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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

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Teufelskinder, ihr entheiligt den Sabbath, ihr erzürnet
Gott" er sagte auch zu dem Kinde Jesus: "Du bist
Schuld daran, die anderen Kinder machen es dir nach,
ihr gehet Alle verloren". Jesus antwortete: "Gott
weiß es am Besten, ob du oder wir den Sabbath am
besten heiligen, du darfst mich nicht beurtheilen". Der
alte Jud wurde bös, und wollte sich auf der Stelle
an dem Kind Jesus rächen; er gieng hinzu, und wollte
auf die Vögel treten, die das Kind gemacht hatte:
alsbald klopfte Jesus in die Hände, als wenn er die
Vögel erschrecken wollte, da wurden sie lebendig, und
flogen auf gen Himmel, wie andere Vögel; der alte
Jud mußte sie auch lassen fliegen.

Das Buch ist eines der sogenannten Apogryphischen,
und schon M. Polonus, der um 1266 lebte, führt es
als ein allgemein Gelesenes an, und erzählt die ganze
oben beygebrachte Begebenheit mit dem Baum, der
auf Jesuleins Geheiß sich auf die Erde habe niederge-
bogen, und als dem Joseph gedürstet, sey aus der
dürren Erde auf dergleichen Befehl eine frische Quelle
entsprungen. Weiter, nachdem sie auch auf solcher
Reise in einer Höhle eingekehrt, wären zwey abscheu-
liche Drachen hervorgekommen, auf deren Anblick die
Aeltern heftig erschrocken, auf des Sohnes Befehl
aber wären die Drachen ehrerbietig in die Wildniß

Teufelskinder, ihr entheiligt den Sabbath, ihr erzürnet
Gott“ er ſagte auch zu dem Kinde Jeſus: „Du biſt
Schuld daran, die anderen Kinder machen es dir nach,
ihr gehet Alle verloren“. Jeſus antwortete: „Gott
weiß es am Beſten, ob du oder wir den Sabbath am
beſten heiligen, du darfſt mich nicht beurtheilen“. Der
alte Jud wurde bös, und wollte ſich auf der Stelle
an dem Kind Jeſus rächen; er gieng hinzu, und wollte
auf die Vögel treten, die das Kind gemacht hatte:
alsbald klopfte Jeſus in die Hände, als wenn er die
Vögel erſchrecken wollte, da wurden ſie lebendig, und
flogen auf gen Himmel, wie andere Vögel; der alte
Jud mußte ſie auch laſſen fliegen.

Das Buch iſt eines der ſogenannten Apogryphiſchen,
und ſchon M. Polonus, der um 1266 lebte, führt es
als ein allgemein Geleſenes an, und erzählt die ganze
oben beygebrachte Begebenheit mit dem Baum, der
auf Jeſuleins Geheiß ſich auf die Erde habe niederge-
bogen, und als dem Joſeph gedürſtet, ſey aus der
dürren Erde auf dergleichen Befehl eine friſche Quelle
entſprungen. Weiter, nachdem ſie auch auf ſolcher
Reiſe in einer Höhle eingekehrt, wären zwey abſcheu-
liche Drachen hervorgekommen, auf deren Anblick die
Aeltern heftig erſchrocken, auf des Sohnes Befehl
aber wären die Drachen ehrerbietig in die Wildniß

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[255/0273] Teufelskinder, ihr entheiligt den Sabbath, ihr erzürnet Gott“ er ſagte auch zu dem Kinde Jeſus: „Du biſt Schuld daran, die anderen Kinder machen es dir nach, ihr gehet Alle verloren“. Jeſus antwortete: „Gott weiß es am Beſten, ob du oder wir den Sabbath am beſten heiligen, du darfſt mich nicht beurtheilen“. Der alte Jud wurde bös, und wollte ſich auf der Stelle an dem Kind Jeſus rächen; er gieng hinzu, und wollte auf die Vögel treten, die das Kind gemacht hatte: alsbald klopfte Jeſus in die Hände, als wenn er die Vögel erſchrecken wollte, da wurden ſie lebendig, und flogen auf gen Himmel, wie andere Vögel; der alte Jud mußte ſie auch laſſen fliegen. Das Buch iſt eines der ſogenannten Apogryphiſchen, und ſchon M. Polonus, der um 1266 lebte, führt es als ein allgemein Geleſenes an, und erzählt die ganze oben beygebrachte Begebenheit mit dem Baum, der auf Jeſuleins Geheiß ſich auf die Erde habe niederge- bogen, und als dem Joſeph gedürſtet, ſey aus der dürren Erde auf dergleichen Befehl eine friſche Quelle entſprungen. Weiter, nachdem ſie auch auf ſolcher Reiſe in einer Höhle eingekehrt, wären zwey abſcheu- liche Drachen hervorgekommen, auf deren Anblick die Aeltern heftig erſchrocken, auf des Sohnes Befehl aber wären die Drachen ehrerbietig in die Wildniß

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Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/273>, abgerufen am 16.05.2024.