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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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Möge die Regierung eingedenk der traurigen Blutscenen die
durch eines ihrer Werkzeuge hervorgerufen wurden, zur Milde ge¬
stimmt werden in Bezug auf die blutigen Scenen welche sich An¬
dere zu Schulden kommen ließen. Möge sie eine hochherzige Rich-
terin gegenüber den Ueberwundenen sein. Das Auge Europas ist
auf sie gerichtet, möge sie beweisen, daß zwischen dem Strafur¬
theil Oesterreichs und dem Strafurtheil Rußlands ein Unterschied
sei wie zwischen Großmuth und Rache, zwischen Humanität und
Barbarei. Oesterreich hat ein großes Unglück erlitten, aber es
kann sich größer zeigen als sein Unglück, es kann seinen Verlust
in einen Gewinn umwandeln, in einen Gewinn in der öffentlichen
Meinung. ES ist einer jenen seltenen und feierlichen Augenblicke
in welchen ein Staat der Geschichte gegenüber steht und dem Ur¬
theile der Mit- und Nachwelt eine neue Arena öffnet; möge Oester¬
reich diesen Augenblick verstehen und erfassen.




Möge die Regierung eingedenk der traurigen Blutscenen die
durch eines ihrer Werkzeuge hervorgerufen wurden, zur Milde ge¬
stimmt werden in Bezug auf die blutigen Scenen welche sich An¬
dere zu Schulden kommen ließen. Möge sie eine hochherzige Rich-
terin gegenüber den Ueberwundenen sein. Das Auge Europas ist
auf sie gerichtet, möge sie beweisen, daß zwischen dem Strafur¬
theil Oesterreichs und dem Strafurtheil Rußlands ein Unterschied
sei wie zwischen Großmuth und Rache, zwischen Humanität und
Barbarei. Oesterreich hat ein großes Unglück erlitten, aber es
kann sich größer zeigen als sein Unglück, es kann seinen Verlust
in einen Gewinn umwandeln, in einen Gewinn in der öffentlichen
Meinung. ES ist einer jenen seltenen und feierlichen Augenblicke
in welchen ein Staat der Geschichte gegenüber steht und dem Ur¬
theile der Mit- und Nachwelt eine neue Arena öffnet; möge Oester¬
reich diesen Augenblick verstehen und erfassen.




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[0578] Möge die Regierung eingedenk der traurigen Blutscenen die durch eines ihrer Werkzeuge hervorgerufen wurden, zur Milde ge¬ stimmt werden in Bezug auf die blutigen Scenen welche sich An¬ dere zu Schulden kommen ließen. Möge sie eine hochherzige Rich- terin gegenüber den Ueberwundenen sein. Das Auge Europas ist auf sie gerichtet, möge sie beweisen, daß zwischen dem Strafur¬ theil Oesterreichs und dem Strafurtheil Rußlands ein Unterschied sei wie zwischen Großmuth und Rache, zwischen Humanität und Barbarei. Oesterreich hat ein großes Unglück erlitten, aber es kann sich größer zeigen als sein Unglück, es kann seinen Verlust in einen Gewinn umwandeln, in einen Gewinn in der öffentlichen Meinung. ES ist einer jenen seltenen und feierlichen Augenblicke in welchen ein Staat der Geschichte gegenüber steht und dem Ur¬ theile der Mit- und Nachwelt eine neue Arena öffnet; möge Oester¬ reich diesen Augenblick verstehen und erfassen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/578>, abgerufen am 15.05.2024.