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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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unternommen, könne man nicht eben so zu¬
frieden seyn. Diese Verwechslung war nicht
ganz unnatürlich, denn Wilhelm und Laer¬
tes glichen sich, wiewohl in einem sehr ent¬
fernten Sinne.

Ein dritter lobte sein Spiel, besonders in
der Scene mit der Mutter aufs lebhafteste,
und bedauerte nur: daß eben in diesem feu¬
rigen Augenblick ein weißes Band unter der
Weste hervorgesehen habe, wodurch die Illu¬
sion äußerst gestöhrt worden sey.

In dem Innern der Gesellschaft gingen
indessen allerley Veränderungen vor. Phili¬
ne hatte seit jenem Abend nach dem Brande
Wilhelmen auch nicht das geringste Zeichen
einer Annäherung gegeben. Sie hatte, wie
es schien vorsetzlich, ein entfernteres Quartier
gemiethet, vertrug sich mit Elmiren und kam
seltener zu Serlo, womit Aurelie wohl zu¬
frieden war. Serlo, der ihr immer gewogen

unternommen, könne man nicht eben ſo zu¬
frieden ſeyn. Dieſe Verwechslung war nicht
ganz unnatürlich, denn Wilhelm und Laer¬
tes glichen ſich, wiewohl in einem ſehr ent¬
fernten Sinne.

Ein dritter lobte ſein Spiel, beſonders in
der Scene mit der Mutter aufs lebhafteſte,
und bedauerte nur: daß eben in dieſem feu¬
rigen Augenblick ein weißes Band unter der
Weſte hervorgeſehen habe, wodurch die Illu¬
ſion äußerſt geſtöhrt worden ſey.

In dem Innern der Geſellſchaft gingen
indeſſen allerley Veränderungen vor. Phili¬
ne hatte ſeit jenem Abend nach dem Brande
Wilhelmen auch nicht das geringſte Zeichen
einer Annäherung gegeben. Sie hatte, wie
es ſchien vorſetzlich, ein entfernteres Quartier
gemiethet, vertrug ſich mit Elmiren und kam
ſeltener zu Serlo, womit Aurelie wohl zu¬
frieden war. Serlo, der ihr immer gewogen

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[151/0157] unternommen, könne man nicht eben ſo zu¬ frieden ſeyn. Dieſe Verwechslung war nicht ganz unnatürlich, denn Wilhelm und Laer¬ tes glichen ſich, wiewohl in einem ſehr ent¬ fernten Sinne. Ein dritter lobte ſein Spiel, beſonders in der Scene mit der Mutter aufs lebhafteſte, und bedauerte nur: daß eben in dieſem feu¬ rigen Augenblick ein weißes Band unter der Weſte hervorgeſehen habe, wodurch die Illu¬ ſion äußerſt geſtöhrt worden ſey. In dem Innern der Geſellſchaft gingen indeſſen allerley Veränderungen vor. Phili¬ ne hatte ſeit jenem Abend nach dem Brande Wilhelmen auch nicht das geringſte Zeichen einer Annäherung gegeben. Sie hatte, wie es ſchien vorſetzlich, ein entfernteres Quartier gemiethet, vertrug ſich mit Elmiren und kam ſeltener zu Serlo, womit Aurelie wohl zu¬ frieden war. Serlo, der ihr immer gewogen

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/157>, abgerufen am 28.04.2024.