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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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schlostnen Thüren ausbrüten, nicht so viel gelernt hätte, "in auch
ihrerseits Manches für sich zu behalten, ohne es an die große
Glocke zu hängen. Zwar werden die Nevolutionsschnüffler und
Communistenriecher ihr Geschrei gegen uns erheben und den ganzen
Kehricht ihrer dennnciatorischen Phantasie uns in die Schuhe schie¬
ben wollen. Dem aber können wir ruhig zusehen, denn wir sind
keine Revolutionäre, nicht gewaltsame Umwälzungen sind eS, die
wir von der Zukunft hoffen. Das deutsche Volk, das so spät an
die große ArtuStafel seiner Mündigkeit kommt, an welcher andere
Völker schon längst sitzen, die deutsche Nation, die gereifter und
vorbereiteter an den Thoren der Freiheit steht, als alle die Natio¬
nen zur Zeit waren, wo sie durch dieselben einzogen, dieses Deutsch¬
land wird nicht nöthig haben, durch blutige Wege zu waten, sein"
Bahnen sind geebneter und sicher. Bei der leisesten Wolke, die an
diesem gekünstelter Friedenshorizonte aufsteigt, bei dem ersten Ton
der Lärmglocke, der ein Leck in die Latente eoräi-Ac oder in die
heilige Allianz verkündet, bei dem ersten Schlag des Hammers, der
die Gefahr eines Kriegsungewitterö den übermüthigen Friedens¬
schläfern anzeigt -- da wird man freundlich anfragen: Deutsche
Jugend, wo sind deine waffenfähigen Arme? Deutsche Schriftsteller
und Kammerredner, wo sind eure feurigen Worte? Deutsche Kapi¬
talisten, wo sind eure goldgefüllten Truhen? Da wird man sich
plötzlich erinnern, daß dieses deutsche Volk ja noch von 1814 her
ein großes Guthaben einzucassiren hat, daß diese deutsche Jugend
sogar noch alt genug, um der Geschichte von I84V sich zu erin¬
nern. Da wird nicht mehr von Geschenken, sondern von Zahlun¬
gen die Rede sein, da werden die Aepfel nicht mehr grün und un¬
ausgewachsen, sondern kernig und voll vom Baume kommen.

Der weise Salomon aber -- der ein König war -- sagte:
Gehe hin zur Ameise -- siehe ihre Wege und werde klug. Im
Sommer sammelt sie ihr Brod, im Herbst bereitet sie ihre Speise
für den Winter vor." Und noch weiter sagt der weise König Sa-
lomo, was unser Censor hier niederzuschreiben nicht gestatten
würde, was aber vorsichtige Staatsmänner nachlesen können, im
sechsten Kapitel der Sprüche Salomonis (Vers 6 bis II) wo ein
weiser vorsichtiger König es vor dreitausend Jahren aufgeschrieben
hat, damit ein Censor des neunzehnten Jahrhunderts n Ch G.
eS nicht streiche.


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Jg. K.

schlostnen Thüren ausbrüten, nicht so viel gelernt hätte, «in auch
ihrerseits Manches für sich zu behalten, ohne es an die große
Glocke zu hängen. Zwar werden die Nevolutionsschnüffler und
Communistenriecher ihr Geschrei gegen uns erheben und den ganzen
Kehricht ihrer dennnciatorischen Phantasie uns in die Schuhe schie¬
ben wollen. Dem aber können wir ruhig zusehen, denn wir sind
keine Revolutionäre, nicht gewaltsame Umwälzungen sind eS, die
wir von der Zukunft hoffen. Das deutsche Volk, das so spät an
die große ArtuStafel seiner Mündigkeit kommt, an welcher andere
Völker schon längst sitzen, die deutsche Nation, die gereifter und
vorbereiteter an den Thoren der Freiheit steht, als alle die Natio¬
nen zur Zeit waren, wo sie durch dieselben einzogen, dieses Deutsch¬
land wird nicht nöthig haben, durch blutige Wege zu waten, sein«
Bahnen sind geebneter und sicher. Bei der leisesten Wolke, die an
diesem gekünstelter Friedenshorizonte aufsteigt, bei dem ersten Ton
der Lärmglocke, der ein Leck in die Latente eoräi-Ac oder in die
heilige Allianz verkündet, bei dem ersten Schlag des Hammers, der
die Gefahr eines Kriegsungewitterö den übermüthigen Friedens¬
schläfern anzeigt — da wird man freundlich anfragen: Deutsche
Jugend, wo sind deine waffenfähigen Arme? Deutsche Schriftsteller
und Kammerredner, wo sind eure feurigen Worte? Deutsche Kapi¬
talisten, wo sind eure goldgefüllten Truhen? Da wird man sich
plötzlich erinnern, daß dieses deutsche Volk ja noch von 1814 her
ein großes Guthaben einzucassiren hat, daß diese deutsche Jugend
sogar noch alt genug, um der Geschichte von I84V sich zu erin¬
nern. Da wird nicht mehr von Geschenken, sondern von Zahlun¬
gen die Rede sein, da werden die Aepfel nicht mehr grün und un¬
ausgewachsen, sondern kernig und voll vom Baume kommen.

Der weise Salomon aber — der ein König war — sagte:
Gehe hin zur Ameise — siehe ihre Wege und werde klug. Im
Sommer sammelt sie ihr Brod, im Herbst bereitet sie ihre Speise
für den Winter vor." Und noch weiter sagt der weise König Sa-
lomo, was unser Censor hier niederzuschreiben nicht gestatten
würde, was aber vorsichtige Staatsmänner nachlesen können, im
sechsten Kapitel der Sprüche Salomonis (Vers 6 bis II) wo ein
weiser vorsichtiger König es vor dreitausend Jahren aufgeschrieben
hat, damit ein Censor des neunzehnten Jahrhunderts n Ch G.
eS nicht streiche.


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Jg. K.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/20>, abgerufen am 15.05.2024.