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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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auf solche Art entstandenes "österreichisches Manuskript" in einer nord¬
deutschen Buchhäudlcrstadt gedruckt wird, und werden, wenn das Buch
veröffentlicht ist, es dem Publicum nennen. Freilich die deutsche Ein¬
heit ist so weit schon gediehen und so organisch fest, daß ein nord¬
deutscher Autor sich auch alö Oesterreicher muß fühlen können, wenn
er damit eine gute Speculation macht. Mau sieht, Oesterreich macht
Propaganda.

-- Einige Zeitungen hatten es als eine merkwürdige Erscheinung
hervorgehoben, daß Schuselka, ein geborener Slave, wie sie meinten,
als Verfechter des deutschen Elements in Oesterreich auftrete. Die Ham¬
burger "Blätter der Börscnhalle" hatten dies sogar unter dem Titel:
"Durchbrechung der nationalen Scheidewände", berichtet!
Jetzt erklärt Schuselka selbst in der Augsburger Allgemeinen, daß er in
Budweis in Böhmen geboren sei, aber trotz seine" fremd klingenden
Namens von deutsche" Eltern und Voreltern abstamme und deutsch er¬
zogen sei. Wohl aber eine merkwürdige und erfreuliche Erscheinung ist
die Polemik, die sich zwischen Schuselka und dem Magyaren Luk-icz,
wie seit längerer Zeit zwischen Thun und Pulßkv, entsponnen hat.
Beide Strcitpaare kämpfen für ihre verschiedenen Nationalitäten mit
einer Wärme, die rein der Sachs gilt; es ist so wenig Bitterkeit, so
wenig Renommisterei und dagegen so viel sachlicher Ernst in diesen
Debatten, daß sie für die betheiligten Parteien in Oesterreich nicht nur
ein belehrendes Schauspiel bieten müssen, sondern auf ihre materiellem
Reibungen auch versöhnend einwirken können. Wir sind überzeugt,
daß, wenn dieser Krieg mit Gründen gleich ernst und ehrlich fortgeführt
wird, beide zuletzt einander große Zugeständnisse machen werden.

-- Friedrich von Na um er, heißt es, wird kommendes Jahr
Amerika besuchen. Wenn Raumer die neue Welt unparteiisch beur¬
theilen sollte, so hat er's mit den Engländern verdorben; im umge¬
kehrten Falle wird ihm neben Boz ein Denkmal im Herzen aller
Stockengländcr sicher sein. Indessen scheint sich seit kurzer Zeit die
öffentliche Meinung über das Parteiwesen, die Presse und das gesellige
Leben der Nordamerikaner etwas milder zu äußern: denn die Handels¬
krisis hat sich gelegt und mehrere verdächtige Häuser in New-York und
Philadelphia haben gezahlt. Geht das so fort, so wird Amerika bald
wieder als das Asyl der Freiheit gepriesen werden.






Verlag von Fr. Ludw. Herbig. -- Redacteur I. Kuranda.
Druck von Friedrich Andrä.

auf solche Art entstandenes „österreichisches Manuskript" in einer nord¬
deutschen Buchhäudlcrstadt gedruckt wird, und werden, wenn das Buch
veröffentlicht ist, es dem Publicum nennen. Freilich die deutsche Ein¬
heit ist so weit schon gediehen und so organisch fest, daß ein nord¬
deutscher Autor sich auch alö Oesterreicher muß fühlen können, wenn
er damit eine gute Speculation macht. Mau sieht, Oesterreich macht
Propaganda.

— Einige Zeitungen hatten es als eine merkwürdige Erscheinung
hervorgehoben, daß Schuselka, ein geborener Slave, wie sie meinten,
als Verfechter des deutschen Elements in Oesterreich auftrete. Die Ham¬
burger „Blätter der Börscnhalle" hatten dies sogar unter dem Titel:
„Durchbrechung der nationalen Scheidewände", berichtet!
Jetzt erklärt Schuselka selbst in der Augsburger Allgemeinen, daß er in
Budweis in Böhmen geboren sei, aber trotz seine» fremd klingenden
Namens von deutsche» Eltern und Voreltern abstamme und deutsch er¬
zogen sei. Wohl aber eine merkwürdige und erfreuliche Erscheinung ist
die Polemik, die sich zwischen Schuselka und dem Magyaren Luk-icz,
wie seit längerer Zeit zwischen Thun und Pulßkv, entsponnen hat.
Beide Strcitpaare kämpfen für ihre verschiedenen Nationalitäten mit
einer Wärme, die rein der Sachs gilt; es ist so wenig Bitterkeit, so
wenig Renommisterei und dagegen so viel sachlicher Ernst in diesen
Debatten, daß sie für die betheiligten Parteien in Oesterreich nicht nur
ein belehrendes Schauspiel bieten müssen, sondern auf ihre materiellem
Reibungen auch versöhnend einwirken können. Wir sind überzeugt,
daß, wenn dieser Krieg mit Gründen gleich ernst und ehrlich fortgeführt
wird, beide zuletzt einander große Zugeständnisse machen werden.

— Friedrich von Na um er, heißt es, wird kommendes Jahr
Amerika besuchen. Wenn Raumer die neue Welt unparteiisch beur¬
theilen sollte, so hat er's mit den Engländern verdorben; im umge¬
kehrten Falle wird ihm neben Boz ein Denkmal im Herzen aller
Stockengländcr sicher sein. Indessen scheint sich seit kurzer Zeit die
öffentliche Meinung über das Parteiwesen, die Presse und das gesellige
Leben der Nordamerikaner etwas milder zu äußern: denn die Handels¬
krisis hat sich gelegt und mehrere verdächtige Häuser in New-York und
Philadelphia haben gezahlt. Geht das so fort, so wird Amerika bald
wieder als das Asyl der Freiheit gepriesen werden.






Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda.
Druck von Friedrich Andrä.
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[0084] auf solche Art entstandenes „österreichisches Manuskript" in einer nord¬ deutschen Buchhäudlcrstadt gedruckt wird, und werden, wenn das Buch veröffentlicht ist, es dem Publicum nennen. Freilich die deutsche Ein¬ heit ist so weit schon gediehen und so organisch fest, daß ein nord¬ deutscher Autor sich auch alö Oesterreicher muß fühlen können, wenn er damit eine gute Speculation macht. Mau sieht, Oesterreich macht Propaganda. — Einige Zeitungen hatten es als eine merkwürdige Erscheinung hervorgehoben, daß Schuselka, ein geborener Slave, wie sie meinten, als Verfechter des deutschen Elements in Oesterreich auftrete. Die Ham¬ burger „Blätter der Börscnhalle" hatten dies sogar unter dem Titel: „Durchbrechung der nationalen Scheidewände", berichtet! Jetzt erklärt Schuselka selbst in der Augsburger Allgemeinen, daß er in Budweis in Böhmen geboren sei, aber trotz seine» fremd klingenden Namens von deutsche» Eltern und Voreltern abstamme und deutsch er¬ zogen sei. Wohl aber eine merkwürdige und erfreuliche Erscheinung ist die Polemik, die sich zwischen Schuselka und dem Magyaren Luk-icz, wie seit längerer Zeit zwischen Thun und Pulßkv, entsponnen hat. Beide Strcitpaare kämpfen für ihre verschiedenen Nationalitäten mit einer Wärme, die rein der Sachs gilt; es ist so wenig Bitterkeit, so wenig Renommisterei und dagegen so viel sachlicher Ernst in diesen Debatten, daß sie für die betheiligten Parteien in Oesterreich nicht nur ein belehrendes Schauspiel bieten müssen, sondern auf ihre materiellem Reibungen auch versöhnend einwirken können. Wir sind überzeugt, daß, wenn dieser Krieg mit Gründen gleich ernst und ehrlich fortgeführt wird, beide zuletzt einander große Zugeständnisse machen werden. — Friedrich von Na um er, heißt es, wird kommendes Jahr Amerika besuchen. Wenn Raumer die neue Welt unparteiisch beur¬ theilen sollte, so hat er's mit den Engländern verdorben; im umge¬ kehrten Falle wird ihm neben Boz ein Denkmal im Herzen aller Stockengländcr sicher sein. Indessen scheint sich seit kurzer Zeit die öffentliche Meinung über das Parteiwesen, die Presse und das gesellige Leben der Nordamerikaner etwas milder zu äußern: denn die Handels¬ krisis hat sich gelegt und mehrere verdächtige Häuser in New-York und Philadelphia haben gezahlt. Geht das so fort, so wird Amerika bald wieder als das Asyl der Freiheit gepriesen werden. Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda. Druck von Friedrich Andrä.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/84>, abgerufen am 17.06.2024.