merksamkeit, allen Beyfall auf sich gezogen, und beyde Geschwister mußten die meiste Zeit, nach ihren eifrigsten Bemühungen, oh¬ ne den willkommenen Klang der zusammen¬ schlagenden Hände abtreten. Freylich kamen dazu noch besondere Ursachen. Aureliens Stolz war auffallend, und von ihrer Verach¬ tung des Publikums waren viele unterrich¬ tet. Serlo schmeichelte zwar jedermann im Einzelnen, aber seine spitzen Reden über das Ganze waren doch auch öfters herumgetra¬ gen und wiederholt worden. Die neuen Glie¬ der hingegen waren theils fremd und unbe¬ kannt, theils jung, liebenswürdig und hülfs¬ bedürftig, und hatten also auch sämmtlich Gönner gefunden.
Nun gab es auch bald innerliche Unru¬ hen und manches Mißvergnügen; denn kaum bemerkte man, daß Wilhelm die Be¬ schäftigung eines Regisseurs übernommen hat¬
merkſamkeit, allen Beyfall auf ſich gezogen, und beyde Geſchwiſter mußten die meiſte Zeit, nach ihren eifrigſten Bemühungen, oh¬ ne den willkommenen Klang der zuſammen¬ ſchlagenden Hände abtreten. Freylich kamen dazu noch beſondere Urſachen. Aureliens Stolz war auffallend, und von ihrer Verach¬ tung des Publikums waren viele unterrich¬ tet. Serlo ſchmeichelte zwar jedermann im Einzelnen, aber ſeine ſpitzen Reden über das Ganze waren doch auch öfters herumgetra¬ gen und wiederholt worden. Die neuen Glie¬ der hingegen waren theils fremd und unbe¬ kannt, theils jung, liebenswürdig und hülfs¬ bedürftig, und hatten alſo auch ſämmtlich Gönner gefunden.
Nun gab es auch bald innerliche Unru¬ hen und manches Mißvergnügen; denn kaum bemerkte man, daß Wilhelm die Be¬ ſchäftigung eines Regiſſeurs übernommen hat¬
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merkſamkeit, allen Beyfall auf ſich gezogen,
und beyde Geſchwiſter mußten die meiſte
Zeit, nach ihren eifrigſten Bemühungen, oh¬
ne den willkommenen Klang der zuſammen¬
ſchlagenden Hände abtreten. Freylich kamen
dazu noch beſondere Urſachen. Aureliens
Stolz war auffallend, und von ihrer Verach¬
tung des Publikums waren viele unterrich¬
tet. Serlo ſchmeichelte zwar jedermann im
Einzelnen, aber ſeine ſpitzen Reden über das
Ganze waren doch auch öfters herumgetra¬
gen und wiederholt worden. Die neuen Glie¬
der hingegen waren theils fremd und unbe¬
kannt, theils jung, liebenswürdig und hülfs¬
bedürftig, und hatten alſo auch ſämmtlich
Gönner gefunden.
Nun gab es auch bald innerliche Unru¬
hen und manches Mißvergnügen; denn
kaum bemerkte man, daß Wilhelm die Be¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/179>, abgerufen am 29.04.2024.
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