu verknuͤpfen, um ſo weniger verſagt werden, je bekannter es iſt, daß auch Paciscenten ſich zu einer conventional Strafe verpflichten koͤnnen, wenn wider den Vertrag, welchen ſie geſchloſſen haben, gehandelt werden ſollte. Nur muͤſſen dieſe Con- ventional-Strafen freylich ſo beſchaffen ſeyn, daß ſie mit dem Endzwecke und der Beſchaffenheit der Geſell- ſchaft uͤbereinkommen, und hierdurch kein Eingriff in die Majeſtaͤtsrechte geſchehe. Und dieſes Recht, gewiſſe ge- ſellſchaftliche Strafen zu beſtimmen, ziehet auch 5) die Gewalt nach ſich, ſolche denen Uebertretern aufzulegen, und die in dem Endzweck der Geſellſchaft ein- ſchlagende Handlungen nach der feſtgeſetzten Regel der Statu- 90) S. Chriſt. Heinr. breuning quaeſt. iur. controv. an iura urbium ſtatutaria obligent incolas municipiorum. Lipſiae 1773. Paul. Wilh. schmidt Diſſ. de ſtatutis civitatum, quatenus incolas ſuburbiorum obligent. Ienae 1755.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/510>, abgerufen am 26.04.2024.