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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

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im Munde. Die deutschen Berge rings um uns werden der Tummelplatz sein
für romantische Fehden, in denen sich der kriegerische Geist der Jugend stählt.
Die Njemtzi sollen nur ihre Zolllinien um uns ziehen. Wir wollen keinen Verkehr
und keinen Handel mit ihnen; weder Kauf noch Verkauf. Unsere farbigen Glas¬
becher und unsere funkelnden Granaten wandern nach Süden zum Schmuck und
zur Lust illyrischer Ritter und Seehelden; Prag sendet seine Musikanten nicht
mehr in's verdorbene Ausland, zu den undankbaren Deutschen; seine Polkas wer¬
den sich in Schlachttänze verwandeln und den Croaten anfeuern im heiligen Kampf
zur Vertilgung des Magyaren. Uns hat die Natur Poesie und sinnliche Freude
gegeben, deu Deutschen gab sie Uneinigkeit, Philosophie und sinnverwirrende
Speculation, die häßlicher ist als eine Hexe und doch gefährlicher als die schönste
B "hierin.

Wir wollen weder ihr Geld noch ihre Bücher. Die Natur hat uns mit
ihrem Füllhorn überschüttet; unser Reichthum und unsere Bildung wollen wir aus
demselben Born schöpfen wie unsere schlichten tapfern Vorfahren; wie die Kosaken
der Vorzeit wollen wir leben, die auf leichten Rnderbovtcn das schwarze Meer
überflogen, daß Konstantinopel vor ihnen erbebte; und auf dem Lande seien Ziska
und der serbische Marco unsere Vorbilder. -- Das Abendland ist verderbt und
entnervt, wir sind das Volk der Zukunft, das Volk der Einfalt und Frömmigkeit.
Nur die Flügel siud uus noch gebunden. Eine Flotte, und wir sind flügge.

Wenn Westslavien eine Hansa besitzt, die wahre slavische Haus.i, dann wollen
wir sehen, ob die Rmuburger, die Reichenberger, die Carlsbader und Leitmeritzer
noch wagen werden, ein Wörtchen von Frankfurt am Main zu sprechen! Denn
rufen sie die Njemtzi zu Hilfe, so kann sich unser "Palacky" oder "Hawliczek"
vor Hamburg und Bremen legen, ein bischen bombardiren und blokiren oder so
viel Krämerschiffe kapern, daß die Tuch- und Wollhändler die Hände über dem
Kopf zusammenschlagen. So machen's alle Völker, die eine Küste haben und
Schiffe.

Also noch einmal. Eine westslavische Flotte ist nothwendig wie die Luft zur
Unabhängigkeit Böhmens und zum Sieg der slavischen Bewegung.




im Munde. Die deutschen Berge rings um uns werden der Tummelplatz sein
für romantische Fehden, in denen sich der kriegerische Geist der Jugend stählt.
Die Njemtzi sollen nur ihre Zolllinien um uns ziehen. Wir wollen keinen Verkehr
und keinen Handel mit ihnen; weder Kauf noch Verkauf. Unsere farbigen Glas¬
becher und unsere funkelnden Granaten wandern nach Süden zum Schmuck und
zur Lust illyrischer Ritter und Seehelden; Prag sendet seine Musikanten nicht
mehr in's verdorbene Ausland, zu den undankbaren Deutschen; seine Polkas wer¬
den sich in Schlachttänze verwandeln und den Croaten anfeuern im heiligen Kampf
zur Vertilgung des Magyaren. Uns hat die Natur Poesie und sinnliche Freude
gegeben, deu Deutschen gab sie Uneinigkeit, Philosophie und sinnverwirrende
Speculation, die häßlicher ist als eine Hexe und doch gefährlicher als die schönste
B «hierin.

Wir wollen weder ihr Geld noch ihre Bücher. Die Natur hat uns mit
ihrem Füllhorn überschüttet; unser Reichthum und unsere Bildung wollen wir aus
demselben Born schöpfen wie unsere schlichten tapfern Vorfahren; wie die Kosaken
der Vorzeit wollen wir leben, die auf leichten Rnderbovtcn das schwarze Meer
überflogen, daß Konstantinopel vor ihnen erbebte; und auf dem Lande seien Ziska
und der serbische Marco unsere Vorbilder. — Das Abendland ist verderbt und
entnervt, wir sind das Volk der Zukunft, das Volk der Einfalt und Frömmigkeit.
Nur die Flügel siud uus noch gebunden. Eine Flotte, und wir sind flügge.

Wenn Westslavien eine Hansa besitzt, die wahre slavische Haus.i, dann wollen
wir sehen, ob die Rmuburger, die Reichenberger, die Carlsbader und Leitmeritzer
noch wagen werden, ein Wörtchen von Frankfurt am Main zu sprechen! Denn
rufen sie die Njemtzi zu Hilfe, so kann sich unser „Palacky" oder „Hawliczek"
vor Hamburg und Bremen legen, ein bischen bombardiren und blokiren oder so
viel Krämerschiffe kapern, daß die Tuch- und Wollhändler die Hände über dem
Kopf zusammenschlagen. So machen's alle Völker, die eine Küste haben und
Schiffe.

Also noch einmal. Eine westslavische Flotte ist nothwendig wie die Luft zur
Unabhängigkeit Böhmens und zum Sieg der slavischen Bewegung.




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[0392] im Munde. Die deutschen Berge rings um uns werden der Tummelplatz sein für romantische Fehden, in denen sich der kriegerische Geist der Jugend stählt. Die Njemtzi sollen nur ihre Zolllinien um uns ziehen. Wir wollen keinen Verkehr und keinen Handel mit ihnen; weder Kauf noch Verkauf. Unsere farbigen Glas¬ becher und unsere funkelnden Granaten wandern nach Süden zum Schmuck und zur Lust illyrischer Ritter und Seehelden; Prag sendet seine Musikanten nicht mehr in's verdorbene Ausland, zu den undankbaren Deutschen; seine Polkas wer¬ den sich in Schlachttänze verwandeln und den Croaten anfeuern im heiligen Kampf zur Vertilgung des Magyaren. Uns hat die Natur Poesie und sinnliche Freude gegeben, deu Deutschen gab sie Uneinigkeit, Philosophie und sinnverwirrende Speculation, die häßlicher ist als eine Hexe und doch gefährlicher als die schönste B «hierin. Wir wollen weder ihr Geld noch ihre Bücher. Die Natur hat uns mit ihrem Füllhorn überschüttet; unser Reichthum und unsere Bildung wollen wir aus demselben Born schöpfen wie unsere schlichten tapfern Vorfahren; wie die Kosaken der Vorzeit wollen wir leben, die auf leichten Rnderbovtcn das schwarze Meer überflogen, daß Konstantinopel vor ihnen erbebte; und auf dem Lande seien Ziska und der serbische Marco unsere Vorbilder. — Das Abendland ist verderbt und entnervt, wir sind das Volk der Zukunft, das Volk der Einfalt und Frömmigkeit. Nur die Flügel siud uus noch gebunden. Eine Flotte, und wir sind flügge. Wenn Westslavien eine Hansa besitzt, die wahre slavische Haus.i, dann wollen wir sehen, ob die Rmuburger, die Reichenberger, die Carlsbader und Leitmeritzer noch wagen werden, ein Wörtchen von Frankfurt am Main zu sprechen! Denn rufen sie die Njemtzi zu Hilfe, so kann sich unser „Palacky" oder „Hawliczek" vor Hamburg und Bremen legen, ein bischen bombardiren und blokiren oder so viel Krämerschiffe kapern, daß die Tuch- und Wollhändler die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. So machen's alle Völker, die eine Küste haben und Schiffe. Also noch einmal. Eine westslavische Flotte ist nothwendig wie die Luft zur Unabhängigkeit Böhmens und zum Sieg der slavischen Bewegung.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/392>, abgerufen am 26.05.2024.