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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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eine unmäßige Näscherey, ja wenn man will
eine unleidliche Gefräßigkeit, worin sie Phi¬
linen keinesweges glichen, die dadurch einen
neuen Schein von Liebenswürdigkeit erhielt,
daß sie gleichsam nur von der Luft lebte,
sehr wenig aß und nur den Schaum eines
Champagnerglases mit der größten Zierlich¬
keit wegschlurfte.

Nun aber mußte Serlo, wenn er seiner
Schönen gefallen wollte, das Frühstück mit
dem Mittagessen verbinden, und an dieses
durch ein Vesperbrod das Abendessen an¬
knüpfen. Dabey hatte Serlo einen Plan,
dessen Ausführung ihn beunruhigte. Er
glaubte eine gewisse Neigung zwischen Wil¬
helm und Aurelien zu entdecken, und wünschte
sehr, daß sie ernstlich werden möchte. Er
hofte den ganzen mechanischen Theil der
Theaterwirthschaft Wilhelmen aufzubürden,
und an ihm, wie an seinem ersten Schwa¬

eine unmäßige Näſcherey, ja wenn man will
eine unleidliche Gefräßigkeit, worin ſie Phi¬
linen keinesweges glichen, die dadurch einen
neuen Schein von Liebenswürdigkeit erhielt,
daß ſie gleichſam nur von der Luft lebte,
ſehr wenig aß und nur den Schaum eines
Champagnerglaſes mit der größten Zierlich¬
keit wegſchlurfte.

Nun aber mußte Serlo, wenn er ſeiner
Schönen gefallen wollte, das Frühſtück mit
dem Mittageſſen verbinden, und an dieſes
durch ein Vesperbrod das Abendeſſen an¬
knüpfen. Dabey hatte Serlo einen Plan,
deſſen Ausführung ihn beunruhigte. Er
glaubte eine gewiſſe Neigung zwiſchen Wil¬
helm und Aurelien zu entdecken, und wünſchte
ſehr, daß ſie ernſtlich werden möchte. Er
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[171/0177] eine unmäßige Näſcherey, ja wenn man will eine unleidliche Gefräßigkeit, worin ſie Phi¬ linen keinesweges glichen, die dadurch einen neuen Schein von Liebenswürdigkeit erhielt, daß ſie gleichſam nur von der Luft lebte, ſehr wenig aß und nur den Schaum eines Champagnerglaſes mit der größten Zierlich¬ keit wegſchlurfte. Nun aber mußte Serlo, wenn er ſeiner Schönen gefallen wollte, das Frühſtück mit dem Mittageſſen verbinden, und an dieſes durch ein Vesperbrod das Abendeſſen an¬ knüpfen. Dabey hatte Serlo einen Plan, deſſen Ausführung ihn beunruhigte. Er glaubte eine gewiſſe Neigung zwiſchen Wil¬ helm und Aurelien zu entdecken, und wünſchte ſehr, daß ſie ernſtlich werden möchte. Er hofte den ganzen mechaniſchen Theil der Theaterwirthſchaft Wilhelmen aufzubürden, und an ihm, wie an ſeinem erſten Schwa¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/177>, abgerufen am 29.04.2024.