Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gottsched, Luise Adelgunde Victorie: Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. Rostock, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
im Fischbein-Rocke.
Herr Scheinfromm, (zieht die Achseln.)
Aber Vetter! ich weiß nicht - - - Madame,
sie sehen wohl seine Unschuld. Es ist ein Zeichen
seiner Redlichkeit. Jhre Lehren werden das alles
in ihm verändern.
Frau Glaubeleichtin.
Ach! das sind kleine Fehler! die thun einer
wahren Gottseligkeit keinen Abbruch. Nun, meine
Tochter! du sagst nichts?
Jungfer Luischen.
Was soll ich sagen Mama? ich kan mit den
Welschen Hünern nicht reden.
Cathrine.
Das ist ewig schade! denn das würde ein schön
Gespräche seyn.
Herr von Muckersdorff.
Verstehn sie die Music, Mademoiselle?
Jungfer Luischen.
Gantz und gar nicht.
Herr von Muckersdorff.
Jch auch nicht. Aber ich wollte, daß sie mich
hätten singen gehört, wie ich gantz klein war. Die
Leute sagten auch damahls, daß ich sehr leichtfer-
tig wäre; aber das ist ein Merckmahl eines guten
Zeichens.

Frau
im Fiſchbein-Rocke.
Herr Scheinfromm, (zieht die Achſeln.)
Aber Vetter! ich weiß nicht - - - Madame,
ſie ſehen wohl ſeine Unſchuld. Es iſt ein Zeichen
ſeiner Redlichkeit. Jhre Lehren werden das alles
in ihm veraͤndern.
Frau Glaubeleichtin.
Ach! das ſind kleine Fehler! die thun einer
wahren Gottſeligkeit keinen Abbruch. Nun, meine
Tochter! du ſagſt nichts?
Jungfer Luischen.
Was ſoll ich ſagen Mama? ich kan mit den
Welſchen Huͤnern nicht reden.
Cathrine.
Das iſt ewig ſchade! denn das wuͤrde ein ſchoͤn
Geſpraͤche ſeyn.
Herr von Muckersdorff.
Verſtehn ſie die Muſic, Mademoiſelle?
Jungfer Luischen.
Gantz und gar nicht.
Herr von Muckersdorff.
Jch auch nicht. Aber ich wollte, daß ſie mich
haͤtten ſingen gehoͤrt, wie ich gantz klein war. Die
Leute ſagten auch damahls, daß ich ſehr leichtfer-
tig waͤre; aber das iſt ein Merckmahl eines guten
Zeichens.

Frau
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0097" n="77"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">im Fi&#x017F;chbein-Rocke.</hi> </fw><lb/>
            <sp who="#SCHEIN">
              <speaker> <hi rendition="#b">Herr Scheinfromm,</hi> </speaker>
              <stage>(zieht die Ach&#x017F;eln.)</stage><lb/>
              <p>Aber Vetter! ich weiß nicht - - - Madame,<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ehen wohl &#x017F;eine Un&#x017F;chuld. Es i&#x017F;t ein Zeichen<lb/>
&#x017F;einer Redlichkeit. Jhre Lehren werden das alles<lb/>
in ihm vera&#x0364;ndern.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#GLAU">
              <speaker> <hi rendition="#b">Frau Glaubeleichtin.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Ach! das &#x017F;ind kleine Fehler! die thun einer<lb/>
wahren Gott&#x017F;eligkeit keinen Abbruch. Nun, meine<lb/>
Tochter! du &#x017F;ag&#x017F;t nichts?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#LUI">
              <speaker> <hi rendition="#b">Jungfer Luischen.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Was &#x017F;oll ich &#x017F;agen Mama? ich kan mit den<lb/>
Wel&#x017F;chen Hu&#x0364;nern nicht reden.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#CAT">
              <speaker> <hi rendition="#b">Cathrine.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Das i&#x017F;t ewig &#x017F;chade! denn das wu&#x0364;rde ein &#x017F;cho&#x0364;n<lb/>
Ge&#x017F;pra&#x0364;che &#x017F;eyn.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MUCK">
              <speaker> <hi rendition="#b">Herr von Muckersdorff.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Ver&#x017F;tehn &#x017F;ie die Mu&#x017F;ic, Mademoi&#x017F;elle?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#LUI">
              <speaker> <hi rendition="#b">Jungfer Luischen.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Gantz und gar nicht.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MUCK">
              <speaker> <hi rendition="#b">Herr von Muckersdorff.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Jch auch nicht. Aber ich wollte, daß &#x017F;ie mich<lb/>
ha&#x0364;tten &#x017F;ingen geho&#x0364;rt, wie ich gantz klein war. Die<lb/>
Leute &#x017F;agten auch damahls, daß ich &#x017F;ehr leichtfer-<lb/>
tig wa&#x0364;re; aber das i&#x017F;t ein Merckmahl eines guten<lb/>
Zeichens.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Frau</hi> </fw>
            </sp><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0097] im Fiſchbein-Rocke. Herr Scheinfromm, (zieht die Achſeln.) Aber Vetter! ich weiß nicht - - - Madame, ſie ſehen wohl ſeine Unſchuld. Es iſt ein Zeichen ſeiner Redlichkeit. Jhre Lehren werden das alles in ihm veraͤndern. Frau Glaubeleichtin. Ach! das ſind kleine Fehler! die thun einer wahren Gottſeligkeit keinen Abbruch. Nun, meine Tochter! du ſagſt nichts? Jungfer Luischen. Was ſoll ich ſagen Mama? ich kan mit den Welſchen Huͤnern nicht reden. Cathrine. Das iſt ewig ſchade! denn das wuͤrde ein ſchoͤn Geſpraͤche ſeyn. Herr von Muckersdorff. Verſtehn ſie die Muſic, Mademoiſelle? Jungfer Luischen. Gantz und gar nicht. Herr von Muckersdorff. Jch auch nicht. Aber ich wollte, daß ſie mich haͤtten ſingen gehoͤrt, wie ich gantz klein war. Die Leute ſagten auch damahls, daß ich ſehr leichtfer- tig waͤre; aber das iſt ein Merckmahl eines guten Zeichens. Frau

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_pietisterey_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_pietisterey_1736/97
Zitationshilfe: Gottsched, Luise Adelgunde Victorie: Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. Rostock, 1736, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_pietisterey_1736/97>, abgerufen am 29.04.2024.