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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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nanzpatent, und an die tiefen Seufzer, welche Oesterreich seit Jahren
schon nach einer größeren geistigen Freiheit ausstößt. Oesterreich hat
durch die Zurücknahme dieser Verordnung wieder einmal dem Drän¬
gen der Mmderintclligenz nachgegeben, etwas, was es, wie schon be¬
merkt, theilweise zu thun gezwungen ist, weit es sich auf keine hervor¬
ragende, öffentliche Intelligenz, nicht auf die Macht der öffentlichen
Meinung stützen zu können wagt. Es ist in manchen Stücken fast unerklär¬
lich, wie Oesterreich selbst so gegen sein eigenes Interesse handeln, wie es
eine Waffe, wie eine gutgeleitete Presse, so mit Füßen treten und scheinbar
ignoriren kann, wie es hier in gewissen, einflußreichen Kreisen geschieht.
Ich sage scheinbar, denn ignorirt wird nur die inländische Presse, die
gefesselte, verachtete, verhöhnte, aber die fremde, mit aller möglichen
Aufmerksamkeit durchgelesen, und findet sich etwas, -- flugs wird eS
berichtet. Man will vor dem Auslande besser erscheinen als vor dem
Inländer selbst, man scheut es, sich in einem falschen Lichte dargestellt
zu wissen, aber man ergreift nicht das einfachste, das natürlichste Mit¬
tel, diese fremde Presse durch die einheimische selbst in Schach zu hal¬
ten. Es ist so weit mit uns gekommen, daß man auf jene fulminante
Rede Montalembert's in der Pairskammer Herrn v. Zedlitz in der All¬
gemeinen Augsburger Zeitung antworten läßt, weil man weiß, daß
dieses Blatt noch immer mehr Credit hat, als die ganze österreichische
politische Presse, und weil man sich von der einheimischen Presse gar
nicht vertheidigen zu lassen für nothwendig findet, weil man ihr we¬
der ein publicistisches Talent zutraut, noch daran denkt, wie entehrend
für die österreichische Presse es sei, nicht einmal zur Vertheidigung der
eigenen Negierung sich erheben zu dürfen. -- Freilich, was braucht
der Inländer, der Provinzler auf dem Lande zu wissen, daß man der
Regierung solch'blutige Vorwürfe macht? für ihn ist sie die väterliche,
C. C. C. warum ihn aufstören aus den süßen Träumen?




nanzpatent, und an die tiefen Seufzer, welche Oesterreich seit Jahren
schon nach einer größeren geistigen Freiheit ausstößt. Oesterreich hat
durch die Zurücknahme dieser Verordnung wieder einmal dem Drän¬
gen der Mmderintclligenz nachgegeben, etwas, was es, wie schon be¬
merkt, theilweise zu thun gezwungen ist, weit es sich auf keine hervor¬
ragende, öffentliche Intelligenz, nicht auf die Macht der öffentlichen
Meinung stützen zu können wagt. Es ist in manchen Stücken fast unerklär¬
lich, wie Oesterreich selbst so gegen sein eigenes Interesse handeln, wie es
eine Waffe, wie eine gutgeleitete Presse, so mit Füßen treten und scheinbar
ignoriren kann, wie es hier in gewissen, einflußreichen Kreisen geschieht.
Ich sage scheinbar, denn ignorirt wird nur die inländische Presse, die
gefesselte, verachtete, verhöhnte, aber die fremde, mit aller möglichen
Aufmerksamkeit durchgelesen, und findet sich etwas, — flugs wird eS
berichtet. Man will vor dem Auslande besser erscheinen als vor dem
Inländer selbst, man scheut es, sich in einem falschen Lichte dargestellt
zu wissen, aber man ergreift nicht das einfachste, das natürlichste Mit¬
tel, diese fremde Presse durch die einheimische selbst in Schach zu hal¬
ten. Es ist so weit mit uns gekommen, daß man auf jene fulminante
Rede Montalembert's in der Pairskammer Herrn v. Zedlitz in der All¬
gemeinen Augsburger Zeitung antworten läßt, weil man weiß, daß
dieses Blatt noch immer mehr Credit hat, als die ganze österreichische
politische Presse, und weil man sich von der einheimischen Presse gar
nicht vertheidigen zu lassen für nothwendig findet, weil man ihr we¬
der ein publicistisches Talent zutraut, noch daran denkt, wie entehrend
für die österreichische Presse es sei, nicht einmal zur Vertheidigung der
eigenen Negierung sich erheben zu dürfen. — Freilich, was braucht
der Inländer, der Provinzler auf dem Lande zu wissen, daß man der
Regierung solch'blutige Vorwürfe macht? für ihn ist sie die väterliche,
C. C. C. warum ihn aufstören aus den süßen Träumen?




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[0269] nanzpatent, und an die tiefen Seufzer, welche Oesterreich seit Jahren schon nach einer größeren geistigen Freiheit ausstößt. Oesterreich hat durch die Zurücknahme dieser Verordnung wieder einmal dem Drän¬ gen der Mmderintclligenz nachgegeben, etwas, was es, wie schon be¬ merkt, theilweise zu thun gezwungen ist, weit es sich auf keine hervor¬ ragende, öffentliche Intelligenz, nicht auf die Macht der öffentlichen Meinung stützen zu können wagt. Es ist in manchen Stücken fast unerklär¬ lich, wie Oesterreich selbst so gegen sein eigenes Interesse handeln, wie es eine Waffe, wie eine gutgeleitete Presse, so mit Füßen treten und scheinbar ignoriren kann, wie es hier in gewissen, einflußreichen Kreisen geschieht. Ich sage scheinbar, denn ignorirt wird nur die inländische Presse, die gefesselte, verachtete, verhöhnte, aber die fremde, mit aller möglichen Aufmerksamkeit durchgelesen, und findet sich etwas, — flugs wird eS berichtet. Man will vor dem Auslande besser erscheinen als vor dem Inländer selbst, man scheut es, sich in einem falschen Lichte dargestellt zu wissen, aber man ergreift nicht das einfachste, das natürlichste Mit¬ tel, diese fremde Presse durch die einheimische selbst in Schach zu hal¬ ten. Es ist so weit mit uns gekommen, daß man auf jene fulminante Rede Montalembert's in der Pairskammer Herrn v. Zedlitz in der All¬ gemeinen Augsburger Zeitung antworten läßt, weil man weiß, daß dieses Blatt noch immer mehr Credit hat, als die ganze österreichische politische Presse, und weil man sich von der einheimischen Presse gar nicht vertheidigen zu lassen für nothwendig findet, weil man ihr we¬ der ein publicistisches Talent zutraut, noch daran denkt, wie entehrend für die österreichische Presse es sei, nicht einmal zur Vertheidigung der eigenen Negierung sich erheben zu dürfen. — Freilich, was braucht der Inländer, der Provinzler auf dem Lande zu wissen, daß man der Regierung solch'blutige Vorwürfe macht? für ihn ist sie die väterliche, C. C. C. warum ihn aufstören aus den süßen Träumen?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/269>, abgerufen am 22.05.2024.