Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

indessen doch noch einige rührende Züge vorsüudfluthlicher Bürgertugend vor, die mit¬
unter einen fast idyllischen Eindruck machen. So bat Jemand kürzlich, wenn ich nicht
irre im Tageblatt, dessen Inserate überhaupt einen trefflichen Barometer unserer öffent¬
lichen Zustände abgeben, man solle doch jetzt, wo von allen Seiten Krieg drohe, der
leicht feindliche Heere in's Herz Deutschlands führen könne, bei Zeiten die nöthigen
Vorkehrungen treffen und deshalb - nun was meinen Sie? Etwa einen Landsturm
rüsten oder dergleichen? Weit gefehlt! Man solle über den besten Modus der Ein-
quartirung berathschlagen und Männer zu Rathe ziehen, die sich noch von den Zeiten
der Schlacht bei Leipzig her darauf verständen! Das nenne ich Vorsicht! Einige weiße
blumenstreucndc Mädchen werden sich ja wohl auch noch besorgen lassen und dann kön¬
nen wir ruhig dem Einmarsch des russischen Czaren nebst Kosaken entgegensehen; im
Nothfall würde er sich wohl durch eine Deputation bewegen lassen, noch ein Paar
Tage zu warten, damit ja alles recht hübsch wird. Ich glaube nicht, daß diese fried¬
fertige Stimmung und die gemüthliche Ruhe, mit der unser Patriot dem feindlichen
Eindringen als einem unabwendbaren Fatum entgegenzusehen scheint, in Deutschland
sehr verbreitet ist; wahrscheinlich ist jene Stimme von einem eifrigen und gläubigen Zei-
tungsleser, der sich durch die Gerüchte von dem Anrücken der russischen Heere hat er¬
schrecken lassen. Ich habe diese Gerüchte zum Gegenstand einer speziellen Beobachtung
gemacht und bin zu dem allerdings erstaunlichen Resultat gekommen, daß bereits acht
russische Kaiser mit circa sieben Millionen Soldaten ans verschiedenen Wegen gegen
uns im Anmärsche sind, ganz abgesehen von zwei Rescrvekaisern, die in Petersburg
an verschiedenen Krankheiten darniederliegen und einem dritten, der incognito mit un¬
gefähr fiebcnmalhunderttausend Mann nach Paris gegangen ist, um uns auch gleich
von der andern Seite beizukommen. Es ist diese Gerücht- und Geheimnißkrämerei ein
trauriges Erbtheil aus unserer frühern Zeit, in der die Presse zum Theil darauf an¬
gewiesen war, von Winken "hochgestellter" Personen zu leben, weil Alles, was man
offiziell erfuhr, fo langweilig war, daß es Niemand lesen mochte; jetzt sind, wie es
scheint, die hochgestellten Personen sammt ihren Winken abgekommen und an ihre
Stelle betrunkene russische Wachmeistcr, hin und wieder auch mystische Generals mit
unaussprechlichen Namen aus sti und owitsch getreten. Rußland hat alle Ursache sich
vor einem Kriege mit Deutschland zu hüten und seine Regierung weiß das wahr¬
scheinlich eben so gut wie wir; sie würde dem Rufe der Schlauheit, in dem sie wahr¬
haftig nicht ohne Grund steht, schlecht entsprechen, wenn sie nicht so weit von der
Stimmung in Deutschland unterrichtet wäre, um einzusehen, daß es kein besseres Mittel
gäbe, um Deutschland einig zu machen, keinen einfacheren Weg, um die verhaßten
Freiheitsideen in Rußland einzuführen, als einen russischen Einfall in Deutschland;
trotzdem ist ein Angriff von Seiten Rußlands immer möglich, wenn auch vorläufig
gerade nicht wahrscheinlich, und wir müssen jedenfalls ans unsrer Hut sein. Damit
ist aber durchaus nicht gesagt, daß jene übertriebene Rnsscnriechcrci, wie sie einige un¬
serer Blätter "?n ^i'os betreiben, irgend etwas nützt; sie nützt eben so wenig gegen
die Russen, wie die Jcsuitenriechcrei ihrer Zeit gegen die Jesuiten genutzt hat, im
Gegentheil sie schadet sehr viel; es wird so lange "Wols" gerufen, bis Niemand mehr
darauf achtet, und was weit schlimmer ist, es sieht so ans, als ob wir einen russischen
Angriff fürchten, wenn unsere Presse die lächerlichsten Gerüchte mit der größten Sorg¬
samkeit beobachtet und drei Monate lang hinter einander für den folgenden Tag den
Einmarsch der Russen ankündigt, mit derselben Steigerung in den Ausdrücken, die ein
reisender Künstler von der schlechtern Sorte für seine ewig wiederholte letzte Vorstel¬
lung anwendet. Mögen sie kommen, wenn sie wollen; sie werden einen heißen Empfang
Rnrt. und schlechte Quartiere finden.




Verlag von Fr. Luvw. Herbig. -- Inder.Redacteure- I. Kaufmann u,Julian Schmidt.
Druck von Friedrich Andrä.

indessen doch noch einige rührende Züge vorsüudfluthlicher Bürgertugend vor, die mit¬
unter einen fast idyllischen Eindruck machen. So bat Jemand kürzlich, wenn ich nicht
irre im Tageblatt, dessen Inserate überhaupt einen trefflichen Barometer unserer öffent¬
lichen Zustände abgeben, man solle doch jetzt, wo von allen Seiten Krieg drohe, der
leicht feindliche Heere in's Herz Deutschlands führen könne, bei Zeiten die nöthigen
Vorkehrungen treffen und deshalb - nun was meinen Sie? Etwa einen Landsturm
rüsten oder dergleichen? Weit gefehlt! Man solle über den besten Modus der Ein-
quartirung berathschlagen und Männer zu Rathe ziehen, die sich noch von den Zeiten
der Schlacht bei Leipzig her darauf verständen! Das nenne ich Vorsicht! Einige weiße
blumenstreucndc Mädchen werden sich ja wohl auch noch besorgen lassen und dann kön¬
nen wir ruhig dem Einmarsch des russischen Czaren nebst Kosaken entgegensehen; im
Nothfall würde er sich wohl durch eine Deputation bewegen lassen, noch ein Paar
Tage zu warten, damit ja alles recht hübsch wird. Ich glaube nicht, daß diese fried¬
fertige Stimmung und die gemüthliche Ruhe, mit der unser Patriot dem feindlichen
Eindringen als einem unabwendbaren Fatum entgegenzusehen scheint, in Deutschland
sehr verbreitet ist; wahrscheinlich ist jene Stimme von einem eifrigen und gläubigen Zei-
tungsleser, der sich durch die Gerüchte von dem Anrücken der russischen Heere hat er¬
schrecken lassen. Ich habe diese Gerüchte zum Gegenstand einer speziellen Beobachtung
gemacht und bin zu dem allerdings erstaunlichen Resultat gekommen, daß bereits acht
russische Kaiser mit circa sieben Millionen Soldaten ans verschiedenen Wegen gegen
uns im Anmärsche sind, ganz abgesehen von zwei Rescrvekaisern, die in Petersburg
an verschiedenen Krankheiten darniederliegen und einem dritten, der incognito mit un¬
gefähr fiebcnmalhunderttausend Mann nach Paris gegangen ist, um uns auch gleich
von der andern Seite beizukommen. Es ist diese Gerücht- und Geheimnißkrämerei ein
trauriges Erbtheil aus unserer frühern Zeit, in der die Presse zum Theil darauf an¬
gewiesen war, von Winken „hochgestellter" Personen zu leben, weil Alles, was man
offiziell erfuhr, fo langweilig war, daß es Niemand lesen mochte; jetzt sind, wie es
scheint, die hochgestellten Personen sammt ihren Winken abgekommen und an ihre
Stelle betrunkene russische Wachmeistcr, hin und wieder auch mystische Generals mit
unaussprechlichen Namen aus sti und owitsch getreten. Rußland hat alle Ursache sich
vor einem Kriege mit Deutschland zu hüten und seine Regierung weiß das wahr¬
scheinlich eben so gut wie wir; sie würde dem Rufe der Schlauheit, in dem sie wahr¬
haftig nicht ohne Grund steht, schlecht entsprechen, wenn sie nicht so weit von der
Stimmung in Deutschland unterrichtet wäre, um einzusehen, daß es kein besseres Mittel
gäbe, um Deutschland einig zu machen, keinen einfacheren Weg, um die verhaßten
Freiheitsideen in Rußland einzuführen, als einen russischen Einfall in Deutschland;
trotzdem ist ein Angriff von Seiten Rußlands immer möglich, wenn auch vorläufig
gerade nicht wahrscheinlich, und wir müssen jedenfalls ans unsrer Hut sein. Damit
ist aber durchaus nicht gesagt, daß jene übertriebene Rnsscnriechcrci, wie sie einige un¬
serer Blätter «?n ^i'os betreiben, irgend etwas nützt; sie nützt eben so wenig gegen
die Russen, wie die Jcsuitenriechcrei ihrer Zeit gegen die Jesuiten genutzt hat, im
Gegentheil sie schadet sehr viel; es wird so lange „Wols" gerufen, bis Niemand mehr
darauf achtet, und was weit schlimmer ist, es sieht so ans, als ob wir einen russischen
Angriff fürchten, wenn unsere Presse die lächerlichsten Gerüchte mit der größten Sorg¬
samkeit beobachtet und drei Monate lang hinter einander für den folgenden Tag den
Einmarsch der Russen ankündigt, mit derselben Steigerung in den Ausdrücken, die ein
reisender Künstler von der schlechtern Sorte für seine ewig wiederholte letzte Vorstel¬
lung anwendet. Mögen sie kommen, wenn sie wollen; sie werden einen heißen Empfang
Rnrt. und schlechte Quartiere finden.




Verlag von Fr. Luvw. Herbig. — Inder.Redacteure- I. Kaufmann u,Julian Schmidt.
Druck von Friedrich Andrä.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0542" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/276748"/>
              <p xml:id="ID_1868" prev="#ID_1867"> indessen doch noch einige rührende Züge vorsüudfluthlicher Bürgertugend vor, die mit¬<lb/>
unter einen fast idyllischen Eindruck machen. So bat Jemand kürzlich, wenn ich nicht<lb/>
irre im Tageblatt, dessen Inserate überhaupt einen trefflichen Barometer unserer öffent¬<lb/>
lichen Zustände abgeben, man solle doch jetzt, wo von allen Seiten Krieg drohe, der<lb/>
leicht feindliche Heere in's Herz Deutschlands führen könne, bei Zeiten die nöthigen<lb/>
Vorkehrungen treffen und deshalb - nun was meinen Sie? Etwa einen Landsturm<lb/>
rüsten oder dergleichen? Weit gefehlt! Man solle über den besten Modus der Ein-<lb/>
quartirung berathschlagen und Männer zu Rathe ziehen, die sich noch von den Zeiten<lb/>
der Schlacht bei Leipzig her darauf verständen! Das nenne ich Vorsicht! Einige weiße<lb/>
blumenstreucndc Mädchen werden sich ja wohl auch noch besorgen lassen und dann kön¬<lb/>
nen wir ruhig dem Einmarsch des russischen Czaren nebst Kosaken entgegensehen; im<lb/>
Nothfall würde er sich wohl durch eine Deputation bewegen lassen, noch ein Paar<lb/>
Tage zu warten, damit ja alles recht hübsch wird. Ich glaube nicht, daß diese fried¬<lb/>
fertige Stimmung und die gemüthliche Ruhe, mit der unser Patriot dem feindlichen<lb/>
Eindringen als einem unabwendbaren Fatum entgegenzusehen scheint, in Deutschland<lb/>
sehr verbreitet ist; wahrscheinlich ist jene Stimme von einem eifrigen und gläubigen Zei-<lb/>
tungsleser, der sich durch die Gerüchte von dem Anrücken der russischen Heere hat er¬<lb/>
schrecken lassen. Ich habe diese Gerüchte zum Gegenstand einer speziellen Beobachtung<lb/>
gemacht und bin zu dem allerdings erstaunlichen Resultat gekommen, daß bereits acht<lb/>
russische Kaiser mit circa sieben Millionen Soldaten ans verschiedenen Wegen gegen<lb/>
uns im Anmärsche sind, ganz abgesehen von zwei Rescrvekaisern, die in Petersburg<lb/>
an verschiedenen Krankheiten darniederliegen und einem dritten, der incognito mit un¬<lb/>
gefähr fiebcnmalhunderttausend Mann nach Paris gegangen ist, um uns auch gleich<lb/>
von der andern Seite beizukommen. Es ist diese Gerücht- und Geheimnißkrämerei ein<lb/>
trauriges Erbtheil aus unserer frühern Zeit, in der die Presse zum Theil darauf an¬<lb/>
gewiesen war, von Winken &#x201E;hochgestellter" Personen zu leben, weil Alles, was man<lb/>
offiziell erfuhr, fo langweilig war, daß es Niemand lesen mochte; jetzt sind, wie es<lb/>
scheint, die hochgestellten Personen sammt ihren Winken abgekommen und an ihre<lb/>
Stelle betrunkene russische Wachmeistcr, hin und wieder auch mystische Generals mit<lb/>
unaussprechlichen Namen aus sti und owitsch getreten. Rußland hat alle Ursache sich<lb/>
vor einem Kriege mit Deutschland zu hüten und seine Regierung weiß das wahr¬<lb/>
scheinlich eben so gut wie wir; sie würde dem Rufe der Schlauheit, in dem sie wahr¬<lb/>
haftig nicht ohne Grund steht, schlecht entsprechen, wenn sie nicht so weit von der<lb/>
Stimmung in Deutschland unterrichtet wäre, um einzusehen, daß es kein besseres Mittel<lb/>
gäbe, um Deutschland einig zu machen, keinen einfacheren Weg, um die verhaßten<lb/>
Freiheitsideen in Rußland einzuführen, als einen russischen Einfall in Deutschland;<lb/>
trotzdem ist ein Angriff von Seiten Rußlands immer möglich, wenn auch vorläufig<lb/>
gerade nicht wahrscheinlich, und wir müssen jedenfalls ans unsrer Hut sein. Damit<lb/>
ist aber durchaus nicht gesagt, daß jene übertriebene Rnsscnriechcrci, wie sie einige un¬<lb/>
serer Blätter «?n ^i'os betreiben, irgend etwas nützt; sie nützt eben so wenig gegen<lb/>
die Russen, wie die Jcsuitenriechcrei ihrer Zeit gegen die Jesuiten genutzt hat, im<lb/>
Gegentheil sie schadet sehr viel; es wird so lange &#x201E;Wols" gerufen, bis Niemand mehr<lb/>
darauf achtet, und was weit schlimmer ist, es sieht so ans, als ob wir einen russischen<lb/>
Angriff fürchten, wenn unsere Presse die lächerlichsten Gerüchte mit der größten Sorg¬<lb/>
samkeit beobachtet und drei Monate lang hinter einander für den folgenden Tag den<lb/>
Einmarsch der Russen ankündigt, mit derselben Steigerung in den Ausdrücken, die ein<lb/>
reisender Künstler von der schlechtern Sorte für seine ewig wiederholte letzte Vorstel¬<lb/>
lung anwendet. Mögen sie kommen, wenn sie wollen; sie werden einen heißen Empfang<lb/><note type="byline"> Rnrt.</note> und schlechte Quartiere finden. </p><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <note type="byline"> Verlag von Fr. Luvw. Herbig. &#x2014; Inder.Redacteure- I. Kaufmann u,Julian Schmidt.<lb/>
Druck von Friedrich Andrä.</note><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0542] indessen doch noch einige rührende Züge vorsüudfluthlicher Bürgertugend vor, die mit¬ unter einen fast idyllischen Eindruck machen. So bat Jemand kürzlich, wenn ich nicht irre im Tageblatt, dessen Inserate überhaupt einen trefflichen Barometer unserer öffent¬ lichen Zustände abgeben, man solle doch jetzt, wo von allen Seiten Krieg drohe, der leicht feindliche Heere in's Herz Deutschlands führen könne, bei Zeiten die nöthigen Vorkehrungen treffen und deshalb - nun was meinen Sie? Etwa einen Landsturm rüsten oder dergleichen? Weit gefehlt! Man solle über den besten Modus der Ein- quartirung berathschlagen und Männer zu Rathe ziehen, die sich noch von den Zeiten der Schlacht bei Leipzig her darauf verständen! Das nenne ich Vorsicht! Einige weiße blumenstreucndc Mädchen werden sich ja wohl auch noch besorgen lassen und dann kön¬ nen wir ruhig dem Einmarsch des russischen Czaren nebst Kosaken entgegensehen; im Nothfall würde er sich wohl durch eine Deputation bewegen lassen, noch ein Paar Tage zu warten, damit ja alles recht hübsch wird. Ich glaube nicht, daß diese fried¬ fertige Stimmung und die gemüthliche Ruhe, mit der unser Patriot dem feindlichen Eindringen als einem unabwendbaren Fatum entgegenzusehen scheint, in Deutschland sehr verbreitet ist; wahrscheinlich ist jene Stimme von einem eifrigen und gläubigen Zei- tungsleser, der sich durch die Gerüchte von dem Anrücken der russischen Heere hat er¬ schrecken lassen. Ich habe diese Gerüchte zum Gegenstand einer speziellen Beobachtung gemacht und bin zu dem allerdings erstaunlichen Resultat gekommen, daß bereits acht russische Kaiser mit circa sieben Millionen Soldaten ans verschiedenen Wegen gegen uns im Anmärsche sind, ganz abgesehen von zwei Rescrvekaisern, die in Petersburg an verschiedenen Krankheiten darniederliegen und einem dritten, der incognito mit un¬ gefähr fiebcnmalhunderttausend Mann nach Paris gegangen ist, um uns auch gleich von der andern Seite beizukommen. Es ist diese Gerücht- und Geheimnißkrämerei ein trauriges Erbtheil aus unserer frühern Zeit, in der die Presse zum Theil darauf an¬ gewiesen war, von Winken „hochgestellter" Personen zu leben, weil Alles, was man offiziell erfuhr, fo langweilig war, daß es Niemand lesen mochte; jetzt sind, wie es scheint, die hochgestellten Personen sammt ihren Winken abgekommen und an ihre Stelle betrunkene russische Wachmeistcr, hin und wieder auch mystische Generals mit unaussprechlichen Namen aus sti und owitsch getreten. Rußland hat alle Ursache sich vor einem Kriege mit Deutschland zu hüten und seine Regierung weiß das wahr¬ scheinlich eben so gut wie wir; sie würde dem Rufe der Schlauheit, in dem sie wahr¬ haftig nicht ohne Grund steht, schlecht entsprechen, wenn sie nicht so weit von der Stimmung in Deutschland unterrichtet wäre, um einzusehen, daß es kein besseres Mittel gäbe, um Deutschland einig zu machen, keinen einfacheren Weg, um die verhaßten Freiheitsideen in Rußland einzuführen, als einen russischen Einfall in Deutschland; trotzdem ist ein Angriff von Seiten Rußlands immer möglich, wenn auch vorläufig gerade nicht wahrscheinlich, und wir müssen jedenfalls ans unsrer Hut sein. Damit ist aber durchaus nicht gesagt, daß jene übertriebene Rnsscnriechcrci, wie sie einige un¬ serer Blätter «?n ^i'os betreiben, irgend etwas nützt; sie nützt eben so wenig gegen die Russen, wie die Jcsuitenriechcrei ihrer Zeit gegen die Jesuiten genutzt hat, im Gegentheil sie schadet sehr viel; es wird so lange „Wols" gerufen, bis Niemand mehr darauf achtet, und was weit schlimmer ist, es sieht so ans, als ob wir einen russischen Angriff fürchten, wenn unsere Presse die lächerlichsten Gerüchte mit der größten Sorg¬ samkeit beobachtet und drei Monate lang hinter einander für den folgenden Tag den Einmarsch der Russen ankündigt, mit derselben Steigerung in den Ausdrücken, die ein reisender Künstler von der schlechtern Sorte für seine ewig wiederholte letzte Vorstel¬ lung anwendet. Mögen sie kommen, wenn sie wollen; sie werden einen heißen Empfang Rnrt. und schlechte Quartiere finden. Verlag von Fr. Luvw. Herbig. — Inder.Redacteure- I. Kaufmann u,Julian Schmidt. Druck von Friedrich Andrä.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/542
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/542>, abgerufen am 17.06.2024.