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Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800.

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S. 159. Z. 17. ist so zu lesen: Noch andere 22) sind der
Meinung, es könne im Allgemeinen weder für gemessene, noch
für ungemessene Dienste präsumirt werden, sondern alles komme
auf die Verschiedenheit der Gegenden und Länder an.

S. 160. ist Z. 3. nach den Worten: nichts entschieden
werde:
noch folgendes hinzugefügt worden: Unser Verfas-
ser
behauptet endlich, daß wenigstens in dem Falle, da es aus-
ser Zweifel ist, daß der Gutsherr diese oder jene Art von
Frohndiensten zu fordern habe, in Ansehung der übrigen Bestim-
mungen der Zeit, des Orts und der Zahl für ungemessene Dienste
dieser Art zu präsumiren sey, weil Bestimmungen, als res facti,
nicht vermuthet würden, sondern bewiesen werden müßten. Ich
glaube, daß ein Unterschied zwischen ordentlichen und aus-
serordentlichen Bauerfrohnen
zu machen sey. In
Ansehung der letztern hat der Gutsherr die Vermuthung immer
gegen sich, weil diese auf keinem allgemeinen Grunde, sondern
auf besonderm, in jedem einzelnen Falle von dem Gutsherrn zu
erweisenden Erwerb beruhen. Es muß daher der Gutsherr
nicht allein beweisen, daß er die Art von Frohnen, welche
er in Anspruch nimmt, wirklich zu fordern berechtiget sey, son-
dern wenn auch die Verbindlichkeit zu Leistung einer gewissen Art
von solchen ausserordentlichen Diensten ausser Zweifel wäre, so
muß er doch auch über Maas und Beschaffenheit die
nöthigen Beweise beybringen, weil beydes zum Grunde seiner
Klage gehört. Ist hingegen von ordentlichen Frohnen
die Rede, deren Leistung auch an sich die Bauern nicht verwei-
gern, als welche nur zu ungemessenen Diensten sich nicht verste-
hen wollen; so tritt allerdings die rechtliche Vermuthung für
ungemessene Frohnpflicht ein, wenn es an positiven Bestimmun-
gen über die Art und Weise, und über Zeit und Maas in einem
gegebenen Falle mangelt. Denn die ordentlichen Bauerfrohnen
beruhen auf der Natur des Nexus, in welchem der Bauer zu
seinem Gutsherrn steht, und gehören daher überhaupt zu den

allge-
22) Ist die Not. 60. der ersten Ausgabe, wo die hierher gehö-
rigen Rechtsgelehrten angeführt sind.
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S. 159. Z. 17. iſt ſo zu leſen: Noch andere 22) ſind der
Meinung, es koͤnne im Allgemeinen weder fuͤr gemeſſene, noch
fuͤr ungemeſſene Dienſte praͤſumirt werden, ſondern alles komme
auf die Verſchiedenheit der Gegenden und Laͤnder an.

S. 160. iſt Z. 3. nach den Worten: nichts entſchieden
werde:
noch folgendes hinzugefuͤgt worden: Unſer Verfaſ-
ſer
behauptet endlich, daß wenigſtens in dem Falle, da es auſ-
ſer Zweifel iſt, daß der Gutsherr dieſe oder jene Art von
Frohndienſten zu fordern habe, in Anſehung der uͤbrigen Beſtim-
mungen der Zeit, des Orts und der Zahl fuͤr ungemeſſene Dienſte
dieſer Art zu praͤſumiren ſey, weil Beſtimmungen, als res facti,
nicht vermuthet wuͤrden, ſondern bewieſen werden muͤßten. Ich
glaube, daß ein Unterſchied zwiſchen ordentlichen und auſ-
ſerordentlichen Bauerfrohnen
zu machen ſey. In
Anſehung der letztern hat der Gutsherr die Vermuthung immer
gegen ſich, weil dieſe auf keinem allgemeinen Grunde, ſondern
auf beſonderm, in jedem einzelnen Falle von dem Gutsherrn zu
erweiſenden Erwerb beruhen. Es muß daher der Gutsherr
nicht allein beweiſen, daß er die Art von Frohnen, welche
er in Anſpruch nimmt, wirklich zu fordern berechtiget ſey, ſon-
dern wenn auch die Verbindlichkeit zu Leiſtung einer gewiſſen Art
von ſolchen auſſerordentlichen Dienſten auſſer Zweifel waͤre, ſo
muß er doch auch uͤber Maas und Beſchaffenheit die
noͤthigen Beweiſe beybringen, weil beydes zum Grunde ſeiner
Klage gehoͤrt. Iſt hingegen von ordentlichen Frohnen
die Rede, deren Leiſtung auch an ſich die Bauern nicht verwei-
gern, als welche nur zu ungemeſſenen Dienſten ſich nicht verſte-
hen wollen; ſo tritt allerdings die rechtliche Vermuthung fuͤr
ungemeſſene Frohnpflicht ein, wenn es an poſitiven Beſtimmun-
gen uͤber die Art und Weiſe, und uͤber Zeit und Maas in einem
gegebenen Falle mangelt. Denn die ordentlichen Bauerfrohnen
beruhen auf der Natur des Nexus, in welchem der Bauer zu
ſeinem Gutsherrn ſteht, und gehoͤren daher uͤberhaupt zu den

allge-
22) Iſt die Not. 60. der erſten Ausgabe, wo die hierher gehoͤ-
rigen Rechtsgelehrten angefuͤhrt ſind.
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[53/0059] S. 159. Z. 17. iſt ſo zu leſen: Noch andere 22) ſind der Meinung, es koͤnne im Allgemeinen weder fuͤr gemeſſene, noch fuͤr ungemeſſene Dienſte praͤſumirt werden, ſondern alles komme auf die Verſchiedenheit der Gegenden und Laͤnder an. S. 160. iſt Z. 3. nach den Worten: nichts entſchieden werde: noch folgendes hinzugefuͤgt worden: Unſer Verfaſ- ſer behauptet endlich, daß wenigſtens in dem Falle, da es auſ- ſer Zweifel iſt, daß der Gutsherr dieſe oder jene Art von Frohndienſten zu fordern habe, in Anſehung der uͤbrigen Beſtim- mungen der Zeit, des Orts und der Zahl fuͤr ungemeſſene Dienſte dieſer Art zu praͤſumiren ſey, weil Beſtimmungen, als res facti, nicht vermuthet wuͤrden, ſondern bewieſen werden muͤßten. Ich glaube, daß ein Unterſchied zwiſchen ordentlichen und auſ- ſerordentlichen Bauerfrohnen zu machen ſey. In Anſehung der letztern hat der Gutsherr die Vermuthung immer gegen ſich, weil dieſe auf keinem allgemeinen Grunde, ſondern auf beſonderm, in jedem einzelnen Falle von dem Gutsherrn zu erweiſenden Erwerb beruhen. Es muß daher der Gutsherr nicht allein beweiſen, daß er die Art von Frohnen, welche er in Anſpruch nimmt, wirklich zu fordern berechtiget ſey, ſon- dern wenn auch die Verbindlichkeit zu Leiſtung einer gewiſſen Art von ſolchen auſſerordentlichen Dienſten auſſer Zweifel waͤre, ſo muß er doch auch uͤber Maas und Beſchaffenheit die noͤthigen Beweiſe beybringen, weil beydes zum Grunde ſeiner Klage gehoͤrt. Iſt hingegen von ordentlichen Frohnen die Rede, deren Leiſtung auch an ſich die Bauern nicht verwei- gern, als welche nur zu ungemeſſenen Dienſten ſich nicht verſte- hen wollen; ſo tritt allerdings die rechtliche Vermuthung fuͤr ungemeſſene Frohnpflicht ein, wenn es an poſitiven Beſtimmun- gen uͤber die Art und Weiſe, und uͤber Zeit und Maas in einem gegebenen Falle mangelt. Denn die ordentlichen Bauerfrohnen beruhen auf der Natur des Nexus, in welchem der Bauer zu ſeinem Gutsherrn ſteht, und gehoͤren daher uͤberhaupt zu den allge- 22) Iſt die Not. 60. der erſten Ausgabe, wo die hierher gehoͤ- rigen Rechtsgelehrten angefuͤhrt ſind. D 3

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02verbesserungen_1800/59>, abgerufen am 29.04.2024.