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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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pirt; nicht das was diese Wortführer reden, nur daß sie überhaupt re¬
den, und mitunter grob zu reden wagen, wird angestaunt, und zu
einem Mirabeau wird ein Redner gestempelt, der kaum dem Ritter
der Mancha vergleichbar.

Im letzten Maimonde thaten sich die Herren zusammen, eine
Deputation nach Wien zu entsenden, i>ro slirmo, des Auftrages, den
Kaiser einzuladen, bei Eröffnung der Eisenbahn -- der Staat, nicht
die Stände bauten sie!! -- Böhmen zu besuchen, eigentlich aber
mit der Weisung, gelegentlich ein nettes Päckchen Gravamina vorzu¬
legen. Die Deputation wurde empfangen, die ungeschickte Einladung
wurde abgelehnt, die Gravamina wurden von hohen Beamteten entge¬
gengenommen, und kürzlich mit dem Bemerken zurückgewiesen, Se.
Majestät könne verfassungsgemäß die Landesordnung beliebig mindern
und mehren, und Stände hätten sich dabei zu beruhigen, wie es
treuen Unterthanen ziemt. -- Die Deputation kostete an Reisekosten
und Diäten für Deputirte und ihre Souffleure dem Lande 12M0 si.
C. M., und siehe das herrliche Resultat!

Da war großer Jammer und Ingrimm in den Salons der
Junker, eine Versammlung ward berufen, vieles ward geredet, dein
Vorstande -- gleichzeitigem Regierungspräsidenten--viel Unangenehmes
gesagt, auch Parlament ward gespielt, Beleidigungen wurden s>ro lorma
zurückgenommen, und endlich beschlossen, ein besonderes Comite
habe die devote Remonstration um Zurücknahme jenes Regierungsde-
crcts zu entwerfen, man war so sehr in Eifer gerathen, daß ein
hohes Mitglied die Ablehnung einer vom Landeschef Erzherzog veran¬
laßten Anfrage -- ob Stände ein ornithologisches Cabinet für das
Museum ankaufen wollen -- mit der Motivirung beantragte:
Stände wollten sich jetzt wo die Negierung die Integrität der Ver¬
fassung antaste, gegen ein Glied der regierenden Familie nicht gefäl¬
lig bezeigen!! Aecht parlamentarisch!! Zum Glücke ward dieser Antrag,
der einer ungarischen Comitatsversammlung würdig, durch den besonne¬
nen Grafen T., der nicht Slave nicht Deutscher, sondern Böhme sein
will, kräftig niedergeschlagen, leider nur der Antrag. -- An jener be¬
schlossenen Remonstration wird jetzt lucubrirt, und zu ihrer Erledigung
wird wohl das Jäckchen vom weißen Berge etwas enger geschnürt
werden müssen.

Bei all den Vorgängen haben wir nur zu beklagen, daß die
Negierung, dem aristokratischen Principe huldigend, ihre verzogenen
Kinder nicht auf einmal ernstlich zur Nuhe weiset, und auf Umwegen die
Schwierigkeit umgehen will, statt ihr gerade auf den Leib zu schrei¬
ten, wie sie sollte und kann; in all den kleinen Tracasserien welche
man anwendet um die Stande vermeintlich zu schwächen, glauben die
Herren nur Schwäche und Aengstlichkeit der Regierung zu erkennen.


pirt; nicht das was diese Wortführer reden, nur daß sie überhaupt re¬
den, und mitunter grob zu reden wagen, wird angestaunt, und zu
einem Mirabeau wird ein Redner gestempelt, der kaum dem Ritter
der Mancha vergleichbar.

Im letzten Maimonde thaten sich die Herren zusammen, eine
Deputation nach Wien zu entsenden, i>ro slirmo, des Auftrages, den
Kaiser einzuladen, bei Eröffnung der Eisenbahn — der Staat, nicht
die Stände bauten sie!! — Böhmen zu besuchen, eigentlich aber
mit der Weisung, gelegentlich ein nettes Päckchen Gravamina vorzu¬
legen. Die Deputation wurde empfangen, die ungeschickte Einladung
wurde abgelehnt, die Gravamina wurden von hohen Beamteten entge¬
gengenommen, und kürzlich mit dem Bemerken zurückgewiesen, Se.
Majestät könne verfassungsgemäß die Landesordnung beliebig mindern
und mehren, und Stände hätten sich dabei zu beruhigen, wie es
treuen Unterthanen ziemt. — Die Deputation kostete an Reisekosten
und Diäten für Deputirte und ihre Souffleure dem Lande 12M0 si.
C. M., und siehe das herrliche Resultat!

Da war großer Jammer und Ingrimm in den Salons der
Junker, eine Versammlung ward berufen, vieles ward geredet, dein
Vorstande — gleichzeitigem Regierungspräsidenten—viel Unangenehmes
gesagt, auch Parlament ward gespielt, Beleidigungen wurden s>ro lorma
zurückgenommen, und endlich beschlossen, ein besonderes Comite
habe die devote Remonstration um Zurücknahme jenes Regierungsde-
crcts zu entwerfen, man war so sehr in Eifer gerathen, daß ein
hohes Mitglied die Ablehnung einer vom Landeschef Erzherzog veran¬
laßten Anfrage — ob Stände ein ornithologisches Cabinet für das
Museum ankaufen wollen — mit der Motivirung beantragte:
Stände wollten sich jetzt wo die Negierung die Integrität der Ver¬
fassung antaste, gegen ein Glied der regierenden Familie nicht gefäl¬
lig bezeigen!! Aecht parlamentarisch!! Zum Glücke ward dieser Antrag,
der einer ungarischen Comitatsversammlung würdig, durch den besonne¬
nen Grafen T., der nicht Slave nicht Deutscher, sondern Böhme sein
will, kräftig niedergeschlagen, leider nur der Antrag. — An jener be¬
schlossenen Remonstration wird jetzt lucubrirt, und zu ihrer Erledigung
wird wohl das Jäckchen vom weißen Berge etwas enger geschnürt
werden müssen.

Bei all den Vorgängen haben wir nur zu beklagen, daß die
Negierung, dem aristokratischen Principe huldigend, ihre verzogenen
Kinder nicht auf einmal ernstlich zur Nuhe weiset, und auf Umwegen die
Schwierigkeit umgehen will, statt ihr gerade auf den Leib zu schrei¬
ten, wie sie sollte und kann; in all den kleinen Tracasserien welche
man anwendet um die Stande vermeintlich zu schwächen, glauben die
Herren nur Schwäche und Aengstlichkeit der Regierung zu erkennen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/140>, abgerufen am 15.05.2024.