Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.fachem Reiz umfangen , der den Wiener eben zu jenen: kerngesunden Men¬ Ferner will Herr Czapka die große Idee in's Werk setzen, vor der fachem Reiz umfangen , der den Wiener eben zu jenen: kerngesunden Men¬ Ferner will Herr Czapka die große Idee in's Werk setzen, vor der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0480" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/272379"/> <p xml:id="ID_1565" prev="#ID_1564"> fachem Reiz umfangen , der den Wiener eben zu jenen: kerngesunden Men¬<lb/> schen macht, an dem weder Kleriker noch Bureaukraten, weder Aberglaube noch<lb/> Furcht, den Grundton verwischen konnten, Wien, die reinlichste unter den<lb/> großen Städten der Welt, entbehrt noch jetzt des Luxus und Komforts<lb/> von Markthallen. Die ehrbare Bürgersfrau, die häusliche Mutter ihrer<lb/> Kinder, der Angelpunkt so vieler Existenzen, die Köchin und die Magd,<lb/> Alle müssen unter freiem Himmel, im Regen und Schnee, bei Koth<lb/> und Staub, markten und feilschen, ihre Einkäufe besorgen, zum großen<lb/> Nachtheile ihrer Gesundheit und gewiß nicht zur bessern Conservirung<lb/> ihrer Kleider. Und dies in Wien, wo man für die innere Stadt,<lb/> wo ein Festungsgraben die zwecklose Hauptumfassung bildet, geräumige,<lb/> solide Markthallen herstellen könnte, wie sie Philadelphia, Boston, Neu-<lb/> Dork und fast alle Städte in den Freistaaten besitzen, wie sie beinahe<lb/> noch in jeder altbedeutenden Stadt Belgiens und Hollands als Ueber¬<lb/> lieferung des Mittelalters zu treffen sind, wie London und Paris sie haben,<lb/> und wie jetzt noch Italien in den Arcaden sie aufweist. Mittelst gedeckter<lb/> Stiegen, welche von den zu Promenaden dienenden Wällen durch die Cour¬<lb/> tinen in den Graben führen, wäre eine einfache und bequeme Communication<lb/> herzustellen. Wir nannten die Hauptumfassung zwecklos. Ja gewiß ; denn<lb/> der Hof, das geehrte und darum geliebte Kaiserhaus, hat vom Volke durchaus<lb/> nichts zu fürchten. Die Monopolisten aber mögen bedenken, daß es nicht<lb/> so sehr darauf ankommt, den Pöbel nicht in die Stadt zu lassen, als daß<lb/> es dem Pöbel nicht belieben möge, sie darin eingeschlossen zu halten. Solche<lb/> Befestigungen sind währe Mäusefallen, und werden es um so mehr, als Si-<lb/> mering und Kaiserebersdorf, die als Munitionsdepots den Nerv der Ver¬<lb/> theidigung bilden, ziemlich weit außer der Stadt liegen. Fürchtet man<lb/> sich aber, so möge man jene Markthallen als Tenaillcn anlegen. Sie wer¬<lb/> den ihren Zweck als „Zangen" doppelt erfüllen, weil die Hauptmärkte Wiens<lb/> in der innern Stadt sind. Das dieselbe wie ein Gürtel umschlingendes<lb/> Glacis, zugleich als Ventilator dienend, bietet den Vorstädten trefflich ge¬<lb/> legene Plätze für Markthallen an; wo aber das Glacis fehlt, dort sind ge¬<lb/> wiß noch Baustellen in Menge vorhanden, um den Bewohnern ein Geschenk<lb/> zu machen, das auf die Gesundheit und den Comfort der Bevölkerung im<lb/> Allgemeinen einen bedeutenden Einfluß nehmen muß.</p><lb/> <p xml:id="ID_1566" next="#ID_1567"> Ferner will Herr Czapka die große Idee in's Werk setzen, vor der<lb/> neuen, herrlich gebauten Hauptmauth einen Bassin auszugraben, der als<lb/> Hasen für die Handelsschiffe — leider sind diese nur Flöße — dienen soll,<lb/> welche das Wiener Wasser ans der Donau in den Schooß der Residenz</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0480]
fachem Reiz umfangen , der den Wiener eben zu jenen: kerngesunden Men¬
schen macht, an dem weder Kleriker noch Bureaukraten, weder Aberglaube noch
Furcht, den Grundton verwischen konnten, Wien, die reinlichste unter den
großen Städten der Welt, entbehrt noch jetzt des Luxus und Komforts
von Markthallen. Die ehrbare Bürgersfrau, die häusliche Mutter ihrer
Kinder, der Angelpunkt so vieler Existenzen, die Köchin und die Magd,
Alle müssen unter freiem Himmel, im Regen und Schnee, bei Koth
und Staub, markten und feilschen, ihre Einkäufe besorgen, zum großen
Nachtheile ihrer Gesundheit und gewiß nicht zur bessern Conservirung
ihrer Kleider. Und dies in Wien, wo man für die innere Stadt,
wo ein Festungsgraben die zwecklose Hauptumfassung bildet, geräumige,
solide Markthallen herstellen könnte, wie sie Philadelphia, Boston, Neu-
Dork und fast alle Städte in den Freistaaten besitzen, wie sie beinahe
noch in jeder altbedeutenden Stadt Belgiens und Hollands als Ueber¬
lieferung des Mittelalters zu treffen sind, wie London und Paris sie haben,
und wie jetzt noch Italien in den Arcaden sie aufweist. Mittelst gedeckter
Stiegen, welche von den zu Promenaden dienenden Wällen durch die Cour¬
tinen in den Graben führen, wäre eine einfache und bequeme Communication
herzustellen. Wir nannten die Hauptumfassung zwecklos. Ja gewiß ; denn
der Hof, das geehrte und darum geliebte Kaiserhaus, hat vom Volke durchaus
nichts zu fürchten. Die Monopolisten aber mögen bedenken, daß es nicht
so sehr darauf ankommt, den Pöbel nicht in die Stadt zu lassen, als daß
es dem Pöbel nicht belieben möge, sie darin eingeschlossen zu halten. Solche
Befestigungen sind währe Mäusefallen, und werden es um so mehr, als Si-
mering und Kaiserebersdorf, die als Munitionsdepots den Nerv der Ver¬
theidigung bilden, ziemlich weit außer der Stadt liegen. Fürchtet man
sich aber, so möge man jene Markthallen als Tenaillcn anlegen. Sie wer¬
den ihren Zweck als „Zangen" doppelt erfüllen, weil die Hauptmärkte Wiens
in der innern Stadt sind. Das dieselbe wie ein Gürtel umschlingendes
Glacis, zugleich als Ventilator dienend, bietet den Vorstädten trefflich ge¬
legene Plätze für Markthallen an; wo aber das Glacis fehlt, dort sind ge¬
wiß noch Baustellen in Menge vorhanden, um den Bewohnern ein Geschenk
zu machen, das auf die Gesundheit und den Comfort der Bevölkerung im
Allgemeinen einen bedeutenden Einfluß nehmen muß.
Ferner will Herr Czapka die große Idee in's Werk setzen, vor der
neuen, herrlich gebauten Hauptmauth einen Bassin auszugraben, der als
Hasen für die Handelsschiffe — leider sind diese nur Flöße — dienen soll,
welche das Wiener Wasser ans der Donau in den Schooß der Residenz
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