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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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einige in diesem Augenblicke hier gastirenden fremde Theatercelebritaten
nicht versäumen zu müssen. Der gutmüthige Richter fand diesen Grund
ganz plausibel, sprach hierauf mit dem jungen Manne noch recht gemüth¬
lich ein Langes und Breites über hiesige Theaterzustände. In dieser
gemüthlichen Verschmelzung von Festungsverurtheilen und Theaterconver-
sation liegt eine naive Satyre auf die hiesigen Zustände, an die der
gutmüthige Justizmann gewiß nicht gedacht hat. Man verurtheilt einen
Schriftsteller zur Festung mit einer Gemüthlichkeit, wie man in einer
Loe einen linkierSauielerauslat.

In der Festung Magdeburg wird es in den nächsten Monaten sehr
literarisch zugehen. Nicht weniger als vier berliner Schriftsteller werden
dort innerhalb der schwülen Mauern, während des heißen Sommers, eine
traurige Villnggiotura nehmen: Edgar Bauer, L. Buhl, Held und
Feodor Weht. Sollte man nicht glauben, Preußen besitzt die ausge¬
dehnteste Preßfreiheit und sähe sich nun genöthigt, die Schriftsteller, die
diese Freiheit mißbrauchten, vor Gericht zu ziehen? Prätention Censur
und hinterdrein Preßprozesse, heißt mit zwei Ruthen schlagen! Die Cen¬
sur wird in solchem Falle ein Fallstrick, eine Leimruthe, die gewisser¬
maßen den Schriftsteller zur Straffälligkeit verlockt. Er glaubt sich ge¬
sichert durch die Erlaubniß, welche er für die Veröffentlichung feiner Ge¬
danken eingeholt und läßt er diesen den gesetzlich gestalteten Lauf, siehe
da hat das Gesetz eine Fallthüre und hinter derselben steht noch eine
Schildwache, die den Hineingestürzten ergreift und zum Gerichte führt.
Dieses Alles ist schon so oft gesagt worden, daß man müde und abge-
'laedWciteien

gnenenenltemerr.
Wären wir schadenfroh, so könnten wir über die Erfahrungen lachen,
die jetzt die Regierung , an ihren subventionirten Organen erlebt. Der
"Rheinische Beobachter" ist endlich sodenn Orts selbst als der anerkannt
worden, als welchen ihn die liberale Presse längst bezeichnete, nämlich
als ein instpider Sancho Pansa, der um so mehr Skandal erregt, je
weniger Talent er hat. Wie man hört, so ist dieses Blatt vor der Hand
unter verschärfte Censur gestellt worden -- und die namhaften Summen,
die bisher auf seine Erhaltung verwendet worden, bleiben ihm von nun
an entzogen. Der Oberprästdent Eichmann soll unlängst bei einer Rund¬
reise durch die Rheinprovinz, sich an allen Orten persönlich überzeugt
t,?!s"/ ""^ üblen, aufreizenden Eindruck dieses klopffechterische,
aberwitzige und wortverdreherische Blatt unter der Bevölkerung
k-n ^""^ und wie es gerade den entgegengesetzten Erfolg von dem hat,
"..^ ^5?'^" ">°"t°- Das Gerücht, daß hier in der Hauptstadt ein
i^. S°uvernementales Journal hergestellt werden soll, erneuert sich
M "..-^ ^^"^ ""br. Der Plan , in den bedeutendsten Städten der
^'^Ä^ begründen, den Herr Huber unlängst
veröffentlichte, soll von einem gegenwärtig bedeutenden Manne, dem frü¬
hern Gesandten in Brüssel, Baron von Arnim, der bei dem Könige in
besonderer Gunst steht, unterstützt, wo nicht gar selbst angeregt worden
sem. Herr Baron von Arnim hat von Belgien herüber manche libera¬
len Ansichten über Constitutionalismus und Presse mitgebracht, aber bei


einige in diesem Augenblicke hier gastirenden fremde Theatercelebritaten
nicht versäumen zu müssen. Der gutmüthige Richter fand diesen Grund
ganz plausibel, sprach hierauf mit dem jungen Manne noch recht gemüth¬
lich ein Langes und Breites über hiesige Theaterzustände. In dieser
gemüthlichen Verschmelzung von Festungsverurtheilen und Theaterconver-
sation liegt eine naive Satyre auf die hiesigen Zustände, an die der
gutmüthige Justizmann gewiß nicht gedacht hat. Man verurtheilt einen
Schriftsteller zur Festung mit einer Gemüthlichkeit, wie man in einer
Loe einen linkierSauielerauslat.

In der Festung Magdeburg wird es in den nächsten Monaten sehr
literarisch zugehen. Nicht weniger als vier berliner Schriftsteller werden
dort innerhalb der schwülen Mauern, während des heißen Sommers, eine
traurige Villnggiotura nehmen: Edgar Bauer, L. Buhl, Held und
Feodor Weht. Sollte man nicht glauben, Preußen besitzt die ausge¬
dehnteste Preßfreiheit und sähe sich nun genöthigt, die Schriftsteller, die
diese Freiheit mißbrauchten, vor Gericht zu ziehen? Prätention Censur
und hinterdrein Preßprozesse, heißt mit zwei Ruthen schlagen! Die Cen¬
sur wird in solchem Falle ein Fallstrick, eine Leimruthe, die gewisser¬
maßen den Schriftsteller zur Straffälligkeit verlockt. Er glaubt sich ge¬
sichert durch die Erlaubniß, welche er für die Veröffentlichung feiner Ge¬
danken eingeholt und läßt er diesen den gesetzlich gestalteten Lauf, siehe
da hat das Gesetz eine Fallthüre und hinter derselben steht noch eine
Schildwache, die den Hineingestürzten ergreift und zum Gerichte führt.
Dieses Alles ist schon so oft gesagt worden, daß man müde und abge-
'laedWciteien

gnenenenltemerr.
Wären wir schadenfroh, so könnten wir über die Erfahrungen lachen,
die jetzt die Regierung , an ihren subventionirten Organen erlebt. Der
„Rheinische Beobachter" ist endlich sodenn Orts selbst als der anerkannt
worden, als welchen ihn die liberale Presse längst bezeichnete, nämlich
als ein instpider Sancho Pansa, der um so mehr Skandal erregt, je
weniger Talent er hat. Wie man hört, so ist dieses Blatt vor der Hand
unter verschärfte Censur gestellt worden — und die namhaften Summen,
die bisher auf seine Erhaltung verwendet worden, bleiben ihm von nun
an entzogen. Der Oberprästdent Eichmann soll unlängst bei einer Rund¬
reise durch die Rheinprovinz, sich an allen Orten persönlich überzeugt
t,?!s"/ ""^ üblen, aufreizenden Eindruck dieses klopffechterische,
aberwitzige und wortverdreherische Blatt unter der Bevölkerung
k-n ^""^ und wie es gerade den entgegengesetzten Erfolg von dem hat,
»..^ ^5?'^" ">°"t°- Das Gerücht, daß hier in der Hauptstadt ein
i^. S°uvernementales Journal hergestellt werden soll, erneuert sich
M »..-^ ^^"^ ""br. Der Plan , in den bedeutendsten Städten der
^'^Ä^ begründen, den Herr Huber unlängst
veröffentlichte, soll von einem gegenwärtig bedeutenden Manne, dem frü¬
hern Gesandten in Brüssel, Baron von Arnim, der bei dem Könige in
besonderer Gunst steht, unterstützt, wo nicht gar selbst angeregt worden
sem. Herr Baron von Arnim hat von Belgien herüber manche libera¬
len Ansichten über Constitutionalismus und Presse mitgebracht, aber bei


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[0413] einige in diesem Augenblicke hier gastirenden fremde Theatercelebritaten nicht versäumen zu müssen. Der gutmüthige Richter fand diesen Grund ganz plausibel, sprach hierauf mit dem jungen Manne noch recht gemüth¬ lich ein Langes und Breites über hiesige Theaterzustände. In dieser gemüthlichen Verschmelzung von Festungsverurtheilen und Theaterconver- sation liegt eine naive Satyre auf die hiesigen Zustände, an die der gutmüthige Justizmann gewiß nicht gedacht hat. Man verurtheilt einen Schriftsteller zur Festung mit einer Gemüthlichkeit, wie man in einer Loe einen linkierSauielerauslat. In der Festung Magdeburg wird es in den nächsten Monaten sehr literarisch zugehen. Nicht weniger als vier berliner Schriftsteller werden dort innerhalb der schwülen Mauern, während des heißen Sommers, eine traurige Villnggiotura nehmen: Edgar Bauer, L. Buhl, Held und Feodor Weht. Sollte man nicht glauben, Preußen besitzt die ausge¬ dehnteste Preßfreiheit und sähe sich nun genöthigt, die Schriftsteller, die diese Freiheit mißbrauchten, vor Gericht zu ziehen? Prätention Censur und hinterdrein Preßprozesse, heißt mit zwei Ruthen schlagen! Die Cen¬ sur wird in solchem Falle ein Fallstrick, eine Leimruthe, die gewisser¬ maßen den Schriftsteller zur Straffälligkeit verlockt. Er glaubt sich ge¬ sichert durch die Erlaubniß, welche er für die Veröffentlichung feiner Ge¬ danken eingeholt und läßt er diesen den gesetzlich gestalteten Lauf, siehe da hat das Gesetz eine Fallthüre und hinter derselben steht noch eine Schildwache, die den Hineingestürzten ergreift und zum Gerichte führt. Dieses Alles ist schon so oft gesagt worden, daß man müde und abge- 'laedWciteien gnenenenltemerr. Wären wir schadenfroh, so könnten wir über die Erfahrungen lachen, die jetzt die Regierung , an ihren subventionirten Organen erlebt. Der „Rheinische Beobachter" ist endlich sodenn Orts selbst als der anerkannt worden, als welchen ihn die liberale Presse längst bezeichnete, nämlich als ein instpider Sancho Pansa, der um so mehr Skandal erregt, je weniger Talent er hat. Wie man hört, so ist dieses Blatt vor der Hand unter verschärfte Censur gestellt worden — und die namhaften Summen, die bisher auf seine Erhaltung verwendet worden, bleiben ihm von nun an entzogen. Der Oberprästdent Eichmann soll unlängst bei einer Rund¬ reise durch die Rheinprovinz, sich an allen Orten persönlich überzeugt t,?!s"/ ""^ üblen, aufreizenden Eindruck dieses klopffechterische, aberwitzige und wortverdreherische Blatt unter der Bevölkerung k-n ^""^ und wie es gerade den entgegengesetzten Erfolg von dem hat, »..^ ^5?'^" ">°"t°- Das Gerücht, daß hier in der Hauptstadt ein i^. S°uvernementales Journal hergestellt werden soll, erneuert sich M »..-^ ^^"^ ""br. Der Plan , in den bedeutendsten Städten der ^'^Ä^ begründen, den Herr Huber unlängst veröffentlichte, soll von einem gegenwärtig bedeutenden Manne, dem frü¬ hern Gesandten in Brüssel, Baron von Arnim, der bei dem Könige in besonderer Gunst steht, unterstützt, wo nicht gar selbst angeregt worden sem. Herr Baron von Arnim hat von Belgien herüber manche libera¬ len Ansichten über Constitutionalismus und Presse mitgebracht, aber bei

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/413>, abgerufen am 09.05.2024.