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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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init aller Parteien, weil sie in den humanen Interessen Frankreichs
liegt; sie ist die Politik aller Völker, denn sie ist die der Menschheit.

Was nun diejenigen betrifft, welche befürchten möchten, daß die
fremden Mächte sich vorsätzlich der Verwirklichung jener Staatsmarime
widersetzen würden, so haben wir darauf zu antworten, daß nicht alle
Thüren dieser Cabincte den edlen und erhabenen Bestrebungen verschlos¬
sen sind; wir erwidern darauf ferner, daß, wenn die Würde, die Stärke,
ja die nationale Existenz von Frankreich mit der Ausbildung die¬
ser Politik eng verschlungen sind, und da dieselbe, wo nicht den Sym¬
pathien, doch gew'ß dem eignen wahren Vortheil der Völker entsprechen
würde, die Regierungen sich wohl hüten dürsten, den Frieden, den Frank¬
reich ihnen mit der einen Hand darböte, auszuschlagen, indem sie wohl
wissen, daß die andere Hand, wenn die französische Nation einmal ein
Princip ernstlich will, sich nur aufzuthun braucht, um die Donner des
Kriegs und der Zerstörung in die Welt zu schleudern.

Um uns kurz zu fassen, die alte Politik ist abgenutzt. Die fran¬
zösisch-englische Allianz würde die Vernichtung Rußlands zur Folge ha¬
ben, sowie die französisch-russische das Verderben Englands und aller
kleinen Staaten Europa's herbeiführen, und zuletzt in einen Krieg zwi¬
schen den zwei überlebenden Mächten ausgehen müßte, wozu noch ein völ¬
liger Umsturz der orientalischen Staaten käme; wohingegen die franzö¬
sisch-deutsche Allianz, indem sie vor Allem die Neutralisation des Orients
'erklärte, den freien Genuß aller großen Handelswege der Levante ''für
ganz Europa, ohne England und Rußland aufzunehmen, 'sichern würde;
denn, -was die letztern anbelangt, so würde' sie nur dazu dienen, die
Selbstsucht und folglich die ausschließliche Politik derselben in Zügel zu
halten. Und in Folge dieses neuen Systems des Contincntalgleichge-
wichteö würde sie es bewirken, daß alle Nationen sich in ihren eigenen
Kreisen frei bewegen könnten'; denn wir sind der Ansicht, daß in der
Menschheit kein Volk, wie klein es auch sei, verdammt ist, daß alle be¬
rufen sind, daß alle einmal erwählt werden.




init aller Parteien, weil sie in den humanen Interessen Frankreichs
liegt; sie ist die Politik aller Völker, denn sie ist die der Menschheit.

Was nun diejenigen betrifft, welche befürchten möchten, daß die
fremden Mächte sich vorsätzlich der Verwirklichung jener Staatsmarime
widersetzen würden, so haben wir darauf zu antworten, daß nicht alle
Thüren dieser Cabincte den edlen und erhabenen Bestrebungen verschlos¬
sen sind; wir erwidern darauf ferner, daß, wenn die Würde, die Stärke,
ja die nationale Existenz von Frankreich mit der Ausbildung die¬
ser Politik eng verschlungen sind, und da dieselbe, wo nicht den Sym¬
pathien, doch gew'ß dem eignen wahren Vortheil der Völker entsprechen
würde, die Regierungen sich wohl hüten dürsten, den Frieden, den Frank¬
reich ihnen mit der einen Hand darböte, auszuschlagen, indem sie wohl
wissen, daß die andere Hand, wenn die französische Nation einmal ein
Princip ernstlich will, sich nur aufzuthun braucht, um die Donner des
Kriegs und der Zerstörung in die Welt zu schleudern.

Um uns kurz zu fassen, die alte Politik ist abgenutzt. Die fran¬
zösisch-englische Allianz würde die Vernichtung Rußlands zur Folge ha¬
ben, sowie die französisch-russische das Verderben Englands und aller
kleinen Staaten Europa's herbeiführen, und zuletzt in einen Krieg zwi¬
schen den zwei überlebenden Mächten ausgehen müßte, wozu noch ein völ¬
liger Umsturz der orientalischen Staaten käme; wohingegen die franzö¬
sisch-deutsche Allianz, indem sie vor Allem die Neutralisation des Orients
'erklärte, den freien Genuß aller großen Handelswege der Levante ''für
ganz Europa, ohne England und Rußland aufzunehmen, 'sichern würde;
denn, -was die letztern anbelangt, so würde' sie nur dazu dienen, die
Selbstsucht und folglich die ausschließliche Politik derselben in Zügel zu
halten. Und in Folge dieses neuen Systems des Contincntalgleichge-
wichteö würde sie es bewirken, daß alle Nationen sich in ihren eigenen
Kreisen frei bewegen könnten'; denn wir sind der Ansicht, daß in der
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rufen sind, daß alle einmal erwählt werden.




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[0218] init aller Parteien, weil sie in den humanen Interessen Frankreichs liegt; sie ist die Politik aller Völker, denn sie ist die der Menschheit. Was nun diejenigen betrifft, welche befürchten möchten, daß die fremden Mächte sich vorsätzlich der Verwirklichung jener Staatsmarime widersetzen würden, so haben wir darauf zu antworten, daß nicht alle Thüren dieser Cabincte den edlen und erhabenen Bestrebungen verschlos¬ sen sind; wir erwidern darauf ferner, daß, wenn die Würde, die Stärke, ja die nationale Existenz von Frankreich mit der Ausbildung die¬ ser Politik eng verschlungen sind, und da dieselbe, wo nicht den Sym¬ pathien, doch gew'ß dem eignen wahren Vortheil der Völker entsprechen würde, die Regierungen sich wohl hüten dürsten, den Frieden, den Frank¬ reich ihnen mit der einen Hand darböte, auszuschlagen, indem sie wohl wissen, daß die andere Hand, wenn die französische Nation einmal ein Princip ernstlich will, sich nur aufzuthun braucht, um die Donner des Kriegs und der Zerstörung in die Welt zu schleudern. Um uns kurz zu fassen, die alte Politik ist abgenutzt. Die fran¬ zösisch-englische Allianz würde die Vernichtung Rußlands zur Folge ha¬ ben, sowie die französisch-russische das Verderben Englands und aller kleinen Staaten Europa's herbeiführen, und zuletzt in einen Krieg zwi¬ schen den zwei überlebenden Mächten ausgehen müßte, wozu noch ein völ¬ liger Umsturz der orientalischen Staaten käme; wohingegen die franzö¬ sisch-deutsche Allianz, indem sie vor Allem die Neutralisation des Orients 'erklärte, den freien Genuß aller großen Handelswege der Levante ''für ganz Europa, ohne England und Rußland aufzunehmen, 'sichern würde; denn, -was die letztern anbelangt, so würde' sie nur dazu dienen, die Selbstsucht und folglich die ausschließliche Politik derselben in Zügel zu halten. Und in Folge dieses neuen Systems des Contincntalgleichge- wichteö würde sie es bewirken, daß alle Nationen sich in ihren eigenen Kreisen frei bewegen könnten'; denn wir sind der Ansicht, daß in der Menschheit kein Volk, wie klein es auch sei, verdammt ist, daß alle be¬ rufen sind, daß alle einmal erwählt werden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/218>, abgerufen am 26.05.2024.