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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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Briefe aus Dresden



Die Bildergalerie in Gefahr. - Semper und das Theater. - Die Intendanz
ohne Helden. - Oper und Drama. - Rienzi. - Zopf und Schwert. -
Kunstleben und die Künstler. - Die Literatur und die Abendzeitung.

. Zu wiederholten Malen und von den competentesten Männern
ist schon die Klage geführt worden über die ungünstige und nach-
theilige Aufstellung der Gemälde in ihrem bekannten unpassenden Lo-
cale. Nicht allein, daß ein großer Theil jener herrlichen Schöpfun-
gen durch das widrige oder geringe Licht, das ihnen zu Theil wird'
dem Auge des Beschauers fast ganz entzogen wird, sondern es wirkt
auch die Oertlichkeit auf die Gemälde auf das schädlichste ein. In
Dresden wird zumeist mit Steinkohlen geheizt und das Galeriege-
bände steht mitten in der Stadt, gerade in der nächsten Nachbarschaft
desselben aber wohnen eine Menge Feuerarbeiter. Frevelhaft aber
dünkt es mich, die herrliche, .unschätzbare Sammlung der möglichen,
ja drohenden Gefahr auszusetzen, durch Feuer vernichtet zu werden.
Wie leicht kann in der Nachbarschaft Feuer ausbrechen, die Galerie
ergreifen und sie in Asche legen. Schon der Gedanke ist fürchterlich.
Wie sollte dex Verlust des Unschätzbaren ersetzt werden? Abex selbst
iedex materielle Ersatz wäre verloren. Es ist die Gemäldesammlung
nach gewöhnlicher Form auf acht Millionen Thaler tarirt worden -
keine Assecuranzgesellschaft übernimmt wegen ihres hohen Werthes
die Feuerversicherung. Warum geht die Regierung bei dieser Sache
nicht energischer zu Werke und setzt ihren, schon seit lange gestellten
Antrag zu einem neuen Museumsgebäude an einem gesicherten Orte
durch. Die Stadt selbst würde vielfach dabei gewinnen, sie würde
eine^ .ne^ne schöne Zierde erhalten, eine Menge M^ersehen würde dabei
beschäftigt werden und Unterhalt erlangen. Den Winter bleibt die
sarmmlun^^ wegen der unheizbaren Localität gänzlich geschlossen und
doch is^^ die Bildergalerie der. größte Schatz Dresdens ! Unser ge-
ma^ Baumeister Semper hat schon im Auftrag obs Ministeriums
mehrere Pläne zu einem Museum entworfen, von denen jeder die


Briefe aus Dresden



Die Bildergalerie in Gefahr. - Semper und das Theater. - Die Intendanz
ohne Helden. - Oper und Drama. - Rienzi. - Zopf und Schwert. -
Kunstleben und die Künstler. - Die Literatur und die Abendzeitung.

. Zu wiederholten Malen und von den competentesten Männern
ist schon die Klage geführt worden über die ungünstige und nach-
theilige Aufstellung der Gemälde in ihrem bekannten unpassenden Lo-
cale. Nicht allein, daß ein großer Theil jener herrlichen Schöpfun-
gen durch das widrige oder geringe Licht, das ihnen zu Theil wird'
dem Auge des Beschauers fast ganz entzogen wird, sondern es wirkt
auch die Oertlichkeit auf die Gemälde auf das schädlichste ein. In
Dresden wird zumeist mit Steinkohlen geheizt und das Galeriege-
bände steht mitten in der Stadt, gerade in der nächsten Nachbarschaft
desselben aber wohnen eine Menge Feuerarbeiter. Frevelhaft aber
dünkt es mich, die herrliche, .unschätzbare Sammlung der möglichen,
ja drohenden Gefahr auszusetzen, durch Feuer vernichtet zu werden.
Wie leicht kann in der Nachbarschaft Feuer ausbrechen, die Galerie
ergreifen und sie in Asche legen. Schon der Gedanke ist fürchterlich.
Wie sollte dex Verlust des Unschätzbaren ersetzt werden? Abex selbst
iedex materielle Ersatz wäre verloren. Es ist die Gemäldesammlung
nach gewöhnlicher Form auf acht Millionen Thaler tarirt worden -
keine Assecuranzgesellschaft übernimmt wegen ihres hohen Werthes
die Feuerversicherung. Warum geht die Regierung bei dieser Sache
nicht energischer zu Werke und setzt ihren, schon seit lange gestellten
Antrag zu einem neuen Museumsgebäude an einem gesicherten Orte
durch. Die Stadt selbst würde vielfach dabei gewinnen, sie würde
eine^ .ne^ne schöne Zierde erhalten, eine Menge M^ersehen würde dabei
beschäftigt werden und Unterhalt erlangen. Den Winter bleibt die
sarmmlun^^ wegen der unheizbaren Localität gänzlich geschlossen und
doch is^^ die Bildergalerie der. größte Schatz Dresdens ! Unser ge-
ma^ Baumeister Semper hat schon im Auftrag obs Ministeriums
mehrere Pläne zu einem Museum entworfen, von denen jeder die


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[0095] Briefe aus Dresden Die Bildergalerie in Gefahr. - Semper und das Theater. - Die Intendanz ohne Helden. - Oper und Drama. - Rienzi. - Zopf und Schwert. - Kunstleben und die Künstler. - Die Literatur und die Abendzeitung. . Zu wiederholten Malen und von den competentesten Männern ist schon die Klage geführt worden über die ungünstige und nach- theilige Aufstellung der Gemälde in ihrem bekannten unpassenden Lo- cale. Nicht allein, daß ein großer Theil jener herrlichen Schöpfun- gen durch das widrige oder geringe Licht, das ihnen zu Theil wird' dem Auge des Beschauers fast ganz entzogen wird, sondern es wirkt auch die Oertlichkeit auf die Gemälde auf das schädlichste ein. In Dresden wird zumeist mit Steinkohlen geheizt und das Galeriege- bände steht mitten in der Stadt, gerade in der nächsten Nachbarschaft desselben aber wohnen eine Menge Feuerarbeiter. Frevelhaft aber dünkt es mich, die herrliche, .unschätzbare Sammlung der möglichen, ja drohenden Gefahr auszusetzen, durch Feuer vernichtet zu werden. Wie leicht kann in der Nachbarschaft Feuer ausbrechen, die Galerie ergreifen und sie in Asche legen. Schon der Gedanke ist fürchterlich. Wie sollte dex Verlust des Unschätzbaren ersetzt werden? Abex selbst iedex materielle Ersatz wäre verloren. Es ist die Gemäldesammlung nach gewöhnlicher Form auf acht Millionen Thaler tarirt worden - keine Assecuranzgesellschaft übernimmt wegen ihres hohen Werthes die Feuerversicherung. Warum geht die Regierung bei dieser Sache nicht energischer zu Werke und setzt ihren, schon seit lange gestellten Antrag zu einem neuen Museumsgebäude an einem gesicherten Orte durch. Die Stadt selbst würde vielfach dabei gewinnen, sie würde eine^ .ne^ne schöne Zierde erhalten, eine Menge M^ersehen würde dabei beschäftigt werden und Unterhalt erlangen. Den Winter bleibt die sarmmlun^^ wegen der unheizbaren Localität gänzlich geschlossen und doch is^^ die Bildergalerie der. größte Schatz Dresdens ! Unser ge- ma^ Baumeister Semper hat schon im Auftrag obs Ministeriums mehrere Pläne zu einem Museum entworfen, von denen jeder die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/95>, abgerufen am 17.06.2024.