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Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.

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Blinkend, wo die Zitterwellen,
Ufernetzend, leise schwellen;
Da wo Luna doppelt leuchtet,
Uns mit heiligem Thau befeuchtet.
Dort ein freibewegtes Leben,
Hier ein ängstlich Erde-Beben;
Eile jeder Kluge fort!
Schauderhaft ist's um den Ort.
Seismos
(in der Tiefe brummend und polternd).
Einmal noch mit Kraft geschoben,
Mit den Schultern brav gehoben!
So gelangen wir nach oben,
Wo uns alles weichen muß.
Sphinxe.
Welch ein widerwärtig Zittern,
Häßlich grausenhaftes Wittern!
Welch ein Schwanken, welches Beben,
Schaukelnd Hin- und Wiederstreben!
Welch unleidlicher Verdruß!
Doch wir ändern nicht die Stelle,
Bräche los die ganze Hölle.

Nun erhebt sich ein Gewölbe
Wundersam. Es ist derselbe,
Jener Alte, längst Ergraute,
Der die Insel Delos baute,
Blinkend, wo die Zitterwellen,
Ufernetzend, leise schwellen;
Da wo Luna doppelt leuchtet,
Uns mit heiligem Thau befeuchtet.
Dort ein freibewegtes Leben,
Hier ein ängstlich Erde-Beben;
Eile jeder Kluge fort!
Schauderhaft ist’s um den Ort.
Seismos
(in der Tiefe brummend und polternd).
Einmal noch mit Kraft geschoben,
Mit den Schultern brav gehoben!
So gelangen wir nach oben,
Wo uns alles weichen muß.
Sphinxe.
Welch ein widerwärtig Zittern,
Häßlich grausenhaftes Wittern!
Welch ein Schwanken, welches Beben,
Schaukelnd Hin- und Wiederstreben!
Welch unleidlicher Verdruß!
Doch wir ändern nicht die Stelle,
Bräche los die ganze Hölle.

Nun erhebt sich ein Gewölbe
Wundersam. Es ist derselbe,
Jener Alte, längst Ergraute,
Der die Insel Delos baute,
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[136/0148] Blinkend, wo die Zitterwellen, Ufernetzend, leise schwellen; Da wo Luna doppelt leuchtet, Uns mit heiligem Thau befeuchtet. Dort ein freibewegtes Leben, Hier ein ängstlich Erde-Beben; Eile jeder Kluge fort! Schauderhaft ist’s um den Ort. Seismos (in der Tiefe brummend und polternd). Einmal noch mit Kraft geschoben, Mit den Schultern brav gehoben! So gelangen wir nach oben, Wo uns alles weichen muß. Sphinxe. Welch ein widerwärtig Zittern, Häßlich grausenhaftes Wittern! Welch ein Schwanken, welches Beben, Schaukelnd Hin- und Wiederstreben! Welch unleidlicher Verdruß! Doch wir ändern nicht die Stelle, Bräche los die ganze Hölle. Nun erhebt sich ein Gewölbe Wundersam. Es ist derselbe, Jener Alte, längst Ergraute, Der die Insel Delos baute,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/148>, abgerufen am 26.04.2024.