Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

am Sprudclthore. Da ihn Alle kannten, so war die Begrüßung eine all-
gemeine -- aber keine Hand drückte so voll und selig, wie die Pepi's und
kein Ange leuchtete Heller und freudiger als das ihre. Sie hatte doch nicht
geruht, bis ihr die Mutter erlaubt hatte, mit der kürzlich erst an deu
Pferdehanneö verheiratheten Threse in's Bad zu gehen, und wenn auch die
Neugier und die Tanzlust mit im Spiele war, so dachte sie doch den ganzen
Weg über nur an den schonen blonden Karl, den sie mindestens zu sehen
hoffte. So weit hatte die Einfalt aus dem Gebirge ganz richtig kalknlirt,
denn die Paschhampliu dachte an den Grenzjäger nicht mehr, auf den sie
ein so scharfes Auge gehabt hatte und der Paschhampcl war wieder aus
dem Hause. Die Weiber gehen in der Regel allein und die Bursche auch --
das findet sich dann in einer der Tanzschenken, wo bis in die Nacht geju¬
belt und der oft viele Stunden weite Heimweg beim bleichen Licht der
Sterne angetreten wird. Tie Weiber fanden aber keine Bekannte aus ihrem
Dorfe, den Pferdehannes und seinen Bruder ausgenommen, die von Schwar¬
zenthal herüberkamen, und so konnte Karl der schönen Pepi seine volle Auf¬
merksamkeit zuwenden, ohne eine Störung befürchten zu müssen. Er lief,
während die Weiber in den Sprudel gingen, der damals seine göttliche
Heilkraft noch ohne Unterschied an Vornehm und Gering spendete, in die
Kaserne und holte einen blanken Thaler ans seiner Lade. Dafür konnte
schon ein Erkleckliches an Pfefferkuchen und Bier aufgehen und den Musi¬
kanten mancher Silbergroschen hingeworfen werden. Karl gab in seiner
Begeisterung die Löhnung einer ganzen Woche für die Freude ewiger Stun¬
den hin. Er konnte kaum erwarten, bis die Zeit um war, uach welcher
die Weiber den Sprudel an die Männer abtreten mußten, und bestellte
mittlerweile bei der Frau Hartig oben Kaffee. Dem Pferdehannes und sei¬
nem Bruder nöthigte er allen Sanitätsvorschristen zuwider, einen tüchtigen
Schnaps ans, so daß die beiden Bursche schon wie die Krebse roth in's
warme Bad gingen, und dort alle Minuten Glotzaugen machten und den
Athem verloren. Die Weiber und Mädchen, alle mit feuchten glänzenden
Haaren und lustig aufgelegt, ließen sich nun zum Hartig hinaufführen und
kicherten, sich vergnügt anstoßend, als sie sich um den Tisch setzen sollten,
über dem ein rothes Kaffeetnch gebreitet war, und beim Anblick der Tassen,
die oben im Gebirge noch durch irdene Töpfchen surrogirt werden. Kaffee
ist im Gebirge, was in großen Städten der Champagner -- er ist ein wahr¬
haftes IZIisii-e it'imwi-o, und schon manche Dvrftngcnd wurde durch das Aroma
des braunen Gebräudes so verlockt, wie die Prinzessin Florilis im Kinder-
mährchen durch den Duft der I^her"".^! Karl hatte durch seine Galanterie alle


am Sprudclthore. Da ihn Alle kannten, so war die Begrüßung eine all-
gemeine — aber keine Hand drückte so voll und selig, wie die Pepi's und
kein Ange leuchtete Heller und freudiger als das ihre. Sie hatte doch nicht
geruht, bis ihr die Mutter erlaubt hatte, mit der kürzlich erst an deu
Pferdehanneö verheiratheten Threse in's Bad zu gehen, und wenn auch die
Neugier und die Tanzlust mit im Spiele war, so dachte sie doch den ganzen
Weg über nur an den schonen blonden Karl, den sie mindestens zu sehen
hoffte. So weit hatte die Einfalt aus dem Gebirge ganz richtig kalknlirt,
denn die Paschhampliu dachte an den Grenzjäger nicht mehr, auf den sie
ein so scharfes Auge gehabt hatte und der Paschhampcl war wieder aus
dem Hause. Die Weiber gehen in der Regel allein und die Bursche auch —
das findet sich dann in einer der Tanzschenken, wo bis in die Nacht geju¬
belt und der oft viele Stunden weite Heimweg beim bleichen Licht der
Sterne angetreten wird. Tie Weiber fanden aber keine Bekannte aus ihrem
Dorfe, den Pferdehannes und seinen Bruder ausgenommen, die von Schwar¬
zenthal herüberkamen, und so konnte Karl der schönen Pepi seine volle Auf¬
merksamkeit zuwenden, ohne eine Störung befürchten zu müssen. Er lief,
während die Weiber in den Sprudel gingen, der damals seine göttliche
Heilkraft noch ohne Unterschied an Vornehm und Gering spendete, in die
Kaserne und holte einen blanken Thaler ans seiner Lade. Dafür konnte
schon ein Erkleckliches an Pfefferkuchen und Bier aufgehen und den Musi¬
kanten mancher Silbergroschen hingeworfen werden. Karl gab in seiner
Begeisterung die Löhnung einer ganzen Woche für die Freude ewiger Stun¬
den hin. Er konnte kaum erwarten, bis die Zeit um war, uach welcher
die Weiber den Sprudel an die Männer abtreten mußten, und bestellte
mittlerweile bei der Frau Hartig oben Kaffee. Dem Pferdehannes und sei¬
nem Bruder nöthigte er allen Sanitätsvorschristen zuwider, einen tüchtigen
Schnaps ans, so daß die beiden Bursche schon wie die Krebse roth in's
warme Bad gingen, und dort alle Minuten Glotzaugen machten und den
Athem verloren. Die Weiber und Mädchen, alle mit feuchten glänzenden
Haaren und lustig aufgelegt, ließen sich nun zum Hartig hinaufführen und
kicherten, sich vergnügt anstoßend, als sie sich um den Tisch setzen sollten,
über dem ein rothes Kaffeetnch gebreitet war, und beim Anblick der Tassen,
die oben im Gebirge noch durch irdene Töpfchen surrogirt werden. Kaffee
ist im Gebirge, was in großen Städten der Champagner — er ist ein wahr¬
haftes IZIisii-e it'imwi-o, und schon manche Dvrftngcnd wurde durch das Aroma
des braunen Gebräudes so verlockt, wie die Prinzessin Florilis im Kinder-
mährchen durch den Duft der I^her»».^! Karl hatte durch seine Galanterie alle


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0109" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/184269"/>
              <p xml:id="ID_323" prev="#ID_322" next="#ID_324"> am Sprudclthore. Da ihn Alle kannten, so war die Begrüßung eine all-<lb/>
gemeine &#x2014; aber keine Hand drückte so voll und selig, wie die Pepi's und<lb/>
kein Ange leuchtete Heller und freudiger als das ihre. Sie hatte doch nicht<lb/>
geruht, bis ihr die Mutter erlaubt hatte, mit der kürzlich erst an deu<lb/>
Pferdehanneö verheiratheten Threse in's Bad zu gehen, und wenn auch die<lb/>
Neugier und die Tanzlust mit im Spiele war, so dachte sie doch den ganzen<lb/>
Weg über nur an den schonen blonden Karl, den sie mindestens zu sehen<lb/>
hoffte. So weit hatte die Einfalt aus dem Gebirge ganz richtig kalknlirt,<lb/>
denn die Paschhampliu dachte an den Grenzjäger nicht mehr, auf den sie<lb/>
ein so scharfes Auge gehabt hatte und der Paschhampcl war wieder aus<lb/>
dem Hause. Die Weiber gehen in der Regel allein und die Bursche auch &#x2014;<lb/>
das findet sich dann in einer der Tanzschenken, wo bis in die Nacht geju¬<lb/>
belt und der oft viele Stunden weite Heimweg beim bleichen Licht der<lb/>
Sterne angetreten wird. Tie Weiber fanden aber keine Bekannte aus ihrem<lb/>
Dorfe, den Pferdehannes und seinen Bruder ausgenommen, die von Schwar¬<lb/>
zenthal herüberkamen, und so konnte Karl der schönen Pepi seine volle Auf¬<lb/>
merksamkeit zuwenden, ohne eine Störung befürchten zu müssen. Er lief,<lb/>
während die Weiber in den Sprudel gingen, der damals seine göttliche<lb/>
Heilkraft noch ohne Unterschied an Vornehm und Gering spendete, in die<lb/>
Kaserne und holte einen blanken Thaler ans seiner Lade. Dafür konnte<lb/>
schon ein Erkleckliches an Pfefferkuchen und Bier aufgehen und den Musi¬<lb/>
kanten mancher Silbergroschen hingeworfen werden. Karl gab in seiner<lb/>
Begeisterung die Löhnung einer ganzen Woche für die Freude ewiger Stun¬<lb/>
den hin. Er konnte kaum erwarten, bis die Zeit um war, uach welcher<lb/>
die Weiber den Sprudel an die Männer abtreten mußten, und bestellte<lb/>
mittlerweile bei der Frau Hartig oben Kaffee. Dem Pferdehannes und sei¬<lb/>
nem Bruder nöthigte er allen Sanitätsvorschristen zuwider, einen tüchtigen<lb/>
Schnaps ans, so daß die beiden Bursche schon wie die Krebse roth in's<lb/>
warme Bad gingen, und dort alle Minuten Glotzaugen machten und den<lb/>
Athem verloren. Die Weiber und Mädchen, alle mit feuchten glänzenden<lb/>
Haaren und lustig aufgelegt, ließen sich nun zum Hartig hinaufführen und<lb/>
kicherten, sich vergnügt anstoßend, als sie sich um den Tisch setzen sollten,<lb/>
über dem ein rothes Kaffeetnch gebreitet war, und beim Anblick der Tassen,<lb/>
die oben im Gebirge noch durch irdene Töpfchen surrogirt werden. Kaffee<lb/>
ist im Gebirge, was in großen Städten der Champagner &#x2014; er ist ein wahr¬<lb/>
haftes IZIisii-e it'imwi-o, und schon manche Dvrftngcnd wurde durch das Aroma<lb/>
des braunen Gebräudes so verlockt, wie die Prinzessin Florilis im Kinder-<lb/>
mährchen durch den Duft der I^her»».^! Karl hatte durch seine Galanterie alle</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0109] am Sprudclthore. Da ihn Alle kannten, so war die Begrüßung eine all- gemeine — aber keine Hand drückte so voll und selig, wie die Pepi's und kein Ange leuchtete Heller und freudiger als das ihre. Sie hatte doch nicht geruht, bis ihr die Mutter erlaubt hatte, mit der kürzlich erst an deu Pferdehanneö verheiratheten Threse in's Bad zu gehen, und wenn auch die Neugier und die Tanzlust mit im Spiele war, so dachte sie doch den ganzen Weg über nur an den schonen blonden Karl, den sie mindestens zu sehen hoffte. So weit hatte die Einfalt aus dem Gebirge ganz richtig kalknlirt, denn die Paschhampliu dachte an den Grenzjäger nicht mehr, auf den sie ein so scharfes Auge gehabt hatte und der Paschhampcl war wieder aus dem Hause. Die Weiber gehen in der Regel allein und die Bursche auch — das findet sich dann in einer der Tanzschenken, wo bis in die Nacht geju¬ belt und der oft viele Stunden weite Heimweg beim bleichen Licht der Sterne angetreten wird. Tie Weiber fanden aber keine Bekannte aus ihrem Dorfe, den Pferdehannes und seinen Bruder ausgenommen, die von Schwar¬ zenthal herüberkamen, und so konnte Karl der schönen Pepi seine volle Auf¬ merksamkeit zuwenden, ohne eine Störung befürchten zu müssen. Er lief, während die Weiber in den Sprudel gingen, der damals seine göttliche Heilkraft noch ohne Unterschied an Vornehm und Gering spendete, in die Kaserne und holte einen blanken Thaler ans seiner Lade. Dafür konnte schon ein Erkleckliches an Pfefferkuchen und Bier aufgehen und den Musi¬ kanten mancher Silbergroschen hingeworfen werden. Karl gab in seiner Begeisterung die Löhnung einer ganzen Woche für die Freude ewiger Stun¬ den hin. Er konnte kaum erwarten, bis die Zeit um war, uach welcher die Weiber den Sprudel an die Männer abtreten mußten, und bestellte mittlerweile bei der Frau Hartig oben Kaffee. Dem Pferdehannes und sei¬ nem Bruder nöthigte er allen Sanitätsvorschristen zuwider, einen tüchtigen Schnaps ans, so daß die beiden Bursche schon wie die Krebse roth in's warme Bad gingen, und dort alle Minuten Glotzaugen machten und den Athem verloren. Die Weiber und Mädchen, alle mit feuchten glänzenden Haaren und lustig aufgelegt, ließen sich nun zum Hartig hinaufführen und kicherten, sich vergnügt anstoßend, als sie sich um den Tisch setzen sollten, über dem ein rothes Kaffeetnch gebreitet war, und beim Anblick der Tassen, die oben im Gebirge noch durch irdene Töpfchen surrogirt werden. Kaffee ist im Gebirge, was in großen Städten der Champagner — er ist ein wahr¬ haftes IZIisii-e it'imwi-o, und schon manche Dvrftngcnd wurde durch das Aroma des braunen Gebräudes so verlockt, wie die Prinzessin Florilis im Kinder- mährchen durch den Duft der I^her»».^! Karl hatte durch seine Galanterie alle

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/109
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/109>, abgerufen am 19.05.2024.