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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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Sehr gern gesehen und gehört war auch der Physiker Prof.
Heffter ein junger, frischer, liebenswürdiger Mann. -- In seinem
Colleg war man wie in einem Taschenspiclertheater, denn er liebte
es mit Experimenten zu spielen und machte Gott und Teufel nach.
Wir bekamen zu sehen und zu hören was wir wollten: -- Irr¬
lichter, Donner und Blitz, singende Syrencn, Aeolsharfen ze. in.
Wenn er an den "Stickstoff" kam, war er groß; am Ende des
Collegiums entwickelte er einen Geruch, daß der Tapferste feige den
Rücken kehrte und floh als hätte er den Satan im Nacken. --
Die armen Seminaristen im anstoßenden Saale, die vom Stinkstoffe
profitirten und aus guter Nachbarschaft mit genießen mußten, wäh¬
rend wir in alle Winde zerstoben, glaubten wirklich, der Satan sei
aus der schmutzigsten Hölle, -wo der ewige Schnupfen grassirt, ge¬
kommen, und bekreuzten sich und beteten hundert Pater noster und
Ave Marias. -- -- Es war doch beim Himmel eine lustige Zeit.
Nicht nur der Stinkstoff gab uns zu lachen: auch eine hohe, hoch¬
würdige Person, ein Prälat lieferte manchen komischen Beitrag.
Er, nämlich der Prälat, wurde zu einem bedeutenden Posten an der
Universität ernannt; denn in Oesterreich denkt man nach Art der
lustigen Person im Vorspiel zu Faust: Seid ihr Philosophen, so
dirigirt die Pilosophie. Da kam er einmal im großen Ornate, um
seine Antrittsrede zu halten und uns aufzumuntern, daß wir uns
an den Brüsten der Wissenschaft dick sogen. -- Es war ein
großer, erwartungsvoller Moment, als er sich räusperte und also
begann:

Meine Herren! -- Meine Herren! Wer will, der kann! --
(Pause) -- Ja, meine Herren! wer will der kann. -- (Nochmalige
Pause) -- Ich wiederhole es, meine Herren, wer will der kann. --
(mit Feuer) -- und ich wiederhole es noch einmal, wer will der kann,
neue Herren! -- (ita cuptiuxliun lxmvvultmüiun mit geistlicher
Salbung)-- Meine geliebten Jünglinge! -- es ist mein Grundsatz,
der sich mir hundertmal bewährt hat: wer will der kann! --
Es kann wer will! -- Derjenige kann welcher will!-- (Sich be¬
sinnend und corrigirend)-- derjenige will welcher kann! -- Wozu
habe ich dieses Amt übernommen?-- wozu bin ich gekommen? --
Ich habe eS übernommen und bin gekommen, um Ihnen zu sagen,
meine Herren, daß -- (lange Pause) wer will der kann. --


Sehr gern gesehen und gehört war auch der Physiker Prof.
Heffter ein junger, frischer, liebenswürdiger Mann. — In seinem
Colleg war man wie in einem Taschenspiclertheater, denn er liebte
es mit Experimenten zu spielen und machte Gott und Teufel nach.
Wir bekamen zu sehen und zu hören was wir wollten: — Irr¬
lichter, Donner und Blitz, singende Syrencn, Aeolsharfen ze. in.
Wenn er an den „Stickstoff" kam, war er groß; am Ende des
Collegiums entwickelte er einen Geruch, daß der Tapferste feige den
Rücken kehrte und floh als hätte er den Satan im Nacken. —
Die armen Seminaristen im anstoßenden Saale, die vom Stinkstoffe
profitirten und aus guter Nachbarschaft mit genießen mußten, wäh¬
rend wir in alle Winde zerstoben, glaubten wirklich, der Satan sei
aus der schmutzigsten Hölle, -wo der ewige Schnupfen grassirt, ge¬
kommen, und bekreuzten sich und beteten hundert Pater noster und
Ave Marias. — — Es war doch beim Himmel eine lustige Zeit.
Nicht nur der Stinkstoff gab uns zu lachen: auch eine hohe, hoch¬
würdige Person, ein Prälat lieferte manchen komischen Beitrag.
Er, nämlich der Prälat, wurde zu einem bedeutenden Posten an der
Universität ernannt; denn in Oesterreich denkt man nach Art der
lustigen Person im Vorspiel zu Faust: Seid ihr Philosophen, so
dirigirt die Pilosophie. Da kam er einmal im großen Ornate, um
seine Antrittsrede zu halten und uns aufzumuntern, daß wir uns
an den Brüsten der Wissenschaft dick sogen. — Es war ein
großer, erwartungsvoller Moment, als er sich räusperte und also
begann:

Meine Herren! — Meine Herren! Wer will, der kann! —
(Pause) — Ja, meine Herren! wer will der kann. — (Nochmalige
Pause) — Ich wiederhole es, meine Herren, wer will der kann. —
(mit Feuer) — und ich wiederhole es noch einmal, wer will der kann,
neue Herren! — (ita cuptiuxliun lxmvvultmüiun mit geistlicher
Salbung)— Meine geliebten Jünglinge! — es ist mein Grundsatz,
der sich mir hundertmal bewährt hat: wer will der kann! —
Es kann wer will! — Derjenige kann welcher will!— (Sich be¬
sinnend und corrigirend)— derjenige will welcher kann! — Wozu
habe ich dieses Amt übernommen?— wozu bin ich gekommen? —
Ich habe eS übernommen und bin gekommen, um Ihnen zu sagen,
meine Herren, daß — (lange Pause) wer will der kann. —


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[0125] Sehr gern gesehen und gehört war auch der Physiker Prof. Heffter ein junger, frischer, liebenswürdiger Mann. — In seinem Colleg war man wie in einem Taschenspiclertheater, denn er liebte es mit Experimenten zu spielen und machte Gott und Teufel nach. Wir bekamen zu sehen und zu hören was wir wollten: — Irr¬ lichter, Donner und Blitz, singende Syrencn, Aeolsharfen ze. in. Wenn er an den „Stickstoff" kam, war er groß; am Ende des Collegiums entwickelte er einen Geruch, daß der Tapferste feige den Rücken kehrte und floh als hätte er den Satan im Nacken. — Die armen Seminaristen im anstoßenden Saale, die vom Stinkstoffe profitirten und aus guter Nachbarschaft mit genießen mußten, wäh¬ rend wir in alle Winde zerstoben, glaubten wirklich, der Satan sei aus der schmutzigsten Hölle, -wo der ewige Schnupfen grassirt, ge¬ kommen, und bekreuzten sich und beteten hundert Pater noster und Ave Marias. — — Es war doch beim Himmel eine lustige Zeit. Nicht nur der Stinkstoff gab uns zu lachen: auch eine hohe, hoch¬ würdige Person, ein Prälat lieferte manchen komischen Beitrag. Er, nämlich der Prälat, wurde zu einem bedeutenden Posten an der Universität ernannt; denn in Oesterreich denkt man nach Art der lustigen Person im Vorspiel zu Faust: Seid ihr Philosophen, so dirigirt die Pilosophie. Da kam er einmal im großen Ornate, um seine Antrittsrede zu halten und uns aufzumuntern, daß wir uns an den Brüsten der Wissenschaft dick sogen. — Es war ein großer, erwartungsvoller Moment, als er sich räusperte und also begann: Meine Herren! — Meine Herren! Wer will, der kann! — (Pause) — Ja, meine Herren! wer will der kann. — (Nochmalige Pause) — Ich wiederhole es, meine Herren, wer will der kann. — (mit Feuer) — und ich wiederhole es noch einmal, wer will der kann, neue Herren! — (ita cuptiuxliun lxmvvultmüiun mit geistlicher Salbung)— Meine geliebten Jünglinge! — es ist mein Grundsatz, der sich mir hundertmal bewährt hat: wer will der kann! — Es kann wer will! — Derjenige kann welcher will!— (Sich be¬ sinnend und corrigirend)— derjenige will welcher kann! — Wozu habe ich dieses Amt übernommen?— wozu bin ich gekommen? — Ich habe eS übernommen und bin gekommen, um Ihnen zu sagen, meine Herren, daß — (lange Pause) wer will der kann. —

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/125>, abgerufen am 29.05.2024.