Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band.tems waren schon vor mehrern Tagen für gutes Gold. Friedrichsd'or Auf so schlechten Weg in den Berliner Straßen war ich nicht Nicht sür zehn Louisd'or war heute Abend ein Billet zu haben! -- Sie hätten doch einmal hinübergehen sollen in'ö Opernhaus, -- Sie haben Recht! Und ich ging. Es war gegen sieben Uhr. Sie waren höflich genug, nicht geradezu Ja zu antworten, aber Du kommst daher, um ein Jntriguenlustspiel auf dem Berliner tems waren schon vor mehrern Tagen für gutes Gold. Friedrichsd'or Auf so schlechten Weg in den Berliner Straßen war ich nicht Nicht sür zehn Louisd'or war heute Abend ein Billet zu haben! — Sie hätten doch einmal hinübergehen sollen in'ö Opernhaus, — Sie haben Recht! Und ich ging. Es war gegen sieben Uhr. Sie waren höflich genug, nicht geradezu Ja zu antworten, aber Du kommst daher, um ein Jntriguenlustspiel auf dem Berliner <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0109" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/270168"/> <p xml:id="ID_235" prev="#ID_234"> tems waren schon vor mehrern Tagen für gutes Gold. Friedrichsd'or<lb/> mit festen zwanzig Silbergroschen Agio, keine Billets mehr zu haben,<lb/> ist das Sicherheit genug, sie nicht zu hören?</p><lb/> <p xml:id="ID_236"> Auf so schlechten Weg in den Berliner Straßen war ich nicht<lb/> gefaßt, der ich aus dem saubern Leipzig kam. Bei uns waren die<lb/> Schneemassen schon längst aus den Straßen geschafft, hier lagen sie<lb/> ungestört, eines guten Regens oder einer mitleidigen Frühlingssonne<lb/> harrend, für welche beide nicht die geringste Aussicht vorhanden.<lb/> Auch in solcher Winterzeit sollte man die Mark erkennen, man fuhr<lb/> wie im tiefsten Sande. —</p><lb/> <p xml:id="ID_237"> Nicht sür zehn Louisd'or war heute Abend ein Billet zu haben!<lb/> hatte mir der Oberkellner in Meinhardt's Hotel versichert, und ich<lb/> hatte mir entsagend eine Mahlzeit bestellt. Welch ein Mißgeschick!<lb/> Gerade waren die Ferien angegangen, als ich im verflossenen Som¬<lb/> mer nach Stockholm kam und dort zum ersten Male von dem großen<lb/> Talente dieses Mädchens hörte. Damals war ich etwas mißtrauisch<lb/> gegen das von Schweden ruhig ausgesprochene große Lob. Jetzt<lb/> war an der Größe der Erscheinung nicht mehr zu zweifeln.</p><lb/> <p xml:id="ID_238"> — Sie hätten doch einmal hinübergehen sollen in'ö Opernhaus,<lb/> sagte der Kellner, indem er mir die Suppe vorsetzte, — an der<lb/> Kasse bleibt doch manchmal unerwartet etwas übrig, und eS sind ja<lb/> nur ein paar hundert Schritte.</p><lb/> <p xml:id="ID_239"> — Sie haben Recht! Und ich ging. Es war gegen sieben Uhr.<lb/> Um halb sieben hatte die Oper begonnen. Im Kassenflur war es<lb/> still, hoffnungslos. Ich schien der einzige Narr zu sein, der dem<lb/> versagenden Schicksal ein Billet abringen wollte. Unter höflicher<lb/> Verbeugung näherte ich mich dem Kassenbeamten und sprach: Es ist<lb/> wohl lächerlich, meine Herren, jetzt noch um ein Billet zu fragen?</p><lb/> <p xml:id="ID_240"> Sie waren höflich genug, nicht geradezu Ja zu antworten, aber<lb/> es war so. Auch weiteres Hin- und Herreden verschaffte nicht einen<lb/> Schimmer von Aussicht. Nur die Physiognomie eines Thürstehers<lb/> schien mir etwas Morgenröthliches zu zeigen. Er guckte so gewiß<lb/> speculativ mit vorgeneigtem Haupte über buschige Augenbrauen nach<lb/> mir hin.</p><lb/> <p xml:id="ID_241" next="#ID_242"> Du kommst daher, um ein Jntriguenlustspiel auf dem Berliner<lb/> Theater in Scene zu setzen, dachte ich, solltest Du nicht so viel<lb/> Praxis haben, hier noch eine Scene zu erfinden, welche Dich bis hinter</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0109]
tems waren schon vor mehrern Tagen für gutes Gold. Friedrichsd'or
mit festen zwanzig Silbergroschen Agio, keine Billets mehr zu haben,
ist das Sicherheit genug, sie nicht zu hören?
Auf so schlechten Weg in den Berliner Straßen war ich nicht
gefaßt, der ich aus dem saubern Leipzig kam. Bei uns waren die
Schneemassen schon längst aus den Straßen geschafft, hier lagen sie
ungestört, eines guten Regens oder einer mitleidigen Frühlingssonne
harrend, für welche beide nicht die geringste Aussicht vorhanden.
Auch in solcher Winterzeit sollte man die Mark erkennen, man fuhr
wie im tiefsten Sande. —
Nicht sür zehn Louisd'or war heute Abend ein Billet zu haben!
hatte mir der Oberkellner in Meinhardt's Hotel versichert, und ich
hatte mir entsagend eine Mahlzeit bestellt. Welch ein Mißgeschick!
Gerade waren die Ferien angegangen, als ich im verflossenen Som¬
mer nach Stockholm kam und dort zum ersten Male von dem großen
Talente dieses Mädchens hörte. Damals war ich etwas mißtrauisch
gegen das von Schweden ruhig ausgesprochene große Lob. Jetzt
war an der Größe der Erscheinung nicht mehr zu zweifeln.
— Sie hätten doch einmal hinübergehen sollen in'ö Opernhaus,
sagte der Kellner, indem er mir die Suppe vorsetzte, — an der
Kasse bleibt doch manchmal unerwartet etwas übrig, und eS sind ja
nur ein paar hundert Schritte.
— Sie haben Recht! Und ich ging. Es war gegen sieben Uhr.
Um halb sieben hatte die Oper begonnen. Im Kassenflur war es
still, hoffnungslos. Ich schien der einzige Narr zu sein, der dem
versagenden Schicksal ein Billet abringen wollte. Unter höflicher
Verbeugung näherte ich mich dem Kassenbeamten und sprach: Es ist
wohl lächerlich, meine Herren, jetzt noch um ein Billet zu fragen?
Sie waren höflich genug, nicht geradezu Ja zu antworten, aber
es war so. Auch weiteres Hin- und Herreden verschaffte nicht einen
Schimmer von Aussicht. Nur die Physiognomie eines Thürstehers
schien mir etwas Morgenröthliches zu zeigen. Er guckte so gewiß
speculativ mit vorgeneigtem Haupte über buschige Augenbrauen nach
mir hin.
Du kommst daher, um ein Jntriguenlustspiel auf dem Berliner
Theater in Scene zu setzen, dachte ich, solltest Du nicht so viel
Praxis haben, hier noch eine Scene zu erfinden, welche Dich bis hinter
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