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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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i.
Aus Mecklenburg - Schwerin.

Mvdcnusiniug der Stadt. -- Die Eiftul-als" im Immli. -- Vcstüizunz de>- Actionürc. -- W"hub>itigc
Anstalten. -- The.iicrvcrh.tttnissc.

Die Eisenbahn, welche seit dem ersten Mai Schwerin mit Hamburg und Berlin
verbindet, verleihet dem Strasienlebcn unserer Stadt einen leisen Anflug von Grvsistädtig-
keit, der früher gänzlich demselben fehlte. Man sieht doch hie und da fremde Gesich¬
ter, die selbst der darin Kundigste der Stadt nicht kennt, hört einen andern Dialect,
als das zwar richtige, aber etwas breit klingende Deutsch des eingeborenen Schweriners.
Ob dieser vermehrte Anschein von Leben und Regsamkeit sich blos äußerlich zeigt, oder
auch schon das Innere der Geselligkeit ergriffen hat, wollen wir hier nicht entscheiden,
möchten aber unseres Theiles behaupten, daß Letzteres bisher noch sehr wenig davon
Vortheil gezogen habe. Nun die Zeit bewirkt am Ende Manches, und so kann man
sich der Hoffnung hingeben, daß anch die Geselligkeit Schwerins endlich einen ande¬
ren Charakter erhalten, und der Stempel der Monotonie und Langweiligkeit, der
ihr in so hohem Grade aufgedrückt ist, allmälig immer mehr und mehr verschwinde.
Von den Fremden, die seit Eröffnung der Eisenbahn die Stadt zum Vergnügen be¬
sticht haben, besteht die Mehrzahl ans Hamburgern, welche dieselbe hänfig als Ziel ih¬
rer kleinen Ausflüge benutzen, und voll des Lobes der einzelnen Umgebungen und der
wirklich großartigen, öffentlichen Anlagen heimgekehrt sind. Hierin ist aber diese meck¬
lenburgische Residenz wirklich als eine der Oasen des deutschen Nordens, und besonders
der sich ihr nähernden Theile von Hannover und Preußen zu betrachten, und wir
möchten Jeden, den der Weg von Berlin nach Hamburg führt, und der nicht gar
dringende Eile hat, aus voller Ueberzeugung rathen, den kleinen Umweg von einigen
Stunden nicht zu scheuen, und Schwerin zu besuchen. Gewiß er wird von der unge¬
meinen Lieblichkeit der Lage, den großartigen, sehr geschmackvollen Parkanlagen, meh¬
reren ganz neuen, fast nur aus eleg-indem Häusern bestehenden Straßen und Plätzen,
und einzelnen, wirklich architektonisch schönen öffentlichen Gebäuden, die er dort finden
wird, in hohem Grade überrascht werden, um so mehr, da er Solches nach dem Ein¬
druck, den die ganze Strecke von Berlin her auf ihn gemacht hat, gar nicht erwarten
konnte.

Wenn um auch die Eisenbahn von Schwerin zum Anschluß an die Hamburg-
Berliner Bahn, diesen günstigen Einfluß schon ausgeübt hat, so sieht es hingegen, an-


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Aus Mecklenburg - Schwerin.

Mvdcnusiniug der Stadt. — Die Eiftul-als» im Immli. — Vcstüizunz de>- Actionürc. — W»hub>itigc
Anstalten. — The.iicrvcrh.tttnissc.

Die Eisenbahn, welche seit dem ersten Mai Schwerin mit Hamburg und Berlin
verbindet, verleihet dem Strasienlebcn unserer Stadt einen leisen Anflug von Grvsistädtig-
keit, der früher gänzlich demselben fehlte. Man sieht doch hie und da fremde Gesich¬
ter, die selbst der darin Kundigste der Stadt nicht kennt, hört einen andern Dialect,
als das zwar richtige, aber etwas breit klingende Deutsch des eingeborenen Schweriners.
Ob dieser vermehrte Anschein von Leben und Regsamkeit sich blos äußerlich zeigt, oder
auch schon das Innere der Geselligkeit ergriffen hat, wollen wir hier nicht entscheiden,
möchten aber unseres Theiles behaupten, daß Letzteres bisher noch sehr wenig davon
Vortheil gezogen habe. Nun die Zeit bewirkt am Ende Manches, und so kann man
sich der Hoffnung hingeben, daß anch die Geselligkeit Schwerins endlich einen ande¬
ren Charakter erhalten, und der Stempel der Monotonie und Langweiligkeit, der
ihr in so hohem Grade aufgedrückt ist, allmälig immer mehr und mehr verschwinde.
Von den Fremden, die seit Eröffnung der Eisenbahn die Stadt zum Vergnügen be¬
sticht haben, besteht die Mehrzahl ans Hamburgern, welche dieselbe hänfig als Ziel ih¬
rer kleinen Ausflüge benutzen, und voll des Lobes der einzelnen Umgebungen und der
wirklich großartigen, öffentlichen Anlagen heimgekehrt sind. Hierin ist aber diese meck¬
lenburgische Residenz wirklich als eine der Oasen des deutschen Nordens, und besonders
der sich ihr nähernden Theile von Hannover und Preußen zu betrachten, und wir
möchten Jeden, den der Weg von Berlin nach Hamburg führt, und der nicht gar
dringende Eile hat, aus voller Ueberzeugung rathen, den kleinen Umweg von einigen
Stunden nicht zu scheuen, und Schwerin zu besuchen. Gewiß er wird von der unge¬
meinen Lieblichkeit der Lage, den großartigen, sehr geschmackvollen Parkanlagen, meh¬
reren ganz neuen, fast nur aus eleg-indem Häusern bestehenden Straßen und Plätzen,
und einzelnen, wirklich architektonisch schönen öffentlichen Gebäuden, die er dort finden
wird, in hohem Grade überrascht werden, um so mehr, da er Solches nach dem Ein¬
druck, den die ganze Strecke von Berlin her auf ihn gemacht hat, gar nicht erwarten
konnte.

Wenn um auch die Eisenbahn von Schwerin zum Anschluß an die Hamburg-
Berliner Bahn, diesen günstigen Einfluß schon ausgeübt hat, so sieht es hingegen, an-


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[0260] T a g e b u es. i. Aus Mecklenburg - Schwerin. Mvdcnusiniug der Stadt. — Die Eiftul-als» im Immli. — Vcstüizunz de>- Actionürc. — W»hub>itigc Anstalten. — The.iicrvcrh.tttnissc. Die Eisenbahn, welche seit dem ersten Mai Schwerin mit Hamburg und Berlin verbindet, verleihet dem Strasienlebcn unserer Stadt einen leisen Anflug von Grvsistädtig- keit, der früher gänzlich demselben fehlte. Man sieht doch hie und da fremde Gesich¬ ter, die selbst der darin Kundigste der Stadt nicht kennt, hört einen andern Dialect, als das zwar richtige, aber etwas breit klingende Deutsch des eingeborenen Schweriners. Ob dieser vermehrte Anschein von Leben und Regsamkeit sich blos äußerlich zeigt, oder auch schon das Innere der Geselligkeit ergriffen hat, wollen wir hier nicht entscheiden, möchten aber unseres Theiles behaupten, daß Letzteres bisher noch sehr wenig davon Vortheil gezogen habe. Nun die Zeit bewirkt am Ende Manches, und so kann man sich der Hoffnung hingeben, daß anch die Geselligkeit Schwerins endlich einen ande¬ ren Charakter erhalten, und der Stempel der Monotonie und Langweiligkeit, der ihr in so hohem Grade aufgedrückt ist, allmälig immer mehr und mehr verschwinde. Von den Fremden, die seit Eröffnung der Eisenbahn die Stadt zum Vergnügen be¬ sticht haben, besteht die Mehrzahl ans Hamburgern, welche dieselbe hänfig als Ziel ih¬ rer kleinen Ausflüge benutzen, und voll des Lobes der einzelnen Umgebungen und der wirklich großartigen, öffentlichen Anlagen heimgekehrt sind. Hierin ist aber diese meck¬ lenburgische Residenz wirklich als eine der Oasen des deutschen Nordens, und besonders der sich ihr nähernden Theile von Hannover und Preußen zu betrachten, und wir möchten Jeden, den der Weg von Berlin nach Hamburg führt, und der nicht gar dringende Eile hat, aus voller Ueberzeugung rathen, den kleinen Umweg von einigen Stunden nicht zu scheuen, und Schwerin zu besuchen. Gewiß er wird von der unge¬ meinen Lieblichkeit der Lage, den großartigen, sehr geschmackvollen Parkanlagen, meh¬ reren ganz neuen, fast nur aus eleg-indem Häusern bestehenden Straßen und Plätzen, und einzelnen, wirklich architektonisch schönen öffentlichen Gebäuden, die er dort finden wird, in hohem Grade überrascht werden, um so mehr, da er Solches nach dem Ein¬ druck, den die ganze Strecke von Berlin her auf ihn gemacht hat, gar nicht erwarten konnte. Wenn um auch die Eisenbahn von Schwerin zum Anschluß an die Hamburg- Berliner Bahn, diesen günstigen Einfluß schon ausgeübt hat, so sieht es hingegen, an-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/260>, abgerufen am 16.06.2024.