Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

ders überzeugten sie unsre Schauspieler, daß
man bey der Probe Stellung und Action,
wie man sie bey der Aufführung zu zeigen
gedenke, immerfort mit der Rede verbinden
und alles zusammen durch Gewohnheit me¬
chanisch vereinigen müsse. Besonders mit
den Händen solle man ja bey der Probe ei¬
ner Tragödie keine gemeine Bewegung vor¬
nehmen; ein tragischer Schauspieler, der in
der Probe Toback schnupft, mache sie im¬
mer bange, denn höchst wahrscheinlich werde
er an einer solchen Stelle, bey der Auffüh¬
rung, die Prise vermissen. Ja sie hielten da¬
vor, daß niemand in Stiefeln probiren solle,
wenn die Rolle in Schuhen zu spielen sey.
Nichts aber, versicherten sie, schmerze sie
mehr, als wenn die Frauenzimmer in den
Proben ihre Hände in die Rockfalten ver¬
steckten.

Außerdem ward durch das Zureden die¬

ders überzeugten ſie unſre Schauſpieler, daß
man bey der Probe Stellung und Action,
wie man ſie bey der Aufführung zu zeigen
gedenke, immerfort mit der Rede verbinden
und alles zuſammen durch Gewohnheit me¬
chaniſch vereinigen müſſe. Beſonders mit
den Händen ſolle man ja bey der Probe ei¬
ner Tragödie keine gemeine Bewegung vor¬
nehmen; ein tragiſcher Schauſpieler, der in
der Probe Toback ſchnupft, mache ſie im¬
mer bange, denn höchſt wahrſcheinlich werde
er an einer ſolchen Stelle, bey der Auffüh¬
rung, die Priſe vermiſſen. Ja ſie hielten da¬
vor, daß niemand in Stiefeln probiren ſolle,
wenn die Rolle in Schuhen zu ſpielen ſey.
Nichts aber, verſicherten ſie, ſchmerze ſie
mehr, als wenn die Frauenzimmer in den
Proben ihre Hände in die Rockfalten ver¬
ſteckten.

Außerdem ward durch das Zureden die¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0092" n="86"/>
ders überzeugten &#x017F;ie un&#x017F;re Schau&#x017F;pieler, daß<lb/>
man bey der Probe Stellung und Action,<lb/>
wie man &#x017F;ie bey der Aufführung zu zeigen<lb/>
gedenke, immerfort mit der Rede verbinden<lb/>
und alles zu&#x017F;ammen durch Gewohnheit me¬<lb/>
chani&#x017F;ch vereinigen mü&#x017F;&#x017F;e. Be&#x017F;onders mit<lb/>
den Händen &#x017F;olle man ja bey der Probe ei¬<lb/>
ner Tragödie keine gemeine Bewegung vor¬<lb/>
nehmen; ein tragi&#x017F;cher Schau&#x017F;pieler, der in<lb/>
der Probe Toback &#x017F;chnupft, mache &#x017F;ie im¬<lb/>
mer bange, denn höch&#x017F;t wahr&#x017F;cheinlich werde<lb/>
er an einer &#x017F;olchen Stelle, bey der Auffüh¬<lb/>
rung, die Pri&#x017F;e vermi&#x017F;&#x017F;en. Ja &#x017F;ie hielten da¬<lb/>
vor, daß niemand in Stiefeln probiren &#x017F;olle,<lb/>
wenn die Rolle in Schuhen zu &#x017F;pielen &#x017F;ey.<lb/>
Nichts aber, ver&#x017F;icherten &#x017F;ie, &#x017F;chmerze &#x017F;ie<lb/>
mehr, als wenn die Frauenzimmer in den<lb/>
Proben ihre Hände in die Rockfalten ver¬<lb/>
&#x017F;teckten.</p><lb/>
            <p>Außerdem ward durch das Zureden die¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0092] ders überzeugten ſie unſre Schauſpieler, daß man bey der Probe Stellung und Action, wie man ſie bey der Aufführung zu zeigen gedenke, immerfort mit der Rede verbinden und alles zuſammen durch Gewohnheit me¬ chaniſch vereinigen müſſe. Beſonders mit den Händen ſolle man ja bey der Probe ei¬ ner Tragödie keine gemeine Bewegung vor¬ nehmen; ein tragiſcher Schauſpieler, der in der Probe Toback ſchnupft, mache ſie im¬ mer bange, denn höchſt wahrſcheinlich werde er an einer ſolchen Stelle, bey der Auffüh¬ rung, die Priſe vermiſſen. Ja ſie hielten da¬ vor, daß niemand in Stiefeln probiren ſolle, wenn die Rolle in Schuhen zu ſpielen ſey. Nichts aber, verſicherten ſie, ſchmerze ſie mehr, als wenn die Frauenzimmer in den Proben ihre Hände in die Rockfalten ver¬ ſteckten. Außerdem ward durch das Zureden die¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/92
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/92>, abgerufen am 27.04.2024.