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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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te, so fingen die meisten Schauspieler um
desto mehr an unartig zu werden, als er
nach seiner Weise etwas mehr Ordnung und
Genauigkeit in das Ganze zu bringen wünsch¬
te, und besonders darauf bestand, daß alles
mechanische vor allen Dingen pünktlich und
ordentlich gehen solle.

In kurzer Zeit ward das ganze Verhält¬
niß, das wirklich eine Zeitlang beynahe ide¬
alisch gehalten hatte, so gemein, als man es
nur irgend bey einem herumreisenden Thea¬
ter finden mag. Und leider in dem Augen¬
blicke, als Wilhelm durch Mühe, Fleiß und
Anstrengung sich mit allen Erfordernissen des
Metiers bekannt gemacht und seine Person
sowohl als seine Geschäftigkeit vollkommen
dazu gebildet hatte, schien es ihm endlich in
trüben Stunden, daß dieses Handwerk weni¬
ger als irgend ein anders, den nöthigen Auf¬
wand von Zeit und Kräften verdiene. Das

te, ſo fingen die meiſten Schauſpieler um
deſto mehr an unartig zu werden, als er
nach ſeiner Weiſe etwas mehr Ordnung und
Genauigkeit in das Ganze zu bringen wünſch¬
te, und beſonders darauf beſtand, daß alles
mechaniſche vor allen Dingen pünktlich und
ordentlich gehen ſolle.

In kurzer Zeit ward das ganze Verhält¬
niß, das wirklich eine Zeitlang beynahe ide¬
aliſch gehalten hatte, ſo gemein, als man es
nur irgend bey einem herumreiſenden Thea¬
ter finden mag. Und leider in dem Augen¬
blicke, als Wilhelm durch Mühe, Fleiß und
Anſtrengung ſich mit allen Erforderniſſen des
Metiers bekannt gemacht und ſeine Perſon
ſowohl als ſeine Geſchäftigkeit vollkommen
dazu gebildet hatte, ſchien es ihm endlich in
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[174/0180] te, ſo fingen die meiſten Schauſpieler um deſto mehr an unartig zu werden, als er nach ſeiner Weiſe etwas mehr Ordnung und Genauigkeit in das Ganze zu bringen wünſch¬ te, und beſonders darauf beſtand, daß alles mechaniſche vor allen Dingen pünktlich und ordentlich gehen ſolle. In kurzer Zeit ward das ganze Verhält¬ niß, das wirklich eine Zeitlang beynahe ide¬ aliſch gehalten hatte, ſo gemein, als man es nur irgend bey einem herumreiſenden Thea¬ ter finden mag. Und leider in dem Augen¬ blicke, als Wilhelm durch Mühe, Fleiß und Anſtrengung ſich mit allen Erforderniſſen des Metiers bekannt gemacht und ſeine Perſon ſowohl als ſeine Geſchäftigkeit vollkommen dazu gebildet hatte, ſchien es ihm endlich in trüben Stunden, daß dieſes Handwerk weni¬ ger als irgend ein anders, den nöthigen Auf¬ wand von Zeit und Kräften verdiene. Das

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/180>, abgerufen am 29.04.2024.